Maennerfallen - Ein Mira-Valensky-Krimi
Oberarm hinunterschlängelt, die andere mehr als mollig. Sie hat einen Profi-Fotoapparat in der Hand, weiß aber offenbar nicht so recht, was sie damit tun soll.
„Ich verlange sofort, dass Sie die Fotografen entfernen. Und dass die Lobby geräumt wird!“, faucht Farah Seifried. „Nehmen Sie die junge Frau mit. Auf ihre unfassbaren Unterstellungen werden wir später reagieren!“
Aha, ihr Gegenüber ist offenbar Kriminalbeamter.
Farah Seifried sieht mich. Ihre Augen werden zu schmalen Schlitzen. „Ich werde verhindern, dass irgendetwas darüber in die Medien kommt! Jeder, der etwas über diese infamen Lügen schreibt, wird angezeigt!“
Ich gehe näher hin. „Worum handelt es sich überhaupt?“
Jetzt starren mich alle an.
„Ich wollte bloß eine Kleinigkeit essen und dann hab ich das Blaulicht vor der Eingangstür …“
„Blaulicht?“, Farah Seifried schreit einen der Uniformierten an, ist kurz davor, die Beherrschung zu verlieren. „Machen Sie es sofort aus!“
Die Frau, die die Weinende in der Decke festhält, antwortet: „Sie haben uns keine Befehle zu geben. Wir sind zu einem Notfall gerufen worden. Da gibt’s eben Blaulicht.“
Die junge Frau weint heftiger. Dann blickt sie auf, schaut mich an. „Er hat versucht, mich zu vergewaltigen!“ Tränen in den dunklen Augen.
„Das ist eine infame Lüge!“, schreit Farah Seifried.
Der Fotograf knipst, was das Zeug hält. Und auch die füllige Frau macht jetzt einige Bilder.
„Es ist keine Lüge!“, fährt die junge Frau fort. „Ich bin zu ihm, weil ich an einer Hausarbeit über Rollenbilder in den Medien schreibe, er hat bei uns an der Uni einen Vortrag gehalten. Er hat gesagt …“
„Sie müssen das jetzt nicht alles erzählen“, meint die Kriminalbeamtin mütterlich. „Es ist besser, sie kommen mit und geben uns das in aller Ruhe zu Protokoll.“
„Ich will aber erzählen“, widerspricht die junge Frau und zieht die Decke enger um sich. Die Polizeibeamtin lässt sie los, sie taumelt, steht dann da.
„Ich werde Sie klagen!“, faucht die Verlagschefin. „Für alles, was Sie hier öffentlich behaupten!“
„Es ist wirklich besser, wenn wir woanders reden“, versucht es die Beamtin noch einmal.
„Damit das dann vertuscht wird? Nur weil er ein Promi ist? Sicher nicht! Ich weiß, wie so etwas funktioniert.“ Die junge Frau hebt trotzig ihr Kinn. Schaut nicht aus, als könnte man sie einfach so einschüchtern. Gut so.
„Bei uns wird nichts vertuscht.“ Das ist die Stimme des Kriminalbeamten in Zivil.
Dumm, dass ich keinen Fotoapparat mithabe. Aber mein Mobiltelefon. Andererseits: Was bin ich? Eine Paparazza? Eine Sensationsreporterin? Ich ziehe das Telefon trotzdem raus, stelle es auf Kamera. „Darf ich?“, frage ich das Mädchen in der Decke. Wie alt kann sie sein? Zwanzig?
„Natürlich!“, sagt sie mit jetzt ziemlich fester Stimme. „Es soll alles dokumentiert werden.“
Seifried packt mich am Unterarm. „Wenn Sie das fotografieren, ist die Zusammenarbeit meines Verlages mit Ihrer Redaktion mit sofortiger Wirkung beendet. Und ich klage Sie!“
Ich sehe die Verlagschefin an. „Ich habe niemanden verurteilt, ich habe niemanden beschuldigt. Ich versuche mir ein Bild zu machen. Und jetzt lassen Sie gefälligst meinen Arm los.“
„Er hat es aber getan!“, ruft die zierliche junge Frau.
„Sie sind also Studentin?“, will ich wissen.
„Ja, ich studiere Publizistik und Politikwissenschaft. Ich heiße Nicole Moser. Ich wollte mit ihm über meine Hausarbeit reden. Ich hab mir nichts Böses gedacht. Ich bin auf sein Zimmer. Das heißt, das ist eine der großen Suiten, ganz oben. Er war zuerst auch total normal. Wir haben uns zum Schreibtisch gesetzt. Ich hab meinen Block und mein Aufnahmegerät ausgepackt. – Das muss noch oben liegen! Da muss alles drauf sein!“
Der Kriminalbeamte nickt dem einen Uniformierten zu, flüstert ihm etwas ins Ohr und schickt ihn weg.
„Wo ist Thomas Pauer überhaupt?“, frage ich.
„Können Sie sich vorstellen, in welchem Zustand er ist? Nach solchen Anschuldigungen?“, faucht seine Verlegerin.
„Wir haben Spurensicherer da. Sie sind bei ihm“, ergänzt die Kriminalbeamtin.
„Und wann war alles nicht mehr normal?“, frage ich Nicole.
„Er hat gesagt, dass er mir erklären will, was er mit dem Buch meint, was daran so gut ist, wenn ein Mann endlich wieder ein Mann sein darf. Ich hab nicht verstanden, worauf er hinauswill. Er ist immer näher gekommen. Ich … ich hab
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