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Männerküsse: homoerotische Geschichten (German Edition)

Männerküsse: homoerotische Geschichten (German Edition)

Titel: Männerküsse: homoerotische Geschichten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Juna Brock , Stefanie Herbst
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vielleicht könnten wir …« Mathew hielt inne. Heute Abend ausgehen , wollte er sagen, fürchtete sich aber vor einer Zurückweisung. Vermutlich war ihr kleines Intermezzo für Tom nichts weiter als ein netter Spaß und Zeitvertreib gewesen.
    »… uns morgen wieder sehen?«, brachte Tom den Satz zu Ende. »Gleiche Zeit, gleicher Ort?«
    Mathew sah auf ihn hinab und hätte beim Anblick des strahlenden Lächelns nichts lieber getan, als Tom unter den Armen gepackt und ihn gleich mit zu sich nach Hause genommen. Es war schon eine Ewigkeit her, dass Mathew einen Freund hatte, und er sehnte sich nach den einfachen Dingen, wie morgens nebeneinander aufzuwachen und nicht mehr alleine zu sein. Aber wollte Tom das auch?
    Der beißende Gestank des Desinfektionsmittels, den Mathews Nase in den letzten Minuten ausgeblendet hatte, traf ihn stärker als zuvor. Ein Blick um sich herum ließ Mathew schaudern. Die Firmentoilette war nun wirklich nicht der Ort, an dem er Tom gerne wieder sehen würde. Und dennoch nickte er schließlich und sagte: »In Ordnung«.
    Toms Augen funkelten, als hätte er gerade im Lotto gewonnen. Noch bevor Mathew die Tür öffnen konnte, wurde er sanft am Handgelenk ergriffen, hinuntergezogen und bekam einen so behutsamen Kuss auf die Wange platziert, dass seine Knie drohten zu versagen. Toms Lippen fühlten sich an wie Seide.
    »Bis morgen«, flüsterte dessen dunkle Stimme in Mathews Ohr. »Ich freue mich auf dich.«
    Und ich mich erst , dachte Mathew, und entriegelte das Schloss. Ein Blick in den Spiegel, soweit so gut, dann verließ er den Raum, ohne sich noch einmal umzudrehen.

***

    Am nächsten Morgen nahm Mathew guter Laune seinen Platz hinter dem Schreibtisch ein. Er hatte sein bestes Hemd angezogen, sich frisch rasiert und mit dem teuren Parfüm besprüht, das seine Mutter ihm letztes Jahr zu Weihnachten geschenkt hatte. Es roch nach grünem Apfel. Nichts könnte Mathews ausgezeichnete Stimmung heute noch trüben. Er würde Tom wieder sehen und hatte sich fest vorgenommen, ihn diesmal nach einer Verabredung zu fragen. Vielleicht fürs Wochenende, oder am besten doch gleich für heute Abend. Ein fröhliches Lied pfeifend, begann er mit der Arbeit – je schneller er fertig wurde, desto besser – und hielt dabei stets das Fenster im Auge. Vermutlich war Tom an der anderen Gebäudewand beschäftigt, doch Mathew hoffte, dass er einmal vorbeikäme, kurz winkte und Mathews Sehnsucht ein wenig schmälerte.
    Ein Räuspern gleich neben Mathew konnte nichts Gutes bedeuten.
    »Bell«, knurrte sein Chef wie ein angriffslustiger Wolf. »Seit zwei Tagen nun schon habe ich den Verdacht, dass Sie sich nicht mehr ordnungsgemäß ihrer Arbeit widmen. Sie erscheinen so … abgelenkt.«
    Mathew wurde es eisig kalt. Er legte die Hände flach auf den Tisch, um sie am Zittern zu hindern. Mit seinem Chef durfte er es sich beim besten Willen nicht verscherzen. Aber auch wenn er ein arrogantes, widerliches, stinkendes Arschloch war, Mathew brauchte den Job und das Geld.
    »Das muss die stickige Luft im Büro sein. Da kann man sich kaum konzentrieren. Wird nicht wieder vorkommen«, sagte er und hoffte, seinen Chef damit zufriedenstellen zu können. Leider hatte er kein Glück. Sein Chef stemmte seine elefantenbeindicken Arme auf Mathews Schreibtisch und lehnte sich zu ihm herüber. Sein fauliger Atem traf auf Mathews Gesicht und er hielt die Luft an. Wie konnte ein Mensch nur dermaßen abstoßend sein?
    »Wissen Sie, Bell«, sagte er mit einer so ruhigen Stimme, dass es Mathew Angst bereitete. »Ich habe eine passende Lösung für Ihr Problem. Unser Botenjunge ist krank und hat eine Menge Arbeit für Sie hinterlassen. Post wegbringen, Schecks bei der Bank aufgeben, Unterschriften von Klienten einholen. Das Prozedere dürften Sie noch von der Ausbildung kennen, nicht wahr? Eine gute Möglichkeit, auf andere Gedanken zu kommen.«
    Mathew nickte widerwillig. Er hatte es damals gehasst, den ganzen Tag gehetzt durch die Gegend zu kurven und konnte gut und gern darauf verzichten. Das Schlimmste wäre allerdings nicht, sich durch den Stadtverkehr zu quälen; es würde eng werden für sein Treffen mit Tom am Nachmittag, wenn er sich nicht sputete.
    Mit einem gespielt freundlichen Lächeln auf den Lippen nickte er seinem Chef zu und machte sich auf den Weg durch die Abteilungen, um alle erforderten Botenfahrten zu sammeln und schnell damit zu beginnen.

Gegen Mittag steckte Mathew im wohl schlimmsten Stau der letzten Jahre.

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