Männerfrei: Roman (German Edition)
hintereinander den Laufpass bekommen.«
» Wirklich?«, hakt sie nach und sieht mich mit neuem Interesse an. » Wie zum Teufel hast du das überlebt?«
» Ähm… Ich habe einfach weitergemacht und eben immer das Beste gehofft, schätze ich. Und im Moment, tja, habe ich offiziell keine Dates mehr. Ich nehme eine Auszeit von den Männern. Da ich immer die falschen Entscheidungen treffe, treffe ich lieber gar keine mehr. Ich darf mich nicht mehr mit Männern verabreden, weder zufällig noch absichtlich, und das drei Monate lang.« Ich mache eine kurze Pause. » Ähnlich wie eine Nonne.«
» Gefällt mir, die Idee«, sagt Anna. » Das ist wahrscheinlich die einzige Möglichkeit. Das Einzige, was funktioniert. Man kann nämlich noch so sehr aufpassen, am Ende ist man immer die Dumme. Achtzehn Jahre ist es her, dass ich meinen ersten Freund hatte. Ich habe das alles so satt…«
» Genau.« Ich nicke. Das ist irgendwie süß. Anna und ich haben uns noch nie so unterhalten. » Ich muss jetzt los zur Arbeit, Anna… Kommst du klar? Hast du eigentlich heute Abend schon was vor? Mitch, ein Freund von mir, gibt eine Party, falls du Lust hast…«
» Oh, danke, aber ich fahre nach Edinburgh zu meiner Mutter«, entgegnet sie und stemmt sich hoch in eine Sitzposition. » Ich sollte mich besser auch fertig machen. Die guten Leute von Unilever kommen nicht ohne mich zurecht.«
Ich frage mich, was Anna beruflich macht. Eigentlich sollte ich es wissen. » Okay, gut, dann viel Spaß«, meine ich. Ich beuge mich zu ihr vor und umarme sie ungeschickt. Ihr Gesicht wird gegen mein Schlüsselbein gedrückt. Mist. Nichts Blöderes als eine verpatzte Umarmung. » Ich hoffe, du fühlst dich bald wieder besser.«
» Danke«, sagt sie und steht von der Couch auf. » Vielleicht sollte ich es auch mit einer Männerpause versuchen.«
Ich drehe mich lächelnd in der Tür um. » Ja, vielleicht kann das nicht schaden!«
Auf dem Weg zur Arbeit denke ich an das erste Opfer meines Enthaltsamkeitszölibats gestern Abend. Mr. America war sehr selbstsicher gewesen, sehr süß und sehr witzig. Genau der Typ Mann, auf den ich stehe. Doch zum Schluss hat er sich als ein arroganter Arsch entlarvt, der schnell seine Selbstbeherrschung verlor. Ohne Zweifel ein Vollidiot, ein klassischer Scheißkerl.
Wäre ich mit ihm ausgegangen, hätte er mich sicher mit seinem guten Aussehen bezaubert, mit seinem Selbstbewusstsein beeindruckt, mit schönen Worten verführt– und schließlich nach ein paar Monaten abserviert, wenn er von mir genug gehabt hätte. Das weiß ich, weil das jedes Mal so war. Das habe ich gut gemacht. Ich komme mit dem Männerverzicht ganz gut klar. Ich kann sogar noch besser werden darin.
Plötzlich fühle ich mich unheimlich glücklich. Stark und glücklich. Ich hüpfe fröhlich eine kleine Treppe herunter und klatsche mich selbst ab. (Das geht so: Man springt in die Luft und klatscht, indem man eine Hand in Kopfhöhe ausstreckt und die andere von unten dagegenschlägt. Es sieht seltsam aus, aber es fühlt sich toll an. Ich kann es nur wärmstens empfehlen.) Ein Mann, der mir entgegenkommt, zuckt instinktiv zurück, als wollte ich ihn schlagen, und ich muss kichern. Tag zwei meiner Männerpause fängt bereits gut an.
Ich betrete das Büro mit meinem auf mich persönlich abgestimmten Kaffee. Als ich sehe, dass Andy noch nicht da ist, flöte ich ein lautes » Guten Mooorgen!« und gehe an meinen Schreibtisch. Laura hebt den Kopf und sieht mich mit schmalen Augen an.
» Du siehst heute so anders aus! Hat das einen Grund? O-oh, ich wollte es dir schon die ganze Zeit sagen– aber wie denn, ich habe dich ja nicht mehr gesehen. Dabei dachte ich gestern Abend, ich hätte dich gesehen. Aber das warst nicht du. Die Frau sah dir auf den ersten Blick unheimlich ähnlich, und ich habe mich gefragt: › Was macht Sass denn in Hackney? ‹ Denn du wohnst ja in Putney.«
» Pimlico«, verbessere ich. » Und… Was willst du mir unbedingt sagen?«
» Oh! Genau! Coop will dich sehen. In seinem Büro, äh, es ist ja kein Büro, aber du weißt schon, an seinem Schreibtisch. Er ist nämlich da.«
» Danke, Laura«, brummt Cooper von der anderen Seite des chinesischen Wandschirms, der ihn von uns Normalsterblichen trennt. Wirklich albern, er kann nämlich alles hören.
Ich gehe um den Wandschirm herum und nehme mit einem fröhlichen Morgengesicht Platz, das ihn sicher ärgert. Coop war früher einmal, in den Achtzigern, ein gut aussehender Mann, denke
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