Männerlügen - warum Frauen immer die Wahrheit wissen wollen und Männer behaupten, dass es die gar nicht gibt
sollst nicht ...«). Ganz offensichtlich kennt der Herr die Seinen und ihre Schwächen. Nur kennendie Seinen sich gegenseitig nicht. Bei ihnen wurde aus dem Soll ein Muss. So legte man im Judentum detailversessen fest, was mit einer Frau zu geschehen habe, die der ehelichen Untreue bezichtigt wurde. Ein Rabbi mischt heiliges Wasser mit einer Handvoll Staub aus dem Haus der Verdächtigen und löst in dieser Brühe dann ein Blatt Papier, auf dem er zuvor Bestimmungen aus der Thora mit Tinte festgehalten hatte. Wurde der Frau beim Genuss der Mixtur schlecht, galt sie als der Untreue überführt, vertrug sie das Zeug, war sie unschuldig. Schönes, kleines Detail: Um Gott nicht ins Handwerk zu pfuschen, durfte die Tinte, mit der man aus der Thora abgeschrieben hatte und die sich dann in dem Wasser auflöste, nicht wie üblich mit Vitriol versetzt sein. Das Gift wurde ansonsten deshalb der Tinte beigegeben, damit sich beim Schreibprozess keine Fliege auf die noch feuchte Tinte setzen, dabei Buchstaben verwischen oder verändern und so möglicherweise den Sinn der Schrift entstellen konnte. Korrekturen waren tabu, der Akt des Schreibens galt als heilig. Faszinierend für uns Delete-Routiniers.
Die frühmittelalterlichen Germanen griffen zu gröberen Mitteln, wenn es galt, die Treue von Frauen zu prüfen. Die Beschuldigten hatten sich dem Ordal, dem Gottesurteil, zu unterziehen, das ohne Hilfe des Allmächtigen nicht zu bestehen war. So mussten die Frauen in ein Wachshemd gekleidet über zwölf glühende Pflugscharen gehen, hatten mit bloßen Händen Gegenstände aus Bottichen mit kochendem Wasser zu fischen und lodernde Holzstöße zu durchschreiten. Diese Prüfungen folgten einer sadistischen Logik: Überstanden die Frauen die Torturen, dann mithilfe Gottes, und der hilft nur den Guten, nicht den Sündhaften. Bei Männern war das Ordal einfacher: Man duellierte sich und der Sieger galt als unschuldig. Sonst hätte Gott ihn ja nicht überleben lassen. Auch dieFrauen – natürlich nur die von Stand – konnten gegen ihre Männer auf Aufhebung der Ehen klagen. Einzig zugelassener Grund: Impotenz. Der Ex in spe musste zu seiner Verteidigung den Erektionsbeweis antreten. Diese Art der Beweisführung legte der Papst bereits 1234 im sogenannten
congressus
fest. Danach wurde der Beschuldigte auf das sogenannte eheliche Triptychon, nämlich auf Erektion, Immission und Emission getestet. Im Beisein von gerichtlich bestellten Experten war der Beweis an der eigenen Frau zu erbringen. Wer einmal beim Facharzt eine Samenprobe in einem schummerigen Raum unter Beihilfe von abgegriffenen Pornoheftchen in ein Plastikdöschen produzieren musste, weiß, wie wahrheitshaltig ein derart durchgeführter Test ist. Wenn es je berechtigten Anlass zur Impotenz gab, dann in der geschilderten Situation, vor einem Haufen skeptischer Zuschauer mit der eigenen Frau zu schlafen, die einen zudem noch gerade verklagt hat. Die Franzosen schafften den
congressus
denn auch wieder ab – 1677. Bis dahin hatte so manche Adelige sich auf diese Weise ihres langweilig gewordenen Mannes entledigt. Erst die Französische Revolution schuf ein neues Scheidungsgesetz, das das Erektions-Ordal endgültig ablöste. Mit der Wahrheitsfindung bei den niederen Ständen machte man im Mittelalter weniger Aufhebens. Man warf der Lüge und des Betrugs Verdächtige mit zusammengebundenen Füßen und Händen einfach in den Fluss. Schwammen sie, stand Gott ihnen bei und sie galten als unschuldig, gingen sie unter, waren sie schuldig, bestraft und praktischerweise auch gleich noch entsorgt.
Irgendwann müssen Gott und Staat dann getrennte Wege gegangen sein, denn während der Inquisition verließ man sich nicht mehr ausschließlich darauf, dass Gott bei der Wahrheitsfindung helfend eingreifen würde. Das Gottesurteil kam aus der Mode, die Wahrheit wurde nicht mehr aus dem Himmeloffenbart, die musste man sich nun schwer erarbeiten, indem man sie aus den Lügnern und Betrügern »auf Teufel komm raus« herausfolterte. Jetzt hatten Streckbank, Daumenschraube, gespickter Hase oder der spanische Bock den göttlichen Wink zu ersetzen. War beim Gottesurteil die Trefferquote immer 100 Prozent gewesen – egal wie es ausging, die Entscheidung war ja eine von Gott getroffene und damit unumstößlich wahr –, konnten die Wahrheitssucher bei der Folter von solchen Quoten nur träumen. Die Feiglinge unter den vermeintlichen Wahrheitsbesitzern gestanden schon beim Anblick der Folterwerkzeuge
Weitere Kostenlose Bücher