Maennerfallen - Ein Mira-Valensky-Krimi
und sehe nach, ob das Eis schon fest ist. Ich bin so zwischendurch noch auf eine Idee gekommen: Paradeisereis zur ersten Vorspeise. Ich habe Tomatenmark in etwas Olivenöl angeröstet, es überkühlen lassen und mit ein wenig Obers glatt gerührt. Dann einfach den Rest vom Obers mit Sahnesteif nicht zu fest auf-schlagen, die Paradeisercreme einrühren und frieren.
Ich gebe den Druckbefehl, neben Oskars Schreibtisch springt der Drucker an. Schöne neue drahtlose Welt. Wenn ich schon am Computer bin, sollte ich noch einmal einen Blick auf die E-Mails werfen. Der Sturm ebbt ab. Gut so. Die Aufgeregten und Betroffenen melden sich gleich oder lassen es bleiben. Ich wünsche Nicole, dass der Medienhype bald vorbei ist. Man kann davon auszugehen. Zumindest solange nichts Neues passiert. Vielleicht bis zum Prozess.
Eine Absenderadresse mit pppauer und einem deutschen Servernamen. E-Mail-Adressen lassen sich eben rasch basteln. Ich kann auch später lesen, was da für ein Unsinn drinsteht. Zum Beispiel morgen. Dann bin ich doch zu neugierig dazu.
„Guten Tag, Frau Valensky. Ich habe gesehen, dass Sie um ein Interview mit mir angefragt haben. Ich reise übermorgen zu einem Literaturfestival nach Gavoi in Sardinien. Dort könnte es sein, dass ich Zeit finde, mit Ihnen zu sprechen. Mit freundlichen Grüßen, Thomas Pauer.“
Ist das jetzt echt? Ich google und finde tatsächlich ein Literaturfestival in den sardischen Bergen. „L’Isola delle Storie“ – Insel der Geschichten. Was es nicht alles gibt … Unter den teilnehmenden Autoren ist auch Thomas Pauer aufgelistet. Bisher hat sich Alpha Books immer via Öffentlichkeitsabteilung bei mir gemeldet. Wie finde ich heraus, ob es wirklich Thomas Pauer ist, der mir geschrieben hat? Ich antworte.
„Herzlichen Dank. Ich bin sehr daran interessiert. Wie Sie verstehen werden, muss ich wissen, ob es sich bei der E-Mail-Adresse um Ihre handelt oder ob sich jemand einen Scherz mit mir erlaubt. Ich bitte daher um Rückruf.“
Dazu dann noch meine Telefonnummer und freundliche Grüße.
Sardinien. Karl Simatschek ist in Sardinien. Versucht er mich aus irgendeinem Grund zu foppen? Aber auch wenn die Sache mit dem Bestsellerautor und der versuchten Vergewaltigung um die halbe Welt gegangen ist … Warum sollte Karl wissen, dass ich ein Interview mit Pauer will? Es ist naheliegend. Nur: Was soll das für ein Scherz sein? Da ist es noch wahrscheinlicher, dass mich jemand anderer dorthin locken will. – Um mich auszubremsen? – Um mir einen Vortrag über die wahre Berufung der Frau zu halten? Hm. Ich könnte Karl in Sardinien treffen. Ein netter Gedanke. Es täte mir ausgesprochen gut, rauszukommen. Ob das „Magazin“ die Recherchekosten übernimmt? Wenn ich wirklich ein Interview mit Pauer kriege, wohl schon. Trotzdem fragt sich: Warum sollte er ausgerechnet mir eines in Aussicht stellen? Es hat genug Medienleute gegeben, die deutlich freundlicher über ihn und sein Buch berichtet haben. Und ich hatte nicht den Eindruck, dass mir Farah Seifried besonders gut gesonnen ist. – Warum hat er sich gemeldet und nicht sie?
Es läutet. Vesna und Jana sind die Ersten, die kommen.
Eigentlich sollte heute Abend ja mein Essen im Mittelpunkt stehen. Stattdessen starren wir zu dritt auf den Bildschirm und überlegen, ob die E-Mail tatsächlich von Pauer stammt und was das bedeutet. – Darf er überhaupt ausreisen? Immerhin wird gegen ihn ermittelt. Wenig später analysiert Oskar die Nachricht mit uns, ohne neues Ergebnis. Zumindest das mit der Ausreise kann er uns erklären: Wenn man davon ausgeht, dass ein Verdächtiger zurückkommt und für notwendige Ermittlungen zur Verfügung steht, kann man ihn auch ins Ausland lassen. Je schwerwiegender ein Fall, desto eher verhängt die Staatsanwaltschaft ein Ausreiseverbot.
„Das heißt, sie stufen den Fall als nicht besonders schwerwiegend ein“, stellt Jana fest.
„Es scheint so“, sagt Oskar diplomatisch.
Jana holt Luft und sagt dann doch nichts. Ich bin ihr dankbar. Was kann Oskar für unsere Justiz?
„Oh, eine Menükarte!“, ruft Vesna.
„Viel appetitlicher, wenn wir uns damit beschäftigen“, stimmt Jana zu. Sieht aus, als wären alle um einen friedlichen Abend bemüht. Das wäre nett, wirklich sehr nett.
Es läutet wieder. Diesmal kommen Sandra Alman, ihr Mann und Carmen. Sie haben sich zufällig vor der Tür getroffen. Carmen kennt Brunner, das stellt sich bei der allgemeinen Begrüßerei heraus.
„Na klar“, lacht sie.
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