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Männer und der ganz normale Wahnsinn

Männer und der ganz normale Wahnsinn

Titel: Männer und der ganz normale Wahnsinn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karen Templeton
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zwingt.“
    Ich runzle die Stirn.
    Als ich kurz nach eins in Bett falle, schlafe ich umgehend ein, mir ist sogar der verdammte Hund egal, der sich neben mir eingerollt hat. Aber weniger als eine Stunde später wache ich mit pochendem Herzen und schwitzend wieder auf.
    Das ist schrecklich unfair. Ich bin so erschöpft, dass ich selbst das Atmen anstrengend finde. Und ich liege hier, lausche, wie Geoff im Traum leise wufft, und bin mir auch des geringsten Geräusches in der Wohnung bewusst. Ich rede mir ein, dass es sich nur um das übliche Erste-Nacht-Syndrom kombiniert mit Übermüdung handelt. Was sonst sollte es sein?
    Vielleicht will ich die Antwort auf diese Frage gar nicht wissen.
    Schimpfend steige ich aus dem Bett, stolpere durch ein Labyrinth unausgepackter Kartons zum Fenster, verschränke die Arme über meinem Sleepshirt und starre auf die Straße hinunter. Es hat zu nieseln begonnen.
    Ein merkwürdiger Schmerz, dessen Ursache ich nicht kenne, breitet sich in meiner Brust aus, immer weiter, bis meine Kehle sich zusammenzieht und meine Augen zu brennen beginnen.
    Das ist verrückt. Ich habe ein tolles Apartment in weniger als zwei Wochen gefunden, ich bin nicht mehr arbeitslos, ich muss mir sogar keine Sorgen mehr darüber machen, dass meine Mutter von dem Umzug erfährt. Okay, es gibt da noch ein paar größere Probleme, die ich lösen muss, aber im Grunde habe ich mir doch mein Leben von den bösartigen Göttern wieder zurückgeholt, ihnen gezeigt, wer hier die Hosen anhat. Zum Teufel, ich sollte jetzt unerträglich selbstzufrieden sein. Und nicht so etwas fühlen, was immer es ist.
    Als ich in die Küche gehe, um eine Flasche Wasser zu holen, hüpft Geoff vom Bett. Für ihn ist das Leben eine einfache Gleichung: Küche = Essen. Er schnüffelt an einer verschlossenen Schublade, schaut dann zu mir hoch und jault.
    „Da ist dein Fressen nicht drin, Blödmann. Außerdem hast du noch was in deinem Napf, für den Fall, dass du wirklich hungrig bist.“
    Er kratzt an der Schublade. Erschöpft ziehe ich sie auf und zeige ihm den Inhalt.
    „Schau. Kein Fressen. Jetzt zufrieden?“
    Ich kann sehen, dass er es nicht ist, aber er lässt seinen stämmigen kleinen Körper mit einem tiefen Seufzer auf den Boden plumpsen. Ich hole die Wasserflasche und kehre zurück ins Wohnzimmer, um weiter meinen Gedanken nachzuhängen. Das komische, nervige Gefühl kommt mit.
    Ich fühle mich … orientierungslos. Aus dem Gleichgewicht gebracht. Sicher liegt das zum Teil an dem, was Terrie über Shelby gesagt hat – auch wenn ich ihr nicht alles abnehme, nicht, bevor ich die Chance hatte, mir selbst darüber ein Bild zu machen –, aber es geht um mehr. Es geht auch um Terrie, die eine ungeahnte Verletzlichkeit durchblicken lässt. Und um Greg, der ein anderer Mensch ist, als ich dachte, und um Brice, der ermordet wurde, und um meine Mutter, die sich plötzlich ganz normal und nett benimmt, und um mein ungeklärtes Gefühl für Nick (oh, schauen Sie mich nicht so an – haben Sie tatsächlich diesem ganzen Unsinn geglaubt, dass ich mich nicht zu ihm hingezogen fühle?) und um die Tatsache, dass ich mich richtig dafür fürchte, am Montag meinen neuen Job zu beginnen.
    Mein Gott. Ich fühle mich wie die Überlebende eines Erdbebens oder Hurrikans oder so was. Ich war damit beschäftigt, mein Leben wieder in Ordnung zu bringen, wie ein Biber, der zielstrebig den zerborstenen Damm wieder errichtet (ja, ich weiß, dass ich hier die Metaphern durcheinander bringe, aber was zum Teufel erwarten Sie? Es ist drei Uhr morgens). Ich habe dabei übersehen, dass sich die komplette Landschaft um mich herum verändert hat. Und jetzt, wo ich zum ersten Mal zur Ruhe komme, habe ich keine Ahnung, wo ich eigentlich bin. Die Landschaft ist noch immer da, aber sie kommt mir nicht mehr bekannt vor.
    Tränen, die ich mir seit dem Tag nach der Hochzeit verboten habe, strömen meine Wangen hinab, eher Tränen der Verwirrung und Frustration als des Selbstmitleids. Ich bin noch nie unentschlossen gewesen. Ich habe fast immer gewusst, was ich wollte. Und die meiste Zeit, seit ich erwachsen bin, habe ich es auch bekommen. Es ist mir wichtig, Ordnung zu halten. So bin ich. Oder zumindest dachte ich das bis vor zehn Minuten. Wie konnte ich nur übersehen, dass sich meine ganze Welt – von der ich zumindest annahm, dass sie existierte – verändert hat, dass jeder um mich herum sich verändert, und dass dieser Verdrängungsmechanismus, der mir so viele Jahre

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