Männerfrei: Roman (German Edition)
habe ein lautes Rauschen in den Ohren. Ist das eine Panikattacke? Ja? Ja? Oh, Scheiße, ist das wirklich eine?
Einatmen. Ausatmen. Ruhig aaa-tmen.
Ich konzentriere mich darauf, langsam zu atmen, und schließe die Augen. Es scheint zu funktionieren. Es ist keine Panikattacke. Verdammte Drama-Queen.
Ich gieße mir ein Glas Wasser ein und trinke es langsam, während ich den Blick durch die Küche schweifen lasse. Ich lebe in dieser alten kleinen Wohnung schon seit vielen Jahren, und mein Leben hat sich überhaupt nicht verändert.
Alle anderen dagegen sind in ihrem Leben weitergekommen, während ich noch immer hier hocke, Wodka trinke, dieselben Dinge und dieselben Fehler mache. Immer wieder. Und, wissen Sie, es sind eigentlich keine Fehler oder falsche Entscheidungen, sondern nur passive Reaktionen, die mich in dieser erbärmlichen Warteschleife festhalten. Ich kann weder vor noch zurück noch sonst wohin. Ich kann mir meine Zukunft nicht vorstellen, und ich weiß nicht einmal, wie ich sie mir wünschen würde, wenn ich es könnte.
Und wissen Sie noch was? Ich glaube, ich habe ganz normal angefangen. Aber irgendwo unterwegs habe ich mich verirrt. Wenn ich an meine Zeit mit Rick zurückdenke– und an die Zeit danach–, habe ich Mitleid mit mir armem Mädchen. Und wenn ich an die Zeit mit Posh Mark denke, wundert es mich nicht, dass ich ihn immer auf Abstand gehalten habe. Und von Jonathan und Robbie und Brodie und Henry will ich gar nicht erst anfangen. Jeder dieser Kerle hat mich sitzen gelassen. Und ich habe bei keinem damit gerechnet. Würden Sie nach solchen Erfahrungen nicht genauso denken wie ich? Keine Ahnung, ob ich beziehungsunfähig bin oder ob ich einfach nur verdammtes Pech hatte, aber eines weiß ich ganz sicher: Ich mache das nicht noch einmal durch. Ich kann einfach nicht.
ICH KANN NICHT.
Ich denke so laut, dass meine Hand unwillkürlich das Glas loslässt, das klirrend auf dem Boden zersplittert. Wie dramatisch, denke ich, während ich auf die Scherben starre.
Die Männerpause ist nun keine Schnapsidee mehr, sondern bitterer Ernst. Sie ist das einzige Mittel, das mich vor diesem Teufelskreis aus falschen Dates schützen kann, das Einzige, was mir helfen kann, meinen Verstand zu bewahren.
Ich werde mich strikt an die Regeln halten. Ich werde Orte meiden und Partys, wo ich Jake begegnen könnte. Irgendetwas ist zwischen uns, und das stiftet nur Verwirrung und würde zu einer Katastrophe führen, sollte jemals mehr passieren, weshalb ich ihn einfach völlig verdrängen sollte. Ich traue mir nämlich zu, dass ich wieder in dieselbe Falle tappe wie früher. Stattdessen werde ich mich lieber auf meine Arbeit stürzen und dieses Projekt mit den Deutschen klarmachen. Ich werde mich auf die Dinge konzentrieren, die ich unter Kontrolle habe, und herausfinden, was ich will, um es in die Tat umzusetzen.
Ich werde mein Leben ändern.
Kapitel 12
Nach dreimonatiger Männerpause wache ich morgens um sechs Uhr auf, strecke mich mit wohligem Stöhnen und lächle zur Decke hoch. Ich glaube nicht, dass ich jemals glücklicher war.
Tatsächlich, geht mir durch den Kopf, während ich die Turnschuhe für meine Morgenrunde schnüre, habe ich früher nicht einmal geahnt, dass es möglich ist, so glücklich zu sein. Und das habe ich alles meiner Männerabstinenz zu verdanken.
Und wissen Sie was? Mein Leben hat sich nicht groß verändert: derselbe Job, dieselbe Wohnung und so weiter. Aber ich habe die Art geändert, es zu leben. Ich habe mich verändert.
Als ich das Haus verlasse und meine Lieblingsjoggingroute durch Pimlico, über die Chelsea Bridge zum Battersea Park einschlage, schaue ich lächelnd zu dem herrlichen rosa-blauen Morgenhimmel hoch. Um falsch zu zitieren aus Das darf man nur als Erwachsener: Alles ist Platin. Erinnern Sie sich, dass ich an jenem ersten Samstagmorgen nach Mitchs Party mit dieser befreienden Klarheit aufwachte, die scheinbar mehr oder weniger eine direkte Folge davon war, dass ich mir keine Gedanken mehr um irgendeinen Kerl machte? Nun, das war erst der Anfang.
Nicht nur, dass ich nicht am Boden zerstört bin und irgendeinem Idioten hinterhertrauere, auch geht mir alles unheimlich leicht von der Hand. Ich habe sehr viel gearbeitet und es seltsamerweise genossen. Die Meetings mit den Deutschen alle zwei Wochen sind sehr gut gelaufen, und ich denke, wir bekommen den Auftrag. Coop ist ganz von mir begeistert. Andy, unser fieser Art Director, hält sich tunlichst von mir fern. Ich
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