Männer und der ganz normale Wahnsinn
zwinkert mich durch die Brillengläser an.
„In der Kirche habe ich eine Kerze für deine Mama angezündet und zur Heiligen Jungfrau gebetet. Und sie hat mir zugeflüstert, dass bei deiner Mutter alles gut gehen wird. Du wirst schon sehen. Dieses Kind ist ein Geschenk. Wie in der Bibel Isaak für Sarah.“
Ich klemme die Times, die ich vorhin gekauft habe, unter den anderen Arm, wobei mir klar wird, dass ich mein Sommerkleid mit Druckerschwärze versaue. „Mit dem kleinen Unterschied, dass Sarah über neunzig war, als sie Isaak bekam, oder?“ Ich blinzle in dem knalligen Sonnenlicht meiner Großmutter zu. „Wie würdest du es finden, in zehn Jahren noch ein Kind zu bekommen, Nonna?“
Entsetzen liegt in ihrem Blick. „Wie sagt man? Das glaubst du doch selbst nicht!“
Ich lache und fühle mich ein bisschen besser. Wissen Sie, der Grund dafür, warum ich so durcheinander war, als meine Mutter die Bombe platzen ließ, ist dieser: Ich bin neidisch wie verrückt.
Ich bin diejenige, die eigentlich schwanger sein sollte. Nicht meine Mutter. Und jetzt habe ich auch noch meiner Großmutter versichert, dass ich dableiben und meine Mutter während ihrer Schwangerschaft unterstützen werde. Ein Angebot, das ich nicht einfach leichtfertig gemacht habe. Im Ernst. Ich will wirklich helfen … auch wenn das in ziemlich wirksamer Weise jede Chance zunichte macht, wieder mein eigenes Leben zu leben. Wie soll ich selbst Kinder bekommen, wenn ich damit beschäftigt bin, meiner Mutter bei der Erziehung meines über dreißig Jahre jüngeren Geschwisterchens zu helfen?
Nicht dass sich in meinem Fall gerade eigene Kinder abzeichnen.
Okay, ich werde nur depressiv, deswegen höre ich jetzt damit auf.
Geoff begrüßt uns an der Wohnungstür und sieht … nun, erleichtert aus, das ist der einzige Ausdruck, der mir einfällt. Nonna geht in ihr Zimmer, um sich umzuziehen, während ich mit dem Gebäck durch den Flur gehe und meine Mutter schließlich in ihrem Büro finde. Sie sitzt vor dem Computer, die Brille auf ihre attraktive Nase geschoben, und durchsucht das Internet. Als ich von hinten den weißen Karton neben sie stelle, schiele ich auf den Bildschirm.
,Ihr Baby und Sie‘ steht da.
Es geht also los.
Nedra öffnet den Karton und stöhnt begeistert auf. „Den ganzen Morgen habe ich schon so komische Gelüste – schnell, gib mir eine Serviette oder so was! –, aber ich wusste einfach nicht, wonach. Jetzt weiß ich es!“
Auf die Schnelle finde ich nur ein Taschentuch, das ich ihr reiche, doch sie hat das erste Kuchenstück schon verschlungen. Sahne klebt an ihrem Kinn. Ich wische sie mit einem weiteren Taschentuch ab.
„Ich esse von diesem Zeugs am besten schnell, so viel ich kann, denn es ist doch klar, was mein Arzt nach der ersten Untersuchung sagen wird.“ Sie legt die Gabel hin, Horror im Blick.
„Was ist?“ frage ich.
„Ich muss Schwangerschaftskleider kaufen!“
Sie klingt gleichzeitig entsetzt und begeistert. Ich lächle, hole dann tief Luft und erzähle ihr von Nonna. Und von Sonyas Angebot.
Nedra wischt sich den Mund ab und schaut mich an. „Bist du sicher?“
„Ich musste es ihr aus der Nase ziehen, aber ja, ich bin mir sicher. Sie hat es mir gerade erst erzählt.“
„Hergottnochmal!“ Nedra schüttelt den Kopf, die Lippen verärgert verzogen. „Warum zum Teufel hat sie mir das nicht einfach gesagt?“
„Sonya hat sie erst gestern bei der Party gefragt. Sie hatte noch gar keine Möglichkeit.“
„Nein, ich meine davor. Dass sie hier unglücklich war.“
„Weil sie nicht unglücklich war. Ich glaube, sie hat gar nicht richtig gemerkt, wie sehr sie ihre alten Freunde vermisst, bis sie gestern auf die Party gegangen ist und sie alle wiedergesehen hat.“
„Ich frage mich trotzdem, warum sie all die Jahre bei mir geblieben ist.“
„Weil … ich glaube, sie hat sich eingeredet, dass du sie brauchst.“
Meine Mutter blinzelt. „Ich brauche sie? Meinst du das ernst?“
Ich nicke. Nedra lacht leise, starrt dann wieder in den Karton, als würde sie darüber nachdenken, noch ein Stück Gebäck zu essen. Ich schiebe ihr die Schachtel unter die Nase.
„Los. Mach schon. Dein Baby wird es dir danken.“
Sie nimmt sich also noch ein Stück, diesmal eines mit Mandelpaste und Schokoladenüberzug, und ich höre mich selbst sagen: „Ich glaube, ich habe sie davon überzeugen können, dass sie sich um dich keine Sorgen zu machen braucht, wenn sie geht. Ich habe ihr gesagt, dass ich für dich da
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