Männer und der ganz normale Wahnsinn
an. Ich lasse mich von ihrer Wut nicht anstecken. „Weißt du, ich finde es langsam langweilig, dass deine eigene Verbitterung auch auf das Leben anderer Leute abfärbt.“
„Ich bin nicht neidisch auf Shelby. Oder sonst jemanden.“ Aber ich sehe, dass ihre Augen feucht schimmern, bevor sie sich abwendet. „Okay, vielleicht färbt meine Vergangenheit meine Wahrnehmung ein wenig. Aber das hier hat nichts mit mir zu tun, ich schwöre es. Ich weiß einfach, was ich sehe.“
„Und was? Hey, wenn Shel nicht glücklich ist, dann kann sie ziemlich gut schauspielern.“
„Bingo.“
Ich bleibe mitten auf dem Bürgersteig stehen. „Du glaubst wirklich, dass das alles nur Theater ist?“
„Honey, ich weiß es. Menschen, die wirklich zufrieden sind, müssen das nicht permanent betonen oder haben es nicht nötig, immer wieder davon anzufangen. All dieses Zeug, das sie neulich gesagt hat, glaubst du, dabei ging es um dich? Oder gar um mich? Nein, nein … das war einfach eine Frau, die sich selbst davon überzeugen wollte, dass sie alles richtig gemacht hat.“
„Das ist verrückt, Terrie.“
Sie zuckt mit den Schultern. „Glaub doch, was du willst. Kann mir ja egal sein. Aber ich wette um fünf Dollar, dass ich Recht habe.“
Etwa eine Minute lang laufen wir schweigend weiter, in meinem Kopf dreht sich alles. Wenn das, was Terrie behauptet, wahr ist, wie konnte ich es übersehen? Gut, ich bin in letzter Zeit mit den Gedanken woanders gewesen, erst bei den Hochzeitsvorbereitungen und dann bei den verschiedensten Katastrophen, die mich seitdem heimgesucht haben. Trotzdem …
„Aber sie hat keinen Ton gesagt.“
Terrie lacht. „Du glaubst doch nicht im Ernst, dass sie es einfach so zugeben würde, wenn ihr Leben den Bach runtergeht? Ist dir nicht aufgefallen, wie ruhig sie heute war? Kommt mir so vor, als ob das kleine Plappermaul nicht mehr sehr mitteilsam ist.“
„Du weißt, dass sie mit so heißem Wetter nicht sonderlich zurecht kommt. Und die Kinder waren heute total aufgedreht …“ Ich schüttle den Kopf. „Ich dachte, sie sei einfach müde.“
„Müde bestimmt. Müde des Lebens, das sie führt, und von dem sie jeden überzeugen will, dass es so wahnsinnig toll ist.“
„Du klingst wütend.“
„Nun, ich schätze, das ist immer noch besser als neidisch. Wie auch immer, ich bin wegen ihr sauer, nicht auf sie. Es ist nur … Mist, ich habe so etwas schon lange erwartet, schon seit wir Kinder waren.“
„Hast du? Wieso?“
Wir sind wieder bei meinem Haus angekommen. Die Vordertreppe wird von zwei niedrigen Mauern flankiert, Terrie prüft mit einer Hand, wie nass sie ist, und setzt sich dann darauf. Ich folge ihr.
„Wofür hat dieses Mädchen jemals kämpfen müssen, Ginge? Ihr wurde doch immer alles auf dem Silbertablett präsentiert, alles ist immer so gelaufen, wie sie es sich vorgestellt hat. Ich will nicht sagen, dass sie nicht für ihren Abschluss und ihre Karriere gearbeitet hat, denn das hat sie. Aber selbst das war für sie nicht annähernd so anstrengend wie für uns, verstehst du? Und genau so war es in der Liebe. Wie viele Freunde hatte sie vor Mark? Ich meine ernsthafte?“
Ich denke darüber nach und schüttle den Kopf. „Ich kann mich nicht erinnern.“
„Weil es keine gab. Sie trifft Mark, verliebt sich, sie verloben sich, sie feiern diese schöne, geschmackvolle Hochzeit, die Wohnung fällt Mark geradezu in den Schoß, sie bekommen zwei Kinder, einen Jungen und ein Mädchen, keine Komplikationen, alles ganz mühelos.“ Sie stockt. „Alles in ihrem Leben ist einfach immer richtig gelaufen. Und natürlich musste sie davon ausgehen, dass es immer so weitergehen würde. Sie ist auf ‚und sie lebten glücklich bis an ihr Lebensende‘ programmiert, einfach deshalb, weil sie nichts anderes kennt. Sie hat nicht diesen Schutzmechanismus für Katastrophen wie ich.“ Mit einem grimmigen Lächeln sieht sie mich an. „Und den du auch hast. Seit kurzem.“
Ich denke über alles nach, was sie gesagt hat, obwohl ich viel zu kaputt bin, um das meiste überhaupt zu erfassen. „Naivität ist kein Verbrechen, Terrie.“
„Nein. Aber eine Verpflichtung.“
Ich gähne, schaudere und kriege eine Gänsehaut. Mit den Handflächen streiche ich über die aufgestellten Härchen meiner Arme und versuche, meine Gedanken zu ordnen.
„Glaubst du, dass Shelby sich verändert hat?“
„Ich denke, das Leben zwingt sie dazu“, antwortet Terrie. „Wie es uns alle irgendwann dazu
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