Männerfrei: Roman (German Edition)
genauer darüber nachdenke, jede Begegnung mit Rick, als es dem Ende zuging.
Hm.
Mein Mantra hat heute Morgen definitiv funktioniert. Alle taten so, als, nun, ich will nicht übertreiben, aber… als wüsste ich, wovon ich rede. Doch das lag nicht am Mantra. Ich wusste tatsächlich, was ich tue, und die anderen wussten es auch. Immer schön lächeln, bis man am Ziel ist. Ich habe es geschafft. Ich habe es tatsächlich geschafft, verdammt.
Heute habe ich einen guten Tag. Mehr als gut.
Einen fantastischen Tag.
Während ich meinen Gedanken nachhänge, starre ich minutenlang die Wand an, bis mir bewusst wird, dass es schon zehn vor fünf ist, und mein Text muss um halb sechs fertig sein. Ich verdränge alles andere aus meinem Kopf und beende den Newsletter, lese Korrektur und schicke ihn schließlich dem Account Manager. Oh, dieser Adrenalinstoß, wenn man die Deadline gerade noch geschafft hat.
Übrigens ist mir bewusst, dass ich meine eigene Regel breche, niemals über die Arbeit (beziehungsweise Träume) zu reden. Keine Sorge. Das Wochenende steht vor der Tür. Und am Wochenende denke ich eigentlich nur darüber nach, was ich anziehe und wohin ich feiern gehe. (Und in früheren Zeiten mit wem ich ausgehe.) Auf dem Weg zur U-Bahn mache ich ein paar fröhliche Hüpfschritte. Kurz darauf laufe ich auf der Brewer Street vor dem Crown direkt Cooper in die Arme, der gerade mit einem Pint herauskommt, und renne ihn fast über den Haufen. Ich persönlich setze keinen Fuß mehr ins Crown. Dort hat der schlaue Henry mit mir Schluss gemacht.
» Coop! Sorry!«, rufe ich lachend. » Ich hab’s eilig, ich muss die Bahn kriegen…«
Cooper grinst mich an. » Und darum hüpfst du wie ein Känguru?« Ich muss wieder lachen und drehe den Kopf zu seinem Begleiter. Mitte dreißig, sehr schöner grauer Anzug, die Haare einen Tick zu lang. Ausgeprägte Wangenknochen und himmelblaue Augen. Ich reiße mich schnell zusammen und sehe wieder Cooper an, der uns jetzt einander vorstellt. Der Name des Unbekannten ist Lukas, und er wird in Kürze von Berlin nach London ziehen, um seine neue Stelle als Geschäftsführer der britischen Niederlassung von Blumenstrauß anzutreten. (Das erklärt die europäische Frisur.)
» Oh, das freut mich«, erwidere ich. » Wir haben heute den ganzen Tag über Ihre Firma gesprochen.«
» Ich rede seit acht Wochen über nichts anderes mehr, seit ich dort angefangen habe«, entgegnet Lukas lächelnd und blickt mir tief in die Augen. » Bitte, lassen Sie uns über etwas anderes reden. Zum Beispiel darüber , was Sie trinken möchten.«
Flirtet der etwa mit mir? » Oh, ähm, ich würde ja gerne, aber ich muss nach Hause. Ich habe heute Abend schon was vor«, sage ich. (Regel Nr. 6 : Keine verkappten Dates.) » Trotzdem danke. War nett, Sie kennenzulernen. Wir sehen uns bald wieder.«
» Ja, das stimmt«, antwortet er. » Sehr bald.« Sein deutscher Akzent ist dezent und verleiht seiner Sprechweise einen hübschen zackigen Klang. » Ich wünsche Ihnen einen schönen Abend.« Ja, er flirtet definitiv. Er ist ein bisschen schleimig. Wahrscheinlich ein Scheißkerl.
» Bis Montag«, meint Cooper.
Ich flitze weiter zur U-Bahn und rekapituliere im Geist die Ereignisse des Tages, bis mir bewusst wird, dass ich versuchen sollte, von der Arbeit abzuschalten und darüber nachzudenken, was ich heute Abend anziehe. Normalerweise weiß ich das immer spätestens um zehn Uhr morgens. Oh Gott, was ist nur mit mir los?
Kapitel 7
Auf der Party herrscht bereits gute Stimmung, als Bloomie und ich gegen neun Uhr eintreffen. Unterwegs habe ich wieder meine Regeln für die männerfreie Zeit durchgelesen, anschließend das Blatt zusammengefaltet und sicher in meiner gelben Glückshandtasche verstaut. Ich habe beschlossen, es immer bei mir zu tragen.
Mitch wohnt in Chelsea an der Grenze zu Fulham, in einer erwiesen partytauglichen kleinen Wohnung. Es gibt eine saubere geflieste Küche, ein Wohnzimmer ohne Teppichboden– das ist eine wesentliche Voraussetzung, wie Sie mir sicher zustimmen werden– und einen nicht besonders schönen Garten, in dem man nichts ruinieren kann. Trotz der gemütlichen Enge passen mit dem richtigen sozialen Schmiermittel (Gin, Wodka, Bier, Wein) über hundert Leute in die Wohnung. Im Moment sind erst ungefähr fünfzehn Leute im Wohnzimmer, von denen die meisten das nie endende Partyspiel spielen, Nein, ich habe die bessere Musik auf meinem iPod, und ein paar weitere Gäste sind in der Küche. Dort
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