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Männerlügen - warum Frauen immer die Wahrheit wissen wollen und Männer behaupten, dass es die gar nicht gibt

Männerlügen - warum Frauen immer die Wahrheit wissen wollen und Männer behaupten, dass es die gar nicht gibt

Titel: Männerlügen - warum Frauen immer die Wahrheit wissen wollen und Männer behaupten, dass es die gar nicht gibt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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Deutschen sich so schnell als demokratiebegabt erwiesen hätten, sondern weil der Westen für die aufkommende Konfrontation mit dem Kommunismus jeden Mann brauchte, egal was er früher gemacht hatte. So konnte es geschehen, dass man meinen schlagfertigen, aber belasteten Vater 1950 ohne Protest zu »Herbert I. von Perlachia, Edler von Hetten und Bach«, zum ersten Nachkriegs-Faschingsprinzen von Augsburg ernannte (Schlachtruf der Faschingsgesellschaft Perlachia: »Lach am Lech!«). In seiner Antrittsrede versprach Herbert I., sich für die »Rehumorisierung des öffentlichen Lebens« und den »Neofaschingismus« einzusetzen. Den Herren empfahl er: »Seien Sie Kavaliere am Scheitel und an der Sohle, dazwischen amüsieren Sie sich, so gut es geht.« So was brachte damals die Festsäle zum Beben. Anschließend rockte Herbert Ruhpolding, wo er über fast ein Jahrzehnt die von Touropa zumeist aus dem Ruhrgebiet herbeigekarrten Touristen, die damals noch »Gäste« hießen, im Kurhaus mit Je-Ka-Mi-Abenden und bunten Programmen unterhielt. Seine größte Zeit erlebte er in den 60er-Jahren, als er den Münchner Fasching als Hofmarschall der Narhalla entscheidend mitprägte. Mit seiner Gastspielagentur veranstaltete er Betriebs- und Weihnachtsfeiern, er conferierte Radioshows, hielt Fastenpredigten und launige Jubiläumsansprachen, trat zum Ende seiner Karriere mit meiner Mutter rund um die Welt auf deutschenTraumschiffen auf und richtete dort Herrenwitz-Stammtische ein, während meine Mutter – back to the roots! – Balladen zu meist weiblichem Gehör brachte.
    Auf dem Gipfel seiner Karriere herrschte Herbert nicht als Faschingsprinz, sondern als einer der Großfürsten des Bunten Abends. Die Königswürden in dieser Disziplin waren da schon vergeben an Hans-Joachim Kulenkampff und Peter Frankenfeld, die Vizekönigswürde an Heinz Schenk. Aber eine Liga drunter hatte Herbert sich fest etabliert. Seine Eltern, denen er das alles wie auch immer verdanken musste, waren stolz auf ihren Buben, der zu einer Zeit, da im Nachkriegsdeutschland die sozialen Schichten ineinanderzufließen begannen wie Eiskugeln in einem Becher, der zu lange in der Sonne steht, den Sprung vom proletarischen zum bürgerlichen Leben geschafft hatte. »Ohne meinen Humor wär der Herbert koa Frencier worn«, sagte Oma Afra selbstbewusst in Steno-Französisch.
    Bekannt ist, dass die meisten, die im Dienst der guten Laune stehen, selber keine haben. Herbert war da keine Ausnahme. Aber was ihn so unerfüllt wirken ließ, war, glaube ich, die Tatsache, dass er in seiner Prinzipientreue über eine lächerliche Wahrheit in ein falsches (Berufs-)Leben gestolpert war, aus dem es für ihn, den Unflexiblen, keine Rückkehr mehr gab. Man kann es auch zynischer sehen: Einfalt wird bestraft, Durchtriebenheit siegt.
    Denn der geschmeidige Dr. habil. Karl Bosl hatte sich währenddessen neu erfunden, wie die zeitgemäße Formulierung für den Taschenspielertrick lautet, eine Lebenslüge durch eine andere auszutauschen. Als Nazigegner mit Gütesiegel spurtete Dr. Bosl eine steile Universitätskarriere hoch. Der Leim, auf den ihm dabei ein Teil der selbst nicht immer unbelastetenHonoratioren ging, war ein Kitt, der auch die damalige Bundesrepublik zusammenhielt. 1947, als die Weste gerade reingewaschen und trockengebügelt war, ging die Familie Bosl nach München, wo Karl, zum Privatdozent ernannt, als Gründungsmitglied des Bayerischen Philologenverbandes am Wiederaufbau des Gymnasialwesens arbeitete. Nach einem Zwischenspiel an der Uni Würzburg als Professor für Mittlere und Neuere Geschichte, ereilte ihn 1960 der Ruf an die LMU nach München als Leiter des Instituts für Bayerische Geschichte. Dort blieb er bis zu seiner Emeritierung 1977, galt als einer der schaffensfreudigsten Forscher mit unzähligen Publikationen mit dem Schwerpunkt europäisches Mittelalter und als Doktorvater mit den meisten Doktoranden unter den Historikern. Der klassische Fall einer allseits geachteten Koryphäe, die vielleicht ein wenig altbacken formulierte, aber welcher Historiker tat das damals nicht. 1993 starb Karl Bosl, Nachrufe würdigten ihn ausgreifend und standesgemäß. Zu seinem 100. Geburtstag benannte seine Geburtsstadt Cham einen Platz an der Propsteistraße in »Prof.-Dr.-Karl-Bosl-Platz« um. Die betroffenen Anlieger mussten sich neue Visitenkarten und neues Briefpapier besorgen. 2009 verlieh der Bayerische Philologenverband erstmals die nach seinem Mitbegründer benannte

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