Männer und der ganz normale Wahnsinn
East Side, aber zumindest tragen sie winzig kleine Louis-Vuitton-Initialen auf ihren Rücken). „Kannst du dir vorstellen, wie das, was du gesagt hast, klingt …?“
„Ist … er … ab?“
„Ja, offenbar hast du wirklich ein Problem damit, geduldig zu sein …“
„Verdammt noch mal, Ginger …!“
„Ja, Nick. Der Ring ist ab. Zufrieden?“
„Mehr als das. Hast du ihn irgendwo hingeworfen?“
Ich strich mir eine Haarsträhne aus der Stirn. „Ja. Um ehrlich zu sein, habe ich das getan.“
„Mit Wucht?“
Seufzend krabbelte ich vom Stuhl und lief zur Wand, um sie zu betrachten. Tatsächlich war dort ein winziger Kratzer zu sehen. Ich könnte schwören, dass der nicht da gewesen ist, als ich einzog. Weil ich aber schon mal in der Nähe war, hob ich den Ring auf und setzte mich wieder hin. Den Ring drehte ich zwischen Daumen und Zeigefinger. „Fest genug.“
„Gut“, sagte Nick und klang, als wollte er so ausdrücken, dass er damit seine Arbeit getan habe. „Schön. Ich wollte mich jedenfalls nur mal melden. Und dir offiziell mitteilen, dass du nicht mehr unter Verdacht stehst.“
„Toll, danke.“
Eine Pause entstand.
„Gut. Pass auf dich auf, ja? Und Ginger?“
„Ja?“
„Steck den Ring nicht wieder an.“
Nachdem er aufgelegt hatte, lauschte ich einige Sekunden lang dem Freizeichen, mein Körper vibrierte, als ob ich gerade Telefonsex gehabt hätte.
Gut, nachdem Sie nun im Bilde sind, wie Ginger den dritten Tag ihrer Flitterwochen verbracht hat, können wir den Rest überspringen und uns wieder der ähnlich spaßigen Gegenwart widmen, wo ich diesen autistischen Anfall vor dem Fernseher habe. Nick hat seitdem nicht mehr angerufen. Schließlich hatte er ja auch gar keinen Grund.
Und der Ring ruht sicher in seiner kleinen Tiffany-Schachtel, die ich unter meinen Slips vergraben habe.
Und – vielleicht haben Sie es schon geahnt, dieses Gefühl, dass mein Boot schon nicht kentern wird, ist auch wieder vorbei. Vielleicht bin ich einen Moment lang ganz oben auf der Welle geschwommen, aber dann hat sie mich wieder nach unten gerissen. Erst als ich Rendezvous nicht mehr nötig hatte, war mir aufgefallen, wie sehr ich sie eigentlich hasste. Die grauenvolle Vorstellung, noch mal ganz von vorne zu beginnen, kann ich im Augenblick nicht ertragen.
Auf dem Fernsehschirm sehe ich den Abspann eines Films, was bedeutet, dass es schon später ist, als ich dachte, was wiederum heißt, dass ich nun langsam in die Pötte kommen muss, oder in diesem Fall erst mal unter die Dusche, um mich so weit herzurichten, dass ich nicht kleine Kinder erschrecke, sobald ich das Haus verlasse. Als ich das letzte Mal mein Spiegelbild betrachtet habe, sah ich aus wie ein Pudel, der einen Stromschlag bekommen hatte. Außerdem sollte ich langsam mal wirklich Ted und Randall den Kuchenteller bringen. Vielleicht sehe ich ja so traurig aus, dass sie Mitleid mit mir haben und mir einen neuen backen. Ich könnte mir da gut einen Schokoladen-Macadamia-Kuchen vorstellen. Oder Brownies, das wäre auch gut …
Mein Telefon klingelt schon wieder. Zögernd nehme ich ab.
„Cara?“
Mein Herz setzt eine Sekunde aus. Es ist meine Großmutter.
„Nonna, was ist …“
„Es geht um deine Mutter. Sie ist auf dem Weg zu dir. In einem Taxi. Aber von mir weißt du es nicht!“
In den ersten zehn Sekunden nachdem meine Nonna aufgelegt hat, denke ich darüber nach, dass Greg nicht tot ist und ich somit von der Verdächtigenliste der Polizei gestrichen wurde, weshalb es länger dauern wird, bis man mich mit dem Mord an meiner Mutter in Verbindung bringt. Andererseits, wenn sie mich dann schließlich doch verdächtigen, wird Nick mich wieder aufsuchen müssen, um mich zu verhören – was definitiv erfreulich wäre, ganz abgesehen von der Tatsache, endlich meine Mutter loszusein –, andererseits könnte ich die Enttäuschung in seinem Blick nicht ertragen, wenn er herausfindet, dass ich es war. Also werde ich meine Mutter wohl am Leben lassen.
Sie sollten meine Spinnereien nicht ernst nehmen. Ich kann ja nicht einmal eine Mausefalle aufstellen.
Während ich über das Ableben meiner Mutter nachsinne, vergeht ganz schön viel Zeit. Ich rechne schnell nach, wie lang ein Taxi vom Riverside Drive und der 116. Straße hierher braucht, wobei mir klar wird, dass ich entweder die Wohnung oder mich herrichten kann, aber auf keinen Fall beides, woraufhin ich eine Kaskade an Beschimpfungen loslasse. Meine Mutter ist zwar kein Putzteufel, bestimmt
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