Männerfrei: Roman (German Edition)
ich. Er spielte in einer mäßig erfolgreichen New-Wave-Band. Dann, in den Neunzigern, feierte er mit Oasis und Blur wilde Partys (nun, vielleicht nicht mit ihnen persönlich, aber ganz in ihrer Nähe). Das ließ ihn schnell altern, und er sah ziemlich verlebt und aufgedunsen aus. Um jene Zeit hat er in der Werbung angefangen. Nun hat er eine deutsche Freundin, Marlena, ein ehemaliges Model und neuerdings Schmuckdesignerin, die biodynamisch isst, lebt, atmet und Coop zwingt, dasselbe zu tun. Heute ist er ein wandelndes Beispiel für eine gesunde Lebensweise.
Normalerweise ist Coop immer ein wenig zerstreut und leicht gereizt, aber wenn er sich auf eine Sache konzentriert, macht es Spaß mit ihm. Ich glaube, das liegt daran, dass das Texten zu den wenigen Dingen zählt, die er gerne macht. Außerdem hält er große Stücke auf meine Arbeit, was immer angenehm ist, und ich denke, dass ich daher gegenüber Coop selbstbewusster als gegenüber meinen Kollegen auftrete. (Wie hatte mein Grundschullehrer in mein Zeugnis geschrieben: » Sarah reagiert gut auf Lob und Anerkennung.« Hihi.) Und in all den Jahren hat Coop immer ganz toll reagiert, wenn ich nach einer Trennung wie ein Häufchen Elend heulend im Büro saß, auch wenn er hinterher immer behauptet hat, sich an nichts mehr zu erinnern.
» Du. Text-Ass. Erklär mir mal, was zum Teufel dieser Pfusch hier soll.«
Wenn Coop » Pfusch« sagt, meint er nicht harmlose kleine Fehler, sondern Mangel an kreativen Ideen. Ich setze mich neben ihn, und wir diskutieren über den Pfusch. Währenddessen höre ich Andy kommen. Seltsam, allein schon seine Stimme lässt mich schaudern.
» Gibt es noch was zu berichten?«, fragt Coop und überfliegt ein letztes Mal den Pfusch.
Ich schüttle den Kopf. » Nein.«
Das ist gelogen, aber da er mich nicht ansieht, merkt er es nicht. Ein Glück. Er hätte mir die Geschichte mit Andy in weniger als einer Minute aus der Nase gezogen.
» Gut. Schön zu wissen, dass du nach dem Rechten schaust, wenn ich nicht da bin. Bei dir ist der Laden in sicheren Händen«, lobt er mich und schreibt etwas in sein Notizbuch, das er immer mit sich herumträgt. » Hast du in den nächsten paar Monaten einen Urlaub geplant? Oder ein verlängertes Wochenende?«
» Nein.« Ich zucke mit den Achseln. » Ich habe zurzeit keinen Freund«, füge ich erklärend hinzu.
Coop sieht auf, runzelt die Stirn und geht über meine Bemerkung hinweg. » Ich brauche dich vielleicht, um die Deutschen zu betreuen. Sie werden in nächster Zeit häufiger zwischen Berlin und London pendeln.«
» Ich? Ich soll mich um potenzielle Neukunden kümmern?«
» Ja, und du wirst ihnen preiswürdige Entwürfe präsentieren.«
Er beginnt, mich einzuweihen. Wie es aussieht, geht es um die Firma Blumenstrauß, einen großen deutschen Hersteller von Hygieneartikeln– Tampons und Zahnpasta und Rasierer, oje!–, der vier seiner erfolgreichsten Produkte im nächsten Jahr in Großbritannien einführen möchte. Es ist geplant, dass wir gemeinsam mit den Deutschen in den nächsten Monaten eine Werbekampagne ausarbeiten, und wenn unsere Entwürfe ankommen, kriegen wir den Auftrag. Eine Art Feuerprobe. Mir wird schnell klar, dass es hier um einen sehr großen Auftrag geht. Das könnte der Agentur einen ungeheuren Impuls geben, und Coops Karriere erst recht.
» Das ist ja super, Coop«, sage ich. » Ich kann es kaum erwarten.«
» Dachte ich mir, dass dir das gefällt«, entgegnet er. » Tatsächlich, Text-Ass, möchte ich, dass du das Projekt leitest.« Ich? Mir verschlägt es die Sprache. Coop wirft einen Blick auf seine Uhr. » Ich bin spät dran. Trommle die ganze Belegschaft zusammen, und informiere sie über das Projekt. Sag ihnen, dass in den nächsten paar Monaten jede Menge Arbeit auf uns zukommt. Das bedeutet viele Überstunden, da wir die anderen Kunden nicht vernachlässigen wollen.«
Ich soll die schlechte Botschaft überbringen? Und die nächste Auseinandersetzung nach dem Drama mit Andy am Mittwoch provozieren? » Äh…«, beginne ich, während ich fieberhaft überlege, wie ich da wieder rauskomme. Der Hund hat meine Rednerstimme gefressen? » Warum schickst du nicht eine E-Mail an alle? Wäre es nicht besser, wenn du selbst die anderen informierst?«
» Nein«, widerspricht Coop und steht auf. » Solche E-Mails liest doch keiner richtig durch. Nichts ersetzt die persönliche Ansprache. Scott weiß bereits Bescheid.« Scott ist unser Account Director, ein redegewandter Typ,
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