Maenner und Frauen wollen immer nur das Eine - aber nie das Gleiche
weg!“
Er, düster: „20.000 Meilen über dem Meer ...“
Okay, dachte ich, mit melancholischen Männern könnte ich wohl tatsächlich nicht befreundet sein – das sind eben Ausnahmen. Doch dann fiel mir Karlsson vom Dach ein, und ich fürchte, mit einem fliegenden Kumpel käme ich ebenfalls nicht klar: Ich kann mich nicht von ihm mitnehmen lassen, da ich Flugangst habe. Wenn er aber ständig ohne mich herumschwirrt, fühle ich mich vernachlässigt. Und wenn er mir zuliebe einfach gar nicht fliegt, finde ich das ebenfalls doof: Wie sieht denn das aus, wenn jemand einen Propeller auf dem Rücken hat und dann zu Fuß geht!
Je länger ich nachdachte, desto mehr begriff ich allmählich entsetzt: Die Welt ist voller Männer, mit denen ich niemals bekumpelt sein könnte. Und schuld daran sind keineswegs nur läppische sexuelle Begierden. Uns trennen weitaus schlimmere Dinge – demolierte Rennwagen, Seuchen, körperliche Entstellung, der Tod: Ralf Schumacher würde mir die Freundschaft kündigen, sobald er mir einmal sein Auto geliehen hätte. Was den kleinen Tiger von Janosch angeht: Wie soll ich mich in Zeiten der Vogelgrippe mit einem Typ anfreunden, der eine Tigerente dabeihat? Marilyn Manson ertrüge ich optisch nur, wenn der Verhüllungskünstler Christo ihn vorher verpackt hätte. Und Hemingway und Ötzi fänden mich arrogant, da ich prinzipiell nicht mit Verstorbenen rede.
In der Nacht nach diesen Erkenntnissen hatte ich einen wirren Fiebertraum: Auf meiner Geburtstagsparty tauchten Marilyn Manson und Ötzi auf, komplett verhüllt, und begannen zu strippen. Ein Typ im Rennfahrerdress hopste um sie herum und zog ein braun-gelb gestreiftes Spielzeugauto hinter sich her. Meine Gäste – alles Männer – schlossen sich ihm an und formten eine Polonaise. Gröhlten Naidoo-Songs, lauter und lauter. Dann knatterten Kommissare mit Propellern auf dem Rücken herbei und nahmen uns fest. Bei meiner Vernehmung gestand ich, dass ich schuld sei an dem Tumult: „Ich hätte auf keinen Fall darüber nachdenken dürfen, ob Männer und Frauen nicht miteinander befreundet sein können“, kreischte ich hysterisch. „Dadurch entstehen die Probleme doch erst! Wenn man sich da reinsteigert, eskaliert alles! Wenn noch mal einer mit dem Mist anfängt, harry ich dem eine rein! Dem sally ich diese These nur so um die Ohren!“
Sie wollten mich gerade in eine Anstalt einweisen, da rettete mich ein lautes Klingeln. Ich erwachte. Es war das Telefon: Einer meiner Kumpels hatte mal wieder ein untrügliches Gespür für das richtige Timing.
Die Autoren
Jens Clasen
geb. 1971, studierte in Düsseldorf Geschichte und Medienwissenschaften, schreibt seit 1996 als Autor und Kolumnist für Zeitschriften. Er volontierte bei der Motor Presse Stuttgart und ist seit 2001 Redakteur bei Men’s Health in Hamburg.
Elke Michel
geb. 1975, studierte in München Kommunikationswissenschaft, Politik und Recht und besuchte die Deutsche Journalistenschule. Sie lebt und schreibt in Hamburg.
Bildnachweis:
Covergestaltung:
Jens Vogelsang, Aachen
Jan Mötting, Hamburg
Illustrationen:
Christoph Niemann
Portraitfotos Autoren:
Christine Richter, Hamburg
Tinka Dippel, Hamburg
Weitere Kostenlose Bücher