Maennerschlussverkauf - Roman
brüllenden Fotografen. Die schreien sich die Seele aus dem Leib. Wüsste ich nicht, dass wir uns auf einem roten Teppich befinden, würde ich eher davon ausgehen, dass man uns hier beschimpfen und anschließend erschießen, nicht aber fotografieren will. Untereinander befinden sich die Fotografen anscheinend tatsächlich im Krieg, denn sie schreien sich vor allem gegenseitig an und hauen sich auch schon mal die Kameras auf die Köpfe oder die Ellenbogen in die Rippen. So ähnlich habe ich mir früher im Geschichtsunterricht die Bananenausgabe in der DDR vorgestellt, nur vielleicht ein bisschen menschlicher.
Als die »Jetzt-mal-ohne-die-Tussi«-Rufe immer mehr und lauter werden, lasse ich Toms Hand los und versuche zur Seite zu gehen, doch er schnappt sie sich wieder und zieht mich zu sich heran.
»Das ist Anna Abendrot! Die neue Starreporterin bei Flash! und meine wichtigste Mitarbeiterin für die Münchner Fashion Week!«, ruft er der Meute zu.
Daraufhin bricht die Hölle erst richtig los:
»Seid Ihr ein PAAR ?« – » WIE heißt sie???« – »Abendrot?« – »Wie SCHREIBT man das?« – » ANNA , HIER her!!!« – » ANNA , LÄCHELN !!!« – » ANNA , steh mal nur auf einem BEIN , bitte!!« – »Ist das nicht die mit den Nudeln und dem Löffel?«
Die letzte Bemerkung interessiert mich.
»Haben Sie das Interview gesehen?«, frage ich den kleinen Fotografen ganz vorn, der mich nach dem Löffel und den Nudeln gefragt hat.
Doch er kann nicht antworten, denn sobald wir uns in seine Richtung wenden, stürmen die anderen Fotografen so schnell dorthin, dass er erst eine Kamera auf den Kopf bekommt und danach direkt überrannt wird.
»Ist ihm was passiert?«, ich schlage die Hände vor den Mund.
» LÄCHELN , ANNA !!!«
Tom beruhigt mich und flüstert mir ins Ohr, dass das alles ganz normal sei.
»Ist das die Reporterin, die mit MARCO TOSSI gesprochen hat?« – »Das Löffel-Interview???«
Langsam kommen die Karatefotografen auf den Trichter, aber ich bin mir nicht sicher, ob ich das überhaupt will.
»Ja, das ist Anna, unsere neue Starreporterin. Und jetzt entschuldigen Sie uns, Gentlemen, auf uns wartet ein großartiger Film!«, ruft Tom mit einem charmanten Lächeln und wendet sich zum Gehen.
Da ich aus dem Augenwinkel sehe, dass Til Schweiger mit seiner neuen Flamme gerade den Teppich betritt, zögere ich nicht lange, sondern hake mich bei Tom ein und mache, dass ich wegkomme. Ich höre gerade noch, wie Til die Fotografen fragt, ob sie wissen, wer die blonde Frau eben gewesen sei, und ziehe Tom rasch weiter.
Nachdem ich dieser Katastrophe gerade so entronnen bin, stolpere ich prompt in die nächste. Tom steuert nämlich direkt auf die mit einem Kamerateam bestückte und zwischen hundert anderen Journalisten halb zerquetschte Vanessa zu. Als sie mich neben ihm erblickt, verengen sich ihre Augen zu Schlitzen, und tausend imaginäre Giftpfeile durchstoßen mein DKNY -Kleid. Unwillkürlich greife ich mir an Brust und Bauch, um zu überprüfen, ob das Kleid noch ganz ist oder ob es nun Löcher hat (Leonie würde mich umbringen!), aber wider Erwarten verfügt Vampirellas Lieblingsgehilfin nicht über Super-Hexen-Kräfte, und das Kleid sieht immer noch fabelhaft aus.
Immerhin fasst Vanessa sich erstaunlich schnell und begrüßt Tom strahlend und mit Bussi-Bussi, damit auch jeder der Umstehenden sofort erkennt, dass sie nicht irgendeine Reporterin ist, sondern jene, die Tom Vanderscheid mit Küsschen begrüßen darf. Dass er ihre Bussis nicht gerade überschwänglich erwidert, scheint sie nicht weiter zu stören. Zumindest tut sie so.
»Anna kennst du ja«, meint Tom und macht es ihr somit unmöglich, mich weiter zu ignorieren.
Daraufhin bekomme ich auch meine Bussis (wahrscheinlich gefriert in diesem Moment die Hölle), und Vanessa strahlt mich genauso glücklich an wie zuvor Tom. »Hast du Knoblauch gegessen, Anna?«
Grrr … Schlagartig taut die Hölle wieder auf, und ich krame hektisch nach meinen Tic Tacs. Verflucht sei Manuel! Aber Tom überhört das Ganze geflissentlich, erkundigt sich stattdessen, welche Promis Vanessa schon vors Mikro bekommen hat (Ryan Reynolds ist ihr entwischt, HAHA !!!), und gibt ihr ein kurzes Interview zum Film. Danach machen wir noch vor ein paar Radiomikros und bei einigen Lokalsendern halt, bis es schließlich ab ins Kino geht.
Oben angekommen empfängt uns eine Bar, die mit hunderten gefüllten Sektgläsern dekoriert ist. Voller Euphorie darüber, dass ich den
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