Männer und der ganz normale Wahnsinn
einen schlecht bezahlten Job. Ich versuche die Panik, die mich beinahe überwältigt, hinunterzuschlucken und rufe mir in Erinnerung, dass es noch schlimmer sein könnte. Ich könnte tot sein.
Die Leute über mir könnten tot sein. Ihre Kinder …
„Wir unterhalten uns morgen, si?“ sagt meine Großmutter und zieht die Bettdecke über meine Schultern, als ob ich ein kleines Mädchen wäre. Ihr starker Akzent – die Altlast einer Frau, die kein Wort Englisch gesprochen hat, bis sie im Krieg einen amerikanischen GI heiratete –, umfängt mich wie ein zärtlicher Windhauch. „Morgen früh machen wir Pläne. Wir finden eine Lösung.“ Sie beugt sich über mich, drückt ihre kühlen, zarten Lippen auf meine Wange, ihr langer weißer Zopf rutscht über ihre Schulter und kitzelt mich am Hals. „Du bist hier sicher, cara“, flüstert sie und verlässt dann auf Zehenspitzen das Zimmer.
Schon wieder strömen Tränen aus meinen Augen und hinterlassen Flecken auf dem Kissen. Ich hasse es, wenn ich mir selbst Leid tue, aber mein Widerstand ist zum Teufel gegangen. Also kann ich meine Selbstmitleids-Orgie auch genauso gut genießen, oder? Auch wenn ich hier die Einzige bin, die das gut findet.
Oh du meine Güte. Das, wovor ich die größte Angst hatte, ist also wahr geworden.
Bin ich in Sicherheit? Ja, das bin ich wohl. Zumindest körperlich gesehen. Aber was ist mir noch geblieben, abgesehen von einem Ring, den ich vielleicht nicht einmal verkaufen will? Und einem Vera-Wang-Hochzeitskleid, das, soweit ich weiß, noch immer irgendwo in Teds und Randalls Wohnung sein muss. Alles, alles ist mir genommen worden. Der Mann, den ich geliebt habe, meine Wohnung, mein Job … sogar mein Hund. Gut, Geoff war nie mein Hund, aber Sie wissen, was ich meine. Der Punkt ist, dass ich mit einunddreißig noch mal komplett von vorne anfangen muss.
Das hier ist mein letzter Strohhalm. Ich bin erschöpft. Besiegt. Und was das Schlimmste ist: Ich bin um nichts besser als all die Landstreicher, die ich immer so gehasst habe, weil meine Eltern Mitleid mit ihnen hatten.
Die Feuerwehr erlaubt uns am nächsten Nachmittag, in die Wohnung zu gehen. Und tatsächlich ist es so schlimm, wie Mrs. Moskovitz mir prophezeit hatte. Im Grunde gibt es keinen Brandschaden, aber es riecht, als hätte der Teufel ein Grillfest veranstaltet. Und der Wasserschaden …
Ich schaue mein herrliches, durchnässtes, rußiges Pottery Barn-Sofa an und breche in Tränen aus.
„Komm schon“, sagt meine Mutter zärtlich, „lass uns mal nachsehen, was noch zu retten ist.“
Es gebe Firmen, die sich darauf spezialisiert hätten, Möbel mit Brandschäden wieder herzurichten, sagt sie, während ich mich durch die nassen Trümmer arbeite. (Und ich habe mich aufgeregt, wenn meine Nachbarn ihre Badewanne überlaufen ließen.) Im Schlafzimmer scheint nichts beschädigt worden zu sein, von dem schrecklichen Rauchgestank einmal abgesehen. Vielleicht sind ja wenigstens meine Kleider noch in Ordnung. Meine Papiere und Rechnungen und sonstige Unterlagen befinden sich alle in einem Metallschränkchen, da ist also nichts passiert, und etwa die Hälfte der Bücher ist auch noch brauchbar. Die andere Hälfte, die in dem Regal neben der Küche, ist ruiniert, genauso wie meine ganzen Möbel, mein Drucker, Fernseher und die Stereoanlage.
Schweigend hole ich den Karton, den ich mitgebracht habe, und lege die Unterlagen aus dem Metallschränkchen hinein.
„Deine Versicherung wird vermutlich einen Großteil bezahlen, weißt du“, sagt Nedra töstend.
Ja, ich habe eine Versicherung. Wenigstens das. Aber die Summe ist nicht hoch genug, um alles neu zu kaufen, ganz abgesehen von den zusätzlichen Kosten, die auf mich zukommen, wenn ich eine andere Wohnung miete. Nur daran zu denken, dass ich diesen Stress wieder vor mir habe, frustriert mich total.
Ich rufe meine Versicherung noch am selben Nachmittag an. Eine sehr nette, sehr verständnisvolle Frau mit Südstaaten-Akzent bittet mich, einen Augenblick zu warten, bis sie meine Unterlagen rausgesucht hat.
Ich höre das Klicken der Computertastatur, sanfte Musik im Hintergrund. Dann ein „Oje“.
Ich schließe die Augen. „Irgendwas nicht in Ordnung?“ frage ich, obwohl ich natürlich weiß, dass etwas nicht in Ordnung ist, weil doch verdammt noch mal alles in letzter Zeit schief geht, warum sollte es jetzt anders sein?
„Nun, ähem, nach meinen Unterlagen haben Sie Ihre letzte Rate nie bezahlt.“
„Aber nein, das muss ein
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