Maennerfallen - Ein Mira-Valensky-Krimi
Spätnachmittagssonne stehen, die Katze streicheln, über die Dächer von Wien schauen. Luxusleben. Ich bin mir dessen bewusst. Klar, dass ich mir eine Wohnung wie diese nie leisten könnte. Aber ein guter Wirtschaftsanwalt verdient eben entsprechend. – Gerecht? Wahrscheinlich nicht. Oskar arbeitet viel, aber um so viel mehr als eine fleißige Putzfrau arbeitet er auch nicht. Die Frage ist: Welche Leistung zählt was? Und warum? Und: Wo bliebe der Ansporn, wenn alle gleich viel verdienen würden? Ginge es dann bloß um die Freude an der Arbeit? Oder würden alle so wenig wie nur irgendwie möglich tun? Und: Was kriegen die, die das alles verordnen? Bisher hat es immer welche gegeben, die am Ende gleicher waren. Vielleicht geht es ohnehin nur um so etwas wie ein bisschen mehr Gerechtigkeit, ohne dass einer bestimmen darf, was das genau ist. Gismo schnurrt und streicht mir um die Beine. Es gibt Wesen, die können sehr gut ohne Arbeit und ohne gesellschaftliche Anerkennung glücklich sein. – Und wie ist das mit mir? Momentan bin ich rundum zufrieden. Ich will gar nicht an meine Reportage denken. Aber auf Dauer? Ich bin neugierig. Ich will wissen, was hinter dem schönen Schein lauert. In gewisser Weise liebe ich die Herausforderung, auch wenn ich lange nicht so mutig bin wie Vesna.
Wie wichtig sind Geld und Anerkennung? Thomas Pauer hatte viele Jahre den Eindruck, von beidem zu wenig zu bekommen. Was löst das bei einem Menschen aus? – Womit ich doch wieder beim Thema wäre. Ich seufze, halte mein Gesicht noch eine Minute in die Sonne, gehe dann in unseren großen Wohnraum und setze mich an den Schreibtisch. Es war nicht klar, wie lange ich heute unterwegs sein werde. Also hat Oskar versprochen, sich ums Abendessen zu kümmern. Ich starte den Laptop. Meine Hände duften immer noch nach Rosmarin und Basilikum. Wenn ich schon daheim bin, könnte ich trotzdem kochen. Irgendwas Rasches mit vielen Kräutern. – Mira, du willst dich nur vorm Arbeiten drücken! – Ertappt, antworte ich mir selbst. Etwas mit Kräutern … Ich stehe auf, gehe zum Kühlschrank, überlege …
Ich habe aus dem Weinviertel ein schönes Stück Schweinsschopfbraten mitgebracht, bei Eva in der Nähe gibt’s diese großartigen Mangalitza-Wollschweine. Eigentlich sind sie viel zu nett, als dass man sie essen dürfte. Aber das Fleisch vergammeln zu lassen, ist auch keine Lösung. Wiegt mindestens zwei Kilo, das Stück, egal, den Rest können wir kalt essen. Ich heize das Rohr auf neunzig Grad vor und brate das Fleisch unterdessen in einer Pfanne auf dem Herd rundherum scharf an. Pauers junge Frau. Steht sie wirklich zu ihm? Warum? Weil sie ihn liebt? Weil sich das so gehört? Weil sie keine andere Chance hat?
Ich gehe auf die Terrasse. Gismo rollt sich genießerisch auf dem Boden. Sonnenwarme Ecke. Am liebsten würde ich mich zu ihr legen. Ich zupfe feine Ästchen vom Rosmarin, nehme viel vom Basilikum und Koriander. Den Rosmarin schneide ich klein, vermische ihn mit Meersalz und Olivenöl und reibe das angebratene Fleisch damit ein. Ab ins Rohr. Jetzt die anderen Kräuter schneiden. Nicht allzu klein und mit einem scharfen Messer, damit die zarten Blätter nicht gequetscht werden. Mein bestes Olivenöl dazu und ziehen lassen. Das kommt erst ganz kurz vor dem Anrichten übers Fleisch. In zwei Stunden gibt es einen wunderbaren Kräuterbraten. Und Oskar wird für den Rest sorgen. Ich bin gespannt, was er mitbringt.
Wenig später hat mich die Story doch wieder gefangen. Ich schreibe auf, was ich heute gehört habe, was mir wichtig vorgekommen ist, was seltsam war. Ich notiere, mit wem wir dringend reden sollten. Sandra Alman. Natürlich Nicole. Wenn es klappt, ohne ihr auflauern zu müssen. Pauer. Wird wohl nicht gelingen, aber ich muss es probieren. Immerhin ist er auf freiem Fuß. Und wir sind die auflagenstärkste Wochenzeitung im Land. Seine zweite Frau … wenn sie ihn kennengelernt hat, als er Sportmoderator beim kleinen Privatsender war, dann hat sie sich nicht in sein Geld verliebt. Damals sei er zum ersten Mal selbst über die Runden gekommen, hat die Apothekerin erzählt. Aber vielleicht hat die neue Liebe etwas anderes geglaubt. Jedenfalls hat er die Frau gewechselt … weil er von der ersten schon lange wegwollte, es aber aus finanziellen Gründen nicht konnte? Hat ihn das geprägt? – Was bewirkt Abhängigkeit bei einer Frau, das sollte ich mich genauso fragen. – Wie abhängig ist die neue Frau von ihm? Zwei kleine Kinder. Ihre
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