Männerfrei: Roman (German Edition)
Woche nicht mehr gesehen habe, nämlich seit dem vorletzten Wochenende bei dem Treffen mit unseren ehemaligen Freundinnen von der Uni. (Ein toller Abend: Wir waren auf einer Clubnacht mit dem Motto » Guilty Pleasures«, wo die besten schlechten Songs der vergangenen zwanzig Jahre gespielt wurden. Natürlich beinhaltete der Abend exzessiven Alkoholgenuss, an dem ich übrigens nicht beteiligt war. Ich zeigte stattdessen einfach meine besten Tanzfiguren aus den Achtzigern, bewies, dass ich jedes Wort von Dolly Partons »9 to 5 « auswendig kann, gab drei Möchtegernverehrern einen Korb und lag zu einer anständigen Uhrzeit, das heißt morgens um drei, ganz alleine brav in meinem Bett.)
Ach ja, ich habe vergessen, von Kate zu erzählen. Sie hat, was Sie wahrscheinlich nicht besonders wundert, Tray verlassen, nur wenige Wochen nach unserer Shoppingtour. Sie ist bei Bloomie eingezogen und hat die Trennung unglaublich gut verkraftet. (Ein weiterer Grund, warum ich in letzter Zeit seltener ausgehe– stattdessen machen wir hin und wieder ein gemütliches Essen bei den beiden). Ich habe Kate seit Jahren nicht so glücklich gesehen. Sie glaubt, sie hat um ihre Beziehung bereits getrauert, bevor es endgültig aus war, da sie monatelang weinte und um ihre Beziehung bangte. Sie sagt, seit sie ausgezogen ist, habe sie nur einmal geweint– nämlich als sie zurück in ihr gemeinsames Haus ging, um ihre Sachen abzuholen–, aber dass sie sich getröstet habe, indem sie sich immer wieder sagte: » Nur weil wir zwei nette Menschen sind, bedeutet das nicht, dass wir zusammenbleiben müssen. Ich will nicht mehr. Das ist die richtige Entscheidung. Es musste so kommen.«
Ob ihr Zustand stabil ist? Zumindest macht Kate einen stabilen Eindruck, allerdings ist sie auch ein beherrschter, zurückhaltender Mensch. Sie könnte kurz vor dem Durchdrehen sein, und wir würden nichts davon merken, wenn sie es nicht wollte.
Die meiste Zeit während meiner Joggingrunde denke ich an den Tag, der vor mir liegt. Um Viertel nach sieben muss ich spätestens zurück sein, um zu duschen und mich anzuziehen. Gott, ich liebe den Frühsommer im Juni. Der ist noch besser als der richtige Sommer, wenn man immer Panik hat, auch nur eine Sekunde lang die Sonne zu verpassen, da sie jederzeit wieder für ein halbes Jahr verschwinden kann.
Der Gedanke an die Arbeit verdrängt jegliche Stylingideen aus meinem Kopf, was in letzter Zeit immer wieder vorkommt, und ich finde mich wieder vor meinem Schrank– nach der üblichen Haare waschen/Haut schrubben/rasieren-Routine–, unfähig, mir etwas zusammenzustellen. Verdammter Mist, ich kann es nicht fassen, dass mir das schon wieder passiert. Ausgerechnet mir. Das ist, als wäre Casanova impotent geworden, denke ich. Richtig. Was soll ich heute anziehen?
Nichts Auffälliges, nichts Verspieltes, nichts Albernes. Etwas Praktisches.
Wow, habe ich das eben gedacht? Was zum Teufel ist los mit mir? Sei endlich kreativ, verdammt! » Praktisch« ist der Feind alles Guten und Anständigen in der Welt.
Okay. Katharine Hepburn beim Lunch. Dunkelblaue Hose mit hohem Bund und weiten Beinen, dazu ein blassgelbes kurzärmeliges Top. Die Haare zu einem losen Chignon zusammengesteckt. Rote Ballerinas für ein bisschen Pep. Dezentes Make-up mit ein bisschen gutem altem » Satin Taupe«-Lidschatten von M.A.C., nur so zum Spaß. Die Augenbrauen sind– ich schenke ihnen ein Lächeln und widerstehe dem Bedürfnis, ihnen eine Kusshand zuzuwerfen– absolut perfekt. Okay, ich bin bereit.
Ich sehe auf meinen Radiowecker. Es ist achtzehn nach sieben, was noch verdammt früh ist, aber ich möchte so schnell wie möglich ins Büro, um nochmals alles durchzugehen, bevor die anderen eintrudeln. Ich muss den Konferenzraum checken, die Präsentation doppelt kontrollieren und mir einprägen, wer was sagt. Um halb zehn findet eine Generalprobe statt, sodass genügend Zeit bleibt, um letzte Mängel zu beheben, sollte es welche geben, bevor die Deutschen um elf kommen. Ich bin nicht nur für die kreative Arbeit verantwortlich, sondern stelle sie auch in den Meetings vor. Cooper möchte, dass die Agentur sich als eine kreative Ideenschmiede präsentiert, und nicht als eine Textfabrik, die mit ihm steht und fällt. Shit! Ich muss dafür sorgen, dass Amanda, die Office-Managerin, Kaffee und Tee bereitstellt. Ich klappe das kleine Notizbuch auf, das ich seit ein paar Wochen mit mir herumtrage, und notiere es mir. Ich weiß, das ist sehr gewissenhaft und
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