Männerküsse: homoerotische Geschichten (German Edition)
vielleicht.
Wenn ich nachts zu Hause im Bett lag, schloss ich die Augen und sah ihn sofort vor mir. Ich wusste, dass es nicht gesund war, so oft zu wichsen. Ich meinte mal gehört zu haben, dass man davon blind werden konnte. Ich schätzte, ich war ein hoffnungsloser Fall. Ich nahm mich in die Hand. Mein Schwanz war riesig und prall, ich würde nicht lange brauchen. Ob es ihm bewusst war, dass er die Vorlage von Tausenden von feuchten Träumen war? Sowohl von Frauen, als auch von Männern? Wie verbrachte einer wie er seinen Alltag? Was war, wenn man ihn im Supermarkt vor dem Gemüseregal erkannte? Ich schweifte ab. Der Tag im Gericht war anstrengend und ich wollte jetzt nur noch schlafen. Nun ja, zuerst wollte ich kommen und dann schlafen. Ich rief ihn mir vor Augen.
Francis J. Twain. Das begehrteste männliche Model des Planeten. Unschuldige vierundzwanzig Jahre jung, 1,86 Meter groß, achtundsiebzig Kilogramm. Makelloser Körper; teilweise mit eisernem Willen erarbeitet, teilweise von Gott mit den besten Genen gesegnet. Nicht nur gutaussehend oder hübsch, sondern schön. Abgefuckt schön! Wie eine antike Statue eines römischen Künstlers. Gebräunt, als würde die Sonne nur seinetwegen scheinen. Augen, so klar, wie der Pazifik an einem frostigen, windstillen Januartag. Daher auch der Spitzname Blue Eyes Boy. So unglaublich attraktiv, dass das Wort metrosexuell neu erfunden werden müsste. Skorpion – mir scheißegal. Single – wer es glaubt. Aufgewachsen auf dem ödesten Stück Land, im tiefsten mittleren Westen – genau wie ich. Blitzkarriere nach Entdeckung beim Kellnern in einer Cocktail-Bar – wie viel Glück kann ein einzelner Mensch haben?
Derzeit war er in 40 mal 90 Metern Größe als monströses Plakat an ausgesuchten Häuserwänden zu sehen. Das Bild war eine unverschämte Offenbarung geheimster Fantasien: Fotografiert in der Abenddämmerung am Strand von Maui. Mit dem Rücken noch halb im Wasser liegend, auf die Unterarme gestützt, den Kopf nach hinten in den Nacken gestreckt, die Haut an Bauch und Torso so fest, dass man Steine darauf zerbrechen könnte, die Wassertropfen matt schimmernd im Gegenlicht der untergehenden Sonne. Dabei nichts weiter anhabend, als eine schwarze enge Badehose und eine der exklusivsten Sonnenbrillenmarken der Welt – deren Name ich mir jedoch nie gemerkt habe und der auch vollkommen irrelevant war.
Im Kopf konnte ich das Meer rauschen hören, wie es leise plätschernd seinen Körper umspielte. Ich konnte den Sand knirschen hören, wenn er sich auf ihm bewegte. Dann lag ich mit einem Mal unter ihm und konnte sein Gewicht auf mir spüren. Seinen Atem an meinem Hals, seine Hände an meinen Hüften, seine Erektion zwischen meinen Schenkeln, seine Stimme an meinem Ohr, wie er mich nur mit Worten so willig machte, dass ich …
Kehlig stöhnend spritzte ich mir über die Hand und auf den Bauch. Ich liebte Orgasmen mit ihm. Ich schämte mich nicht dafür. Wahrscheinlich war er so selbstverliebt, dass er sich selbst als Vorlage nahm. Oder irgendeine austauschbare Blondine mit dicken Titten. Doch das war mir egal. In meine Fantasie hatte keiner reinzureden.
Am nächsten Morgen, auf dem Weg zur Arbeit, kam dann unerwartet der Schock. Sie waren dabei, die Planen des Plakats abzunehmen. Das konnten die doch nicht einfach so tun, oder? Die Schweine würde ich verklagen! Es hing jetzt erst wie lange da? Ich sah auf das Datum an meiner Uhr. Zwei Monate, drei Wochen und sechs Tage. Viel zu kurz, wenn man mich fragte. In dem Moment wusste ich, dass der Tag mies werden würde.
Am Abend auf dem Heimweg, war er vollkommen verschwunden. Ich würde mir mit Sicherheit keine der beschissenen Sonnenbrillen kaufen. Das hatten die nun davon. Nun hieß es warten. Bis zu seinem nächsten Auftrag. Ich war gespannt, was es sein würde. Ein Pflegeprodukt? Sportschuhe? Die neueste Kreation eines Herrenausstatters? Ich würde mich überraschen lassen und begnügte mich in der Zwischenzeit mit meiner Erinnerung, die mir niemand wegnehmen konnte.
Am Samstag befand ich mich auf einer Abendgesellschaft meines Geschäftspartners Schrägstrich Chefs. Der Mann, dem die Kanzlei gehörte, in der ich arbeitete. Unter den Gästen konnte ich bereits zwei One-Night-Stands von mir ausmachen. Das könnte interessant werden, wenn die beiden aufeinandertreffen würden. Eigentlich hatte ich keine Lust auf diese Party, aber ich war verpflichtet zu lächeln und meinen Arbeitgeber in den Himmel zu loben. Wobei ich
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