Maennerfallen - Ein Mira-Valensky-Krimi
Terrasse gibt es eine drahtlose Netzwerkverbindung, man ist auch im sardischen Hochland nicht stehen geblieben. Aber ich schicke das Interview noch nicht ab. Warum, weiß ich selbst nicht. Interviews mit Pauer gibt es viele, nach dem heutigen und dem morgigen Tag wohl noch um einige mehr. So sensationell war unser Gespräch auch nicht, dass es jemand stehlen würde. Aber doch ganz interessant. Wahrscheinlich will ich nicht, dass man mich heim beordert. Ich warte. Ohne zu wissen, worauf.
Ich stecke den dritten USB-Stick in ein Kuvert mit meiner E-Mail-Adresse und bitte den freundlichen Italiener, ihn Pauer aufs Zimmer zu legen. Er hebt interessiert eine Braue und nickt dann. Ich bin gespannt, ob Pauer mit allem einverstanden ist. Bis zur Veranstaltung sind es noch vier Stunden. Es soll einen großen Hotelpool geben … Ich streife durch den verwilderten Garten. Hohe Bäume, dürres Laub auf dem Boden. Dahinter ein niedriges Gebäude. Und der Pool. Wunderbar, er ist wirklich groß, fünfundzwanzig Meter lang, nehme ich an. Rundherum eher skurriler Kunstrasen. Und einige Liegen. Außer einer italienischen Familie mit drei Kindern, einer schlanken Frau mit großem Hut, wallendem Kaftan und Sonnenbrille unter einem Sonnenschirm, die will wohl um alles in der Welt vermeiden, dass sie braun wird, sowie zwei Männern, die in einer schattigen Ecke leise und ununterbrochen aufeinander einreden, ist niemand da. Ich will gar nicht wissen, wer sie sind und was sie sich zu sagen haben. Klingt, als redeten sie Deutsch. Ich schnappe mir eine Liege und lasse mich kurz in der Sonne braten. Dann hole ich mir doch auch einen Sonnenschirm. Ich schätze die Temperatur auf deutlich über dreißig Grad. Soll ich mit meinem aufgeschlagenen Knie ins Wasser gehen? Ich tapse langsam zur Leiter, setze vorsichtig einen Fuß drauf, dann den anderen, klettere eine Stufe nach unten. Au, das zieht ganz schön. Aber es schmerzt eigentlich nicht. Wenn ich so viel schönes Wasser sehe, will ich rein. Ich tauche das Knie unter. Okay, brennt ein wenig, aber das ist alles. Ich mache einige vorsichtige Schwimmzüge. Herrlich! Nur das dumme Bein fühlt sich immer mehr an, als würde es durch Salzsäure gezogen. Nach zwei Runden klettere ich heraus und strecke mich wieder faul und ohne schlechtes Gewissen unter dem Schirm aus.
„Sicher nicht“, schreit die sonnenfest Verpackte in ihr Telefon. Ich sehe interessiert hin. Wenn mich nicht alles täuscht, dann ist das Pauers Frau. Und sie scheint alles andere als glücklich zu sein. Leider hat sie ihre Stimme wieder gedämpft, ich verstehe nicht, was sie sagt. Klar ist: Es handelt sich nicht eben um ein freundliches Gespräch. Sie faucht, dann schleudert sie das Telefon in die große Tasche neben ihrer Liege. Sie kramt wieder danach. Sieht sich um. Ich tue, als würde ich schlafen. Wird sie noch einmal telefonieren? Wie komme ich näher an sie heran? Jetzt hat sie ein Taschentuch in der Hand, schnäuzt sich, fummelt damit unter der großen Sonnenbrille herum, ohne sie abzunehmen. Mit wem hat sie gesprochen? Klar, es muss nicht Pauer gewesen sein. Sie steht auf, sieht sich noch einmal um und rauscht ab.
Als ich dann doch relativ spät zum Shuttlebus renne, sehe ich, dass er ziemlich umlagert ist. Auch die beiden Männer vom Pool wollen mit. Ich bekomme gerade noch einen Platz. Der Typ, der neben mir sitzt, hat ein Kärtchen umgehängt, das ihn als „Autore“ ausweist. Er nickt mir zu. „Frank Grohem. Mal schauen, was dieser Pauer sagt, damit man sich selbst ein Bild machen kann. Meine Weltsicht ist das nicht, nur damit das klar ist.“ Ich lächle und stelle mich auch vor.
„Eine der Jägerinnen des großen Stars?“ Das kommt einigermaßen spöttisch. „Ich hab schon Bestseller geschrieben, da hat der noch in die Windeln geschissen, mit Verlaub gesagt.“
Frank Grohem … noch nie von ihm gehört.
Ich schlendere Richtung Piazza. Nicht mehr und nicht weniger Rummel als gestern. Knapp vor dem Eingang ein kleiner Vorplatz. Und dann schnappe ich nach Luft. Da ist Maggy Körmer. Ich täusche mich nicht. Feuerrote Haare, massive Gestalt mit funkelnder Hornbrille. Sie hält gemeinsam mit zirka zwanzig Frauen Transparente in die Höhe. Teils in Deutsch, teils in Italienisch. Teils in Englisch.
„Keine Bühne für Vergewaltiger!“ und: „Stoppt Gewalt gegen Frauen!“ Ich gehe rüber, sie winkt mir.
„Sie sind auch überall“, sage ich einigermaßen wertfrei.
„Ich muss überall sein“, antwortet
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