Maennerfallen - Ein Mira-Valensky-Krimi
„Blatt“.
„Habe ich auch nicht vor. Er ist übrigens nicht festgehalten, sondern steht uns bloß zur weiteren Befragung zur Verfügung.“
Ganz schön clever, der Typ. Ich muss Zuckerbrot, den Leiter der Mordkommission, fragen, ob er ihn kennt.
Meine Kollegen verteilen sich in den üppigen Polstersesseln. Man will wenigstens ein Foto vom Superstar. Und mutmaßlichen Möchtegern-Vergewaltiger. Regina kommt zu mir. Ich erzähle ihr, was ich weiß. „Und wer hat dich informiert?“
„Die Info ist über den Chef vom Dienst gekommen, offenbar irgendwelche nicht ganz offiziellen Kontakte.“
Wie ich es mir gedacht habe. „Ich glaube nicht, dass sie mit Pauer durch die Hotelhalle gehen. Die fahren in die Tiefgarage“, überlege ich.
„Es gibt Seitenausgänge“, sagt unsere Fotografin.
„Ja, aber bei den Liften in der Halle lauern sicher auch ein paar unserer Kollegen.“
„Also Tiefgarage?“
„Wäre das Beste.“
„Mein Chef ist übrigens stinksauer auf dich, aber das weißt du ja schon.“ Regina grinst. „Er ist sonst wirklich ein umgänglicher Typ, aber da hast du ihn am falschen Fuß erwischt. Ich finde es bloß witzig, dass er auch noch überall empört herumerzählt, dass du ihn heimgeschickt hast. Wirft ja irgendwie kein besonders gutes Licht auf ihn, oder?“
„Sein Problem. – Wie kommst du in die Tiefgarage?“
„Ganz einfach, mein Auto steht dort. Ich hab ja nicht gewusst, was los ist, und ob ich womöglich noch woanders hinmuss. – Du bleibst da?“
„Für alle Fälle. Aber zuerst telefoniere ich mit der Redaktion. Wir müssen schauen, was wir noch im Heft unterbringen. Ein paar Zeilen und ein Foto sind sicher drin.“
„Ich überspiel ihnen, was ich bisher hab – hoffentlich hab ich in der Tiefgarage ein Netz.“ Regina nickt mir zu und verschwindet. Es fällt nicht auf, bei all dem Durcheinander. Die beiden feministischen Journalistinnen haben sich entschlossen, nahe dem Hauptausgang Position zu beziehen. Nicht dumm, so kriegen sie auch mit, was draußen passiert. Noch immer stehen zwei Polizeiwagen in der Auffahrt. Kein Renommee fürs Hotel. Andererseits: Vielleicht denken die Passanten, dass da eben ein Super-Promi abgestiegen ist. So einer, der immer Polizeischutz hat. Eigenartig, dass sich keiner vom Hotelmanagement hat blicken lassen. Vielleicht aber auch nicht. Die wollen mit so etwas kaum in Verbindung gebracht werden. Jetzt erst erinnere ich mich, dass Sandra Alman erzählt hat, ihr Mann sei hier Küchenchef. Seltsamer Zufall, dass ausgerechnet da … Eigentlich gar nicht seltsam. Das „Nouvel Grand“ ist momentan das neueste und angesagteste Fünfsternehotel in Wien. Klar, dass der Bestsellerautor hier absteigt. Farah Seifried wird wohl auch ein Zimmer genommen haben. Aber das wird mir niemand von der Rezeption bestätigen. Kann es sein, dass der Chefkoch seine Frau verständigt hat und die dann Maggy Körmer? Unwahrscheinlich.
Ich lächle der Tätowierten zu. „Wisst ihr, wo Maggy ist?“
„Keine Ahnung. Sie hat bloß gesagt, dass wir sofort herkommen sollen. Und dass sie nicht warten kann. Sie war im Hotel, um zu klären, ob Pauer noch da ist. Es hätte morgen eine Demo geben sollen.“
„Er ist ihr Feindbild Nummer eins, oder?“
Meine Kollegin sieht mich an. „Ist auch kein Wunder, oder?“
Ich ziehe mich in eine Ecke der weitläufigen Halle zurück. Ich will ungestört telefonieren, aber ich möchte dabei die zentralen Lifte und die Eingangstür im Blickfeld haben. Meinen Kollegen vom „Blatt“ sehe ich nicht mehr. Vielleicht sind er und sein Fotograf auf die gleiche Idee gekommen wie Regina und ich. Oder er ist in die Redaktion, weil er die Änderungen für die Morgenausgabe schreiben muss. Auch wenn das „Blatt“ Pauer bisher zum Helden stilisiert hat: Die Vergewaltigungsgeschichte wird sicher groß gespielt. Sex, Verbrechen und Promi: Was will die Volksseele mehr?
Ich erreiche den Chef vom Dienst und erfahre, dass eigentlich jemand von der Chronikredaktion im Hotel sein sollte. „Ich hab bisher bloß Regina gesehen. – Warum hat mich niemand angerufen?“
„Die Chronik hat die Info gekriegt.“
Das erklärt freilich vieles. Nach unserem Auftritt in der heutigen Redaktionssitzung hätte der Chronikchef sicher großes Vergnügen daran gehabt, mich auszubremsen.
„Warum bist du dort?“, fragt mich der Chef vom Dienst.
„Ich hab eine Info gekriegt. Aus anderer Quelle. Ich hab mit dem Opfer reden können. Nicht allein, aber es waren zu
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