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Männerlügen - warum Frauen immer die Wahrheit wissen wollen und Männer behaupten, dass es die gar nicht gibt

Männerlügen - warum Frauen immer die Wahrheit wissen wollen und Männer behaupten, dass es die gar nicht gibt

Titel: Männerlügen - warum Frauen immer die Wahrheit wissen wollen und Männer behaupten, dass es die gar nicht gibt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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alles Mögliche. Eine so mühelos zustande gekommene Wahrheit konnte wenig taugen. Die ganz Harten dagegen nahmen die ihre mit ins Grab und enthielten sie so den Wahrheitssuchern vor. Erst eine Verfeinerung der Foltermethoden konnte diese unerwünschte Variante verhindern.
    Waren die Folterknechte selbst von eher einfältigem Gemüt, ließ sich das von ihren Arbeitgebern nicht behaupten. Natürlich überkamen sie Zweifel ob der Werthaltigkeit einer unter der Folter gemachten Aussage. Also ersannen sie einen ebenso einfachen wie genialen Ausweg: Sie wussten die Wahrheit schon von vornherein und wollten sie nur noch von den Beschuldigten mittels Folter bestätigen lassen. Die als Hexe Verdächtigte wurde eben so lange gefoltert, bis sie das zugab. Siehe auch Galileo Galilei, der nach hochnotpeinlicher Befragung seinen Irrtum widerrief und der katholischen Kirche gerne bestätigte, dass die Erde eine Scheibe sei und die Sonne sich um diese drehe. Es dauerte bis zum November 1992, bis die katholische Kirche den zum Widerruf, also zur Lüge Genötigten rehabilitierte. Wahrheitsfindung ist Aufgabe forschender Erkenntnis, Wahrheitsverbreitung eine Frage von Macht, denn: siehe Churchill.
    Erst langsam kamen die Wahrheitssucher zur Vernunft, aber das dann so gründlich, dass man gleich ein ganzes Zeitalter nach dieser Vernunft benannt hat. (Manche behaupten, dass diese Ära bis heute andauere, aber das ist ebenfalls eine dieser Lügen, die keiner Folter standhalten würden.) Nicht länger sollte die Wahrheit von der fragwürdig gewordenen göttlichen Offenbarung oder der Schmerzverträglichkeit abhängig sein und von Päpsten und Pfaffen verwaltet werden. Vereinfacht ausgedrückt galt den Vernünftlern die Erkenntnis: Wahr ist, was ist. Das Dilemma war nur: Was ist das, was ist? Gott wurde zum abstrakten Prinzip degradiert oder gleich für tot erklärt. Ihrer metaphysischen Fluchtburgen derart enteignet, warfen sich die Wahrheitssucher den Wissenschaften an die Brust, die, erfreut über ihre nun universale Bedeutung, Wahrheit produzierten. Genauer gesagt, sie entdeckten Wahrheiten am laufenden Band, unter anderem auch welche, die sich widersprachen und deshalb keine waren, oder auch solche, die, wie der Darwinismus, von einem Teil der Menschen abgelehnt wurden, weil sie nicht ihrer Vorstellung von Wahrheit entsprachen.
    Es galt in der Blütezeit der Aufklärung als nicht mehr besonders cool zu foltern. Die Wahrheit wurde zunehmend in Reagenzgläsern, unterm Mikroskop oder auf der Pipette gefunden. Nur in den roheren Disziplinen wie etwa der Politik hielt sich die Folter, das Quälen des Fleisches, über die Jahrhunderte, dank KGB, SS und Gestapo bis zum Ende des letzten großen Krieges und dank der CIA sogar über die Jahrtausendwende hinweg bis heute. Die Mitglieder dieser Folterclubs sind allerdings nur hinter einer besonderen Form von Wahrheit her, dem Verrat. Wer nach 9/11 in einem der weltweit verstreuten Foltergefängnisse der CIA gewaterboarded wurde, den beabsichtigte man damit ja nicht einer Lüge wegen zu bestrafen,man wollte von ihm die Wahrheit erfahren, etwa über Terror-Netzwerke, geplante Anschläge etc. Verrat ist deshalb so gefährlich, weil er die Wahrheit preisgibt – siehe Judas –, eine Lüge würde dort, wo es um Verrat gegenüber den Bösen geht, den Menschen schützen.
    Zurück zur Aufklärung. Die Verhältnisse kehrten sich um. Nicht mehr sollte, wer die Macht hatte, über die Wahrheit bestimmen, sondern wer die Wahrheit hatte, sollte an die Macht kommen. Gott schwieg, die Folter bekam ein schlechtes Image, die Wahrheitssucher brauchten neues Besteck. Von den hochnotpeinlichen Befragungen her war noch das Phänomen bekannt, dass man manchen Wahrheitsbesitzern Eisenstifte unter die Fingernägel treiben, sie mit heißem Öl überschütten und ihnen sämtliche Knochen brechen konnte, ohne dass sie ihren Besitz, ihre Wahrheit, preisgaben. Die ungeheure Stärke, die man dafür benötigt, sitzt nicht in einem Organ, das man herausreißen könnte, wie etwa die Zunge, um jemanden verstummen zu lassen. Diese Stärke war ein Merkmal des Charakters oder, metaphysisch definiert, der Seele. Die befand sich nirgendwo, wie russische Forscher nach intensiven Autopsien erleichtert feststellten. Weniger blöde Wissenschaftler machten das Vorhandensein eines Phänomens nicht von seiner Verortbarkeit abhängig, sonst hätte man ja auch die Schwerkraft oder den Magnetismus leugnen müssen, sie kümmerten sich vielmehr

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