Maenner und andere Katastrophen - Roman
mir«, sagte ich zu Rebecca.
»Möglicherweise«, stimmte Rebecca zu.
Ich schwieg eine Weile nachdenklich.
»Für die nächste Zeit hab ich die Nase voll von Männern«, sagte ich dann. »Ich will nichts tun, außer an meinen Marionetten basteln und meine Ruhe haben.«
Kaum hatte ich diese Ungeheuerlichkeit ausgesprochen, spürte ich zu meinem eigenen Erstaunen, dass jedes einzelne Wort davon wahr war.
Rebecca widersprach nicht. »Vielleicht ist das nicht das Schlechteste«, meinte sie sogar. »Ich hab dir immer schon gesagt, dass du auf den Richtigen warten sollst.«
Ja, hatte sie es denn immer noch nicht kapiert?
»Aber wenn ich's dir doch sage«, rief ich ungeduldig und wandte mich zum Gehen, »den Richtigen gibt es nicht.«
Und wieder mal Montag
In dieser Woche trat ich meine neue Stellung in einer Fabrik für Einwegschutzkleidung an.
Meine Aufgabe war es, das Sekretariat von vier freundlichen Herren Vertriebsbeauftragten zu bewachen, die aussahen wie Vierlinge, mit Anzug und Krawatte, Mitte Vierzig und schnurrbärtig. Sie hatten zu allem Überfluss mehr oder weniger gleiche Namen, gleich zwei von ihnen hießen Müller, der dritte Müllenmeister und der vierte Mühlensiepen.
Ich war nur in der Lage, sie zu unterscheiden, wenn ich mitkriegte, aus welcher der vier Bürotüren sie kamen, und nannte sie in Gedanken der Einfachheit halber Nummer eins, zwei, drei und vier.
Wie es der Zufall wollte, war hier - zu meiner großen Erleichterung - exakt das gleiche Computerprogramm installiert wie bei der
Erwachsenenbildungsgesellschaft vorher. Ich begrüßte den Computer wie einen alten Freund, an dessen Macken und Tücken man sich längst gewöhnt hat.
Es gab allerdings recht wenig zu tun für uns. Von meiner Vorgängerin schienen Nummer eins, zwei, drei und vier einen etwas seltsamen Arbeitsrhythmus gewöhnt zu sein.
»Meinen Sie, Sie können mir freundlicherweise noch vor Feierabend diesen Brief schreiben?«, fragte mich Nummer drei.
»Vor Feierabend?«, wiederholte ich misstrauisch.
Es war elf Uhr vormittags. Machte der sich über mich lustig? Nummer drei beeilte sich, beschwichtigend hinzuzusetzen: »Selbstverständlich nur, wenn ich Ihnen verspreche, Ihnen die anderen Herren solange vom Leib zu halten, damit Sie in Ruhe arbeiten können.«
Ich schaute ihm verwirrt nach. Der Brief hatte zwei Zeilen. Als ich ihn fünf Minuten später zur Unterschrift brachte, wusste sich Nummer drei vor Freude kaum zu fassen.
Ich schrieb an diesem Tag für jeden der vier Herren einen Brief, und alle vier versprachen, mich nicht an jedem Tag mit so viel Arbeit zu überhäufen. Das Telefon klingelte lediglich am Vormittag zweimal, den Rest des Tages hüllte es sich in verdächtiges Schweigen. Das Geschäft mit der Einwegschutzkleidung schien nicht gerade blendend zu florieren.
Ich wusch alle Schränke und Regale feucht aus, sortierte Briefumschläge und Versandtaschen der Größe nach und spitzte alle verfügbaren Bleistifte. Sogar einige verbogene Büroklammern brachte ich wieder in Form.
Dann begann ich, mich fürchterlich nach Herrn Römer und meiner alten Arbeit zu sehnen. Was würde wohl die findige Marode-Rodersberg dort gerade mit dem Ablagesystem anstellen?
Ich überlegte, ob man es merken würde, wenn ich ab morgen meine Nähmaschine hier installierte, um auch tagsüber an meinen Puppenkostümen zu arbeiten. Zumindest aber beschloss ich, mir Arbeit und was zu Lesen mitzubringen, um nicht an Langeweile zugrunde zu gehen.
Als ich am Nachmittag nach Hause kam, hatte ein Kleinlaster vor der Tür geparkt, und Mo und sein Freund Steffen waren dabei, schwere Säcke ins Haus zu wuchten und im Flur zu einer sperrigen Barriere zu stapeln.
»Seid ihr nicht ganz bei Trost?«, fragte ich. »Oder ist Hochwasser angesagt?«
»Das ist Quarzsand, beste Sorte«, erklärte Mo. »Steffen kennt jemanden vom Bau, der ist da günstig drangekommen.«
»Bist du nicht gescheit?«
»Du bist nicht gescheit, Schwesterchen«, sagte Mo. »Der Sand ist für die Modenschau.«
»Der Sand wird geil aussehen, wenn sich das Licht darin bricht, in Millionen und Abermillionen von winzigen Quarzsplittern«, erklärte Steffen und setzte sich neben mich. »Und es wird sich geil unter den Füßen anfühlen.«
Die hatten tatsächlich vor, den Sand auf dem Fußboden zu verteilen und den Laden in eine Düne zu verwandeln. Zusammen mit dem sandfarbenen Nessel würde es sich vielleicht wirklich nicht übel machen. Ich musste wider Willen
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