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Männerlügen - warum Frauen immer die Wahrheit wissen wollen und Männer behaupten, dass es die gar nicht gibt

Männerlügen - warum Frauen immer die Wahrheit wissen wollen und Männer behaupten, dass es die gar nicht gibt

Titel: Männerlügen - warum Frauen immer die Wahrheit wissen wollen und Männer behaupten, dass es die gar nicht gibt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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darum, wie man diese seelischen Strukturen verstehen und in einem weiteren Schritt auch beeinflussen und beherrschen könne. Die Psychologie war geboren. Und mit ihr ging es der Lüge an den Kragen. Oder der Wahrheit, je nachdem.
    Mochten Seelencracks wie Freud oder Jung im Über-Ich, im Unterbewusstsein oder bei den Archetypen nach den letztengroßen Wahrheiten menschlichen Verhaltens forschen, der praktische Wahrheitssucher, der, der sie im Alltag aufstöbern will, denkt in profanerem Rahmen. Die Apparatefreaks etwa glaubten, der Wahrheit mit irgendwelchen
Gadgets
auf die Spur zu kommen. Schon im mittelalterlichen Rom gab es so was wie einen metaphysischen Lügendetektor, die Bocca della verità, eine Marmorscheibe, die in der Antike bezeichnenderweise als Gullydeckel der Cloaca maxima gedient haben und im Relief – man weiß es nicht genau – Herkules’ Antlitz mit geöffnetem Mund zeigen soll. Seit Mitte des 17. Jahrhunderts in der Vorhalle der Kirche Santa Maria in Cosmedin aufgestellt, droht sie jedem, der seine Hand in den geöffneten Mund legt und dann eine Lüge ausspricht, eben diese Hand abzubeißen. Ein Grund, weshalb so viele Liebespärchen hierherpilgern. Alle sind sie vierhändig wieder zurückgekehrt.
    Der italienische Psychologe Vittorio Benussi ging da wissenschaftlicher vor. Angeregt von den Theorien C. G. Jungs und Max Wertheimers konstruierte er an der Uni Graz 1913 den ersten Polygraphen, besser bekannt als Lügendetektor. Die Idee ist so einfach, dass sie einem schon wieder einfältig vorkommt: Die Wahrheit erzählt sich von selbst (oder wie Theodor Heuss es formulierte: »Wer immer die Wahrheit sagt, kann sich ein schlechtes Gedächtnis leisten«), Lügen macht Mühe, und diese Mühe lässt sich messen. Am Blutdruck, an der Atemfrequenz, am Pulsschlag, am Hautwiderstand, der sich durchs Schwitzen verändert. Der Polygraph, zu Deutsch Vielschreiber, zeichnet während der Befragung einer Testperson all diese Werte, die per Sonden gemessen werden, auf, und ein geschulter Psychologe wertet sie aus. Das half den Opfern eines Serienkillers, meist weiblichen Prostituierten, in den USA Anfang der 1980er-Jahre wenig. Die Polizei verdächtigte einen Melvin Foster und unterzog ihn einem Lügendetektortest,den er nicht bestand. In der Folgezeit blieb er der Hauptverdächtige, bis endlich durch die Fortschritte der DNA-Analyse Gary Ridgway als der wahre Täter verhaftet werden konnte. Die tödliche Ironie dabei: Auch Ridgway hatte einen Detektorentest absolvieren müssen, ihn aber bestanden. Deshalb überwachte man ihn nicht weiter und er konnte ungestört seine Mordserie fortsetzen. Es gibt eine Reihe solcher Katastrophen, weshalb der Lügendetektor als Beweisfinder bei unseren Gerichten nicht zugelassen ist. Während ihn in den USA Justiz und Geheimdienste sehr wohl verwenden, fristet er bei uns zu Recht das kümmerliche Dasein eines Pseudo-Vaterschaftstestgeräts in den Brüllshows des Privatfernsehens. Eine Kindergarten-Version, E-Meter genannt, wird bei den schrulligen Persönlichkeitstests der Scientologen verwendet.
    Die modernen Wahrheitssucher oder
LieBuster
bedienen sich subtilerer und unauffälligerer Methoden als der Messung von Pulsschlag und Schweißabsonderung. Letzter Schrei: die Video-Analyse sogenannter Mikroausdrücke, von denen das menschliche Gesicht mit seinen 43 Muskeln bis zu 10 000 Variationen anbietet. Die seien, sagen die forschenden Psychologen, nicht bewusst steuerbar, weshalb sie eine Lüge enthüllen können. Allerdings geben die Forscher zu, dass 40 Prozent der Menschen perfekt lügen. Da würde dann auch der aufwandärmere Münzwurftest nicht wesentlich schlechtere Ergebnisse liefern. Neben dem verhaltenspsychologischen Pipifax im Buch- und Zeitschriftenhandel für jene hysterische Klientel, die unbedingt herausbekommen will, ob der Partner dem Seitensprung frönt, wird auch ganz ernsthaft an einer Art neuronalem Lügendetektor geforscht, mit dessen Hilfe man Gedanken zuverlässig lesen können soll. Noch ist das Zukunftsmusik der kakophonischen Art, gegen die man mit dem Lied ›DieGedanken sind frei‹, das zu Recht ein Volkslied ist, ansingen möchte.
    Doch die Wahrheitssucher werden niemals aufgeben und immer neue Methoden und Geräte erfinden, und die Wahrheitsbesitzer werden ihr Gut weiterhin mit List und Phantasie verteidigen. Es sei denn, sie haben ein Handy oder Smartphone. Sie sind die neuen, unfreiwilligen Lügendetektoren, nicht nur weil sie sich auch von

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