Maennerfallen - Ein Mira-Valensky-Krimi
kann oder nicht. Aber das darf nicht das Wichtigste sein. Entscheidend ist: Wo ist Nicole? Geht es ihr gut?
Zen war total begeistert, dass sie die Frauen-Demo mehr oder weniger allein übernehmen darf. Regina wird dabei sein und fotografieren. Und mir erzählen, wie es gelaufen ist. Aber ich traue unserer jungen Praktikantin schon zu, dass sie ihre Sache gut macht. Erfahrung ist nicht übel, sie kann allerdings auch hemmen. Und ich würde mich um die Demo sicher nicht mit dem gleichen Enthusiasmus kümmern wie die Studentin. Inzwischen gibt es dazu einen Berg an Unterlagen und Statements. Maggy Körmer scheint als eine von mindestens zwanzig Personen auf, die die Demo organisieren. Geht so etwas wirklich im Kollektiv? Oder gibt es bloß einen basisdemokratischen Anspruch, den man zumindest nach außen wahren muss? Einen Vorteil hat so eine große Gruppe natürlich: Es fällt schwer, jemand Einzelnen herauszugreifen und vorzuführen. Wobei die Demonstration ohnehin eine breit unterstützte Sache sein dürfte. Ihr Titel lautet: „Stoppt Gewalt gegen Frauen!“ Dem können sich zum Glück wohl fast alle anschließen.
Mich wundert es kaum, dass ich gegen elf eine E-Mail von Maggy Körmer kriege mit dem Titel:
„Breiter Protest gegen verwässerte Demo!“
„Presseaussendung. Aufgrund der Vorkommnisse der letzten Stunden sieht sich Maggy Körmer gemeinsam mit einem Kollektiv von freien Frauen gezwungen, ihre Unterstützung für die heutige Demonstration gegen Gewalt gegen Frauen aufzukündigen. Natürlich richtet sich ihr Kampf weiterhin gegen jede Form der körperlichen, seelischen oder gesellschaftlichinstitutionalisierten Gewalt gegen Frauen. Aber, so Maggy Körmer: ‚Dafür zu plädieren, dass man Frauen wenigstens nicht schlagen und vergewaltigen sollte, muss uns viel zu wenig sein. Es ist eine Verharmlosung der kollektiven Missachtung von Frauen und ihrer Rechte. Wir fordern die sofortige Verhaftung von Thomas Pauer. Er ist bloß ein weiteres Beispiel dafür, wie in unserer Gesellschaft mit männlichen Tätern umgegangen wird, die über Macht und Sozialprestige verfügen.‘“
Sie hat recht. Und trotzdem steht sie wieder abseits. Sie hat es nicht leicht mit sich und ihrem Umfeld. – Wer hat es schon leicht? Ich warte auf ein Lebenszeichen meiner Interviewpartnerin, zu der ich unter allen Umständen fair sein möchte. Ich muss mir überlegen, was ich ansonsten bringe. Das Interview mit Franziska Pauer zum Beispiel. Aber die will sich ganz sicher nicht auf dem Titelblatt mit einer Schlagzeile wie „Früher war Pauer Sex egal!“ wiederfinden. Dafür gebe ich mich nicht her. Was ich sicher schreibe: dass Farah Seifried eigenartig früh in der Hotelhalle war. Wer hat sie verständigt? War ihr Zimmer neben seinem? Hat sie alles gehört? Warum ist sie nicht eingeschritten? Und dass Thomas Pauer auf seine Kosten die baufällige Villa seiner Schwiegermutter renovieren lässt. Immerhin hat er damit viele an der Nase herumgeführt. – Wobei noch? Könnte man sich fragen. Vesna hat inzwischen geklärt, dass die glückliche Familie Pauer in Wirklichkeit meistens bei Korneuburg und nicht in Berlin lebt. Trotzdem. Echte Sensation ist da keine dabei. Ich bin so unruhig, dass ich erst im Nachhinein bemerke, dass ich fünf Seiten Papier zerknüllt habe. Ein paar Demo-Unterlagen, die ich mir ausgedruckt habe. Kein Problem. Aber … ich kann nicht bloß dasitzen und warten.
Ich gehe zu Droch hinüber. Er meint, wir könnten mit der Verlegerin Seifried und ihrer Rolle aufmachen. „Aber dann haben wir sie natürlich am Hals“, fügt er hinzu. Ich nicke. Keine angenehme Vorstellung. Und wenn man es sich recht überlegt, hält sie ihrem Starautor einfach den Rücken frei. Der kann seine Sprüche klopfen, Frauen anfallen, und wenn es kompliziert wird, versteckt er sich hinter ihr.
Droch verspricht mir, mit seinem Freund Zuckerbrot über den Ermittlungsleiter im Vergewaltigungsfall zu sprechen. Morgen haben die beiden ihr traditionelles wöchentliches Mittagessen. Das gibt es jetzt schon seit mehr als dreißig Jahren.
„Unglaublich“, grinse ich.
„Wir waren immer flexibel. Bei Urlaub, Hochzeitsreisen – bei ihm waren es gleich zwei –, bei schwerwiegenden beruflichen Vorkommnissen haben wir unsere Treffen ausfallen lassen“, präzisiert Droch.
Es muss schön sein, einen so fixen, verlässlichen Freund zu haben. Ich habe Oskar. Ich habe Vesna. Ich habe Droch. Ich … ich muss jetzt nicht alle meine Freundinnen und
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