Maennerfallen - Ein Mira-Valensky-Krimi
Enttäuschung. – Oder doch nicht. Was, wenn mehr zwischen den beiden läuft?
Die Verlegerin lächelt mich an. Einfach neutral. Keine Ahnung, was sie denkt. Oder gar, was sie empfindet.
„Ich wusste gar nicht, dass Sie noch in Wien sind“, lächle ich zurück. Wir sind hier in einer Schickimicki-Bar, ich kann ganz lieb und zivilisiert Konversation machen.
„Es gab noch eine Reihe von Terminen.“
„Sie hängen sehr an Ihrem Schützling.“
„Ich bin Verlegerin. Er ist mein Topautor.“ Sie küsst Thomas Pauer auf beide Wangen. „Ich muss jetzt weiter. Wir sehen uns morgen. Und:“ – ein etwas anzügliches Lächeln – „Viel Spaß!“
Was war das jetzt? Perfektes Ablenkungsmanöver oder dezenter Rückzug, weil da eine andere im Anmarsch ist? Auf mich hat sie das wohl eher nicht bezogen. Egal. Ich will mit Vesna ein Glas Champagner trinken. Und ich sehe auch vom vorderen Teil der Bar, wer zur Tür reinkommt. Oder gibt’s einen Hintereingang?
„Also viel Spaß“, sage auch ich, winke dem Bestsellerautor zu und gehe seiner Verlegerin nach. Er sieht irgendwie verlassen drein. Weine nicht, Blondie, sei ein Mann!
Vesna winkt mir zu. Die Verlegerin dreht sich zu mir um. Verschwörerischer Blick. Ich sehe sie erstaunt an. Sie wispert mir ins Ohr: „Sie werden nicht darüber schreiben, dass Sie Thomas Pauer hier gesehen haben, oder? Er ist quasi … inkognito hier.“
„Und warum?“ Ich weiß, dass sich das auf alles Mögliche beziehen kann.
Sie sieht sich rasch um. Keiner belauscht uns. „Sie werden es schon bemerkt haben: Die Frauen fliegen auf Pauer. Überall. Er strahlt so etwas aus …“
„Und jetzt hat er eine Verabredung, die keiner mitkriegen soll.“
„So in etwa. Er ist auf seine Weise ein sehr treuer Mensch, aber … die Hormone … und: Er ist eben ein Mann!“
Ich nicke so ernsthaft wie möglich. „Das hat sich schon herumgesprochen.“
„Sehr gut. Ich hoffe bloß, es hat noch kein anderer Journalist etwas von dem Date bemerkt, ich möchte natürlich nicht, dass Sie an einer guten Seitenstory zum Buch dran sind, die dann ein anderer schreibt.“
„Also soll ich doch darüber schreiben?“ Was will sie? Ich habe den Verdacht, sie versucht mir den Autor als Frauenhelden zu verkaufen. Oder als einen, der sich – Mann, der er ist – den Frauen einfach nicht entziehen kann.
„Bitte nicht!“, wispert sie mir ins Ohr. „Auch wenn wir wegen so etwas natürlich nie klagen würden …“
Damit verlässt sie die Bar. Ich werde achtgeben, ob überhaupt jemand zu unserem Helden kommt. Oder ob er ganz allein seinen Saft austrinkt und dann heimgeht. – Wohin heim? Ist er wirklich noch wegen weiterer Termine in Wien? Wegen welcher Termine? Öffentliche Auftritte sind nicht dabei, jedenfalls keine, die mir aufgefallen wären. Vesna winkt mit zwei Champagnerkelchen. Während ich recherchiert habe, hat sie sich um unsere Getränke gekümmert. Wunderbar! Es gibt Prickelnderes als blonde Bestsellerautoren. Ich stoße mit Vesna an. Und erzähle ihr, wer die Lady war, mit der ich getuschelt habe. Und dass unser Pauer-Männchen hinten an der Bar sitzt.
„Du kannst Freundin vorstellen“, rät Vesna. „Weil man sollte wirklich wissen, warum er noch in Wien ist.“
„Du willst ihn kennenlernen, gib’s zu. Wenn ich das Jana erzähle …“
„Bin ich einfach neugierig, was ist das für ein Typ, der solche Sachen schreibt.“
Ich schnappe mein Glas und deute Vesna, mir zu folgen. Warum nicht? Leisten wir dem Bestsellerautor Gesellschaft und schauen wir, ob da noch wer auftaucht. Ich komme mir etwas kindisch vor, aber die Perlen im Magen oder vielleicht auch der Alkohol im Kopf vertreiben solche Zweifel. – Bloß: Sein Hocker ist leer. Wo ist er? Na gut, vielleicht auf der Toilette. Dorthin werde ich ihn sicher nicht verfolgen. Wäre vielleicht genauso eine Schlagzeile, die sich seine Verlegerin wünscht: „Läufige Redakteurin lauert Traummann auf dem Klo auf!“ Meine Freunde vom „Blatt“, der größten, wenn auch nicht gerade anspruchsvollsten Zeitung, würden das schon drucken.
Wir hängen herum, nippen am Champagner – an sich ist mir ein nettes Glas Weißwein viel lieber –, aber der Typ kommt nicht wieder. Vesna überprüft den Raum auf Hintertüren. Da ist keine. Eigenartig. Nur die Tür zu den WCs und die zur Küche.
Der Kellner muss uns beobachtet haben. Plötzlich steht er neben uns und meint: „Suchen Sie Thomas Pauer? Er wollte dringend weg, angeblich hatte es eine
Weitere Kostenlose Bücher