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Männerlügen - warum Frauen immer die Wahrheit wissen wollen und Männer behaupten, dass es die gar nicht gibt

Männerlügen - warum Frauen immer die Wahrheit wissen wollen und Männer behaupten, dass es die gar nicht gibt

Titel: Männerlügen - warum Frauen immer die Wahrheit wissen wollen und Männer behaupten, dass es die gar nicht gibt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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All sendete und dass die abstrakten Quotenzahlen wirkliche Gesichter hatten. Es war die Lizenz zum Weiterwaten im Meer der Lügen.
    Damals, frisch von der Uni, hatte Rainer für das Publikum, für das er arbeitete, nur Verachtung übrig gehabt. Das sicherte ihm die innere Integrität. Nun saß er bildlich gesprochen aufder Spitze jenes Laternenpfahls, an dessen unterem Ende er arbeiten ließ. Nur mit Zynismus würde er den Platz da oben nicht halten, das spürte er. Man sichert sich keine Marktanteile, wenn man nur auf Marktanteile starrt. Das konnten sich die Firmenstrategen auf ihren öden, ewig gleichen Textbausteinen hockend leisten (»Generierung von Synergieeffekten« hieß, man blies den Luftballon auf, »Konzentration auf Kernkompetenz« hieß, man ließ Luft ab und »Neuausrichtung des Geschäftsmodells« bedeutete, der Luftballon war geplatzt). Er stand an der Front, er machte Programm. Mit den Marktanteilen, die er bespielte, sprach er Urtriebe an. Es wurde immer mehr und immer deftigere Kost verlangt. Da half Zynismus alleine nicht weiter. Um besser zu verstehen, was er liefern sollte, musste Rainer mental ein Teil seines Marktes werden, und je mehr er Teil davon wurde, desto weniger blieb er ein Teil von sich selbst. Er begann, sich zu verunwirklichen.
    Diese Erdbeeren sollen Bio sein? Jetzt im Winter? Herkunftsland Spanien stand auf der Zellophanverpackung. Sicherlich stammte diese Schalenware aus Almeria, wo sie in den 60ern und 70ern Spaghetti-Western gedreht hatten, auch Teile seines Lieblingsfilms ›Spiel mir das Lied vom Tod‹. Das hatte Rainer bei seinen filmhistorischen Crashkursen gelernt. Dort, wo einst Charles Bronson seinen Kopf in der Schlinge und die Harmonika im Mund stecken hatte, bauten sie jetzt ein Plastiktunnelfeld neben das andere, um rund ums Jahr Tomaten und Erdbeeren anzupflanzen und sie von den Illegalen, die den Bootstrip aus Ceuta und Melilla überlebt hatten, ernten zu lassen. Almeria! Vom mystischen Fluchtpunkt pubertärer Kinoträume zur pestizidverseuchten, ausbeuterischen Aufzuchtanstalt für den Belag von Omas sonntäglichem Erdbeerkuchen. Auch Landschaften haben manchmal schräge Karrieren, dachte Rainer und legte die Erdbeerschalezurück. Er beschloss, sich mal wieder ›Spiel mir das Lied vom Tod‹ reinzuziehen. Doch heute Nachmittag war im Rahmen seines Coachings ein anderer Film angesetzt. Nummer 93 der Cinemathek der ›Süddeutschen Zeitung‹, Akira Kurosawas ›Rashomon‹, ein japanischer Film. Dafür wollte er beim Sushi-Express um die Ecke noch zwei Sashimi-Menüs mitnehmen. Rainer und Amelie sahen sich die Filme der Cinemathek immer zu zweit an und aßen dabei nach der Küche des Landes, aus dem der Film stammte oder in dem er spielte. Das hatten sie einer Veranstaltungsreihe bei der Berlinale abgeschaut und fanden es toll.
    »Ich muss mit dir reden.«
    »Nicht schon wieder!«
    »Was ist das denn?« Amelie wurde wütend. »Ich sage ›Ich muss mit dir reden‹ und du sagst ›Nicht schon wieder‹.«
    »Weil du, so wie du ›Ich muss mit dir reden‹ sagst, eigentlich sagen willst, ›Ich hab dir was reinzusemmeln.‹«
    »Was denn?«
    »Keine Ahnung. Aber gleich weiß ich es, oder?«
    Pause. »Ich frage mich, ob unsere Basis noch in Ordnung ist.«
    »Unsere was?« Rainer stand in der Küche und verteilte das Sashimi aus dem Pappkarton auf zwei Teller, während die frisch geduschte Amelie auf der Couch vor dem brennenden Kamin kniete und ihre Haare mit einem Handtuch trocken rieb. Sie blickte auf das Ischtar-Tor aus Karton, das sie auf den Kaminsims gestellt hatten.
    »Na, das, was wir uns mal versprochen haben, Rainer.
Verdad o muerte.
«
    »Hast du mich betrogen?«
    »Nein.« »Na also.«
    »Typisch. Du reduzierst alles nur auf die sexuelle Treue. Ist die okay, ist alles okay, und ist die k.o., ist alles k.o., oder?«
    »Warum beginnt ihr, wenn ihr an Männern herummotzt, eure Sätze immer mit ›typisch‹?«
    »Weil’s typisch ist. Und sag nicht immer ›ihr‹, wenn du mich meinst. – Ich brauche mehr Abstand, Rainer.«
    »Von mir?«
    »Von unserer Beziehung.«
    »Was ist denn los, Amelie? Wir sehen uns unter der Woche spätabends, wenn wir beide kaputt sind, und manchmal noch beim Frühstück, wenn du Mittagsschicht hast. Und am Wochenende gibt’s Sport im Park …«
    und im Fernsehen …«
    und im Fernsehen, dazu ’ne DVD, Sonntags-Brunch mit Freunden, und viel zu selten ’ne geile, durchgegroovte Nacht. Das ist dir alles schon zu viel? Wie

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