Maennerfallen - Ein Mira-Valensky-Krimi
Olivenöl liegen. Ich koste eine. Meine Fischchen stammen aus Spanien, denen dort geht’s zwar wirtschaftlich nicht besonders gut, aber vom Essen verstehen sie etwas.
Der Bio-Ziegencamembert, den ich auf dem Karmelitermarkt gekauft habe, liegt schon in einem Eck der Arbeitsfläche. Er soll bis zum Abend gemütlich weiterreifen.
Sieht aus, als käme ich wirklich nicht in Stress. Ich gehe zum Laptop. Sechsundzwanzig neue Mails! Ein herkömmlicher Briefkasten wäre übergequollen. Über meine E-Mail-Adresse in der Redaktion bin ich faktisch für alle erreichbar. Das Heft ist erst seit zwei Stunden am Markt.
„Grausliche Emanze, wenn man dich ansieht, dann weiß man, warum du die Männer hasst! Weil dich keiner will!“
Na entzückend.
„Nicole ist eine Hure. Ich habe das der Polizei schon mitgeteilt. Sie können von mir immer nähere Details erfahren!“
Was folgt, ist eine Telefonnummer. Ich werde mich hüten.
„Gib es zu, du stehst auf diesen Pauer! Der kann es dir so richtig besorgen!“
Ein Hotmail-Absender. So eine Adresse kann man rasch und quasi anonym kriegen.
Maggy Körmer.
„Danke, dass Sie meine Presseerklärung zumindest auszugsweise veröffentlicht haben. Ich würde Sie bitten, mich bei Veränderungen des Textes in Zukunft zu kontaktieren.“
Was soll das jetzt? Ich habe nichts am Inhalt verfälscht, ich habe nur das eine oder andere Wort vermieden. Sagt sie jetzt danke, oder regt sie sich auf? Quatsch. Ist nicht weiter wichtig.
„Vielen Dank, dass Sie endlich das Opfer zu Wort kommen lassen. Es war höchste Zeit!“
Juhu. Solche Meldungen gibt es auch.
„Ich fühle mit der Studentin. Ich bin selbst ab dem Alter von fünfzehn Jahren vergewaltigt worden. Ich habe nie die Möglichkeit gehabt, mich dagegen zu wehren. In den letzten Jahren hatte ich immer mehr psychische Probleme, die darauf zurückzuführen sind, obwohl alles schon mehrere Jahrzehnte zurückliegt. Ich war auch schon bei einem Anwalt, aber der hat mir nicht geglaubt. Als letzte Möglichkeit sehe ich jetzt, dass ich mein Leben aufschreibe und als Buch veröffentliche. Sehr geehrte Mira Valensky, ich setze auf Sie, Sie werden mir mit Ihrer Bekanntheit und Ihrem Ruf sicher helfen können!“
O du liebe Güte. Wie soll ich ihr helfen? Wie geht man mit so etwas um? Oder ist die Frau bloß neurotisch? Darf ich so etwas denken? Ich gebe zu, ich habe überhaupt keine Lust, mich mit ihr in Verbindung zu setzen. Aber sie hofft auf mich, irgendjemand muss ihr doch helfen. Ich werde später darüber nachdenken. Oder heute Abend Sandra Alman fragen.
„Die Frauen sollen nicht auf der Straße protestieren, sondern in sich gehen und beten! Der Mord an ungeborenen Kindern muss aufhören.“
Wohl einer von den blassen Typen mit brennendem Blick, die vor Kliniken zum Schwangerschaftsabbruch lauern. Kinder, Küche, Kirche. Das Programm gibt’s immer noch.
„So sieht die Wahrheit der ‚Benachteiligung‘ von Männern aus! Management.Report 2012 der Arbeiterkammer Wien: Im Vorstand der österreichischen Top-200-Unternehmen sind nur 5,1 Prozent Frauen vertreten. Bei den börsennotierten Unternehmen liegt der Frauenanteil sogar unter diesem Durchschnitt. Hier werden nur vier Frauen (1,7 Prozent) im Vorstand gezählt! Bitte berichten Sie darüber!“
Die Mail ist von einem Mann gekommen. – Ein gutes Zeichen? Ja. Doch.
Ich muss zurück zu meinem Menü.
Den Ingwerschaum habe ich gestern ausprobiert, er funktioniert tatsächlich. Und schmeckt. Mein Anklang an die Molekularküche. Wenn auch ohne irgendeines ihrer mehr oder weniger chemischen Zusatzmittelchen. Na gut, der Hype rund um flüssigen Stickstoff und Kunstsubstanzen ist ohnehin vorbei. Wenn sogar Ferran Adrià seinen Zaubertempel zusperrt und ein Buch darüber schreibt, was er und seine Köche dort gegessen haben … echte fette Aioli und so Zeug. Mir rinnt das Wasser im Mund zusammen. Die Schokolade: Da habe ich mir etwas ausgedacht, das auch ich als Dessert-Muffel hinkriegen könnte. Was ist, wenn ich Strudelteig nehme, ihn einfach in Quadrate schneide, rasch backe und darauf dann dunkle Schokolade pinsle? Müsste eigentlich knusprig sein … und dazu dann der Schaum. – Nur dumm, dass im Backrohr schon das Lamm ist. Falscher Ablauf, Mira! Ich hätte zuerst den Strudelteig backen müssen! Andererseits: Ganz oben im Rohr ist noch Platz. Ohnehin Zeit, die Temperatur auf 90 Grad zu reduzieren. Ich warte einfach, bis sie von 250 auf rund 200 Grad gesunken ist, schneide unterdessen den
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