Maennerschlussverkauf - Roman
vor Ort und mache einen Selbstversuch, wie es so ist als (Mini-)Model. Tom hielt das für eine super Idee und meinte, Beiträge wie dieser verliehen der Show »noch mehr Personality«. Das sehe ich auch so, vor allem seit die nette Dame von dem Konzern mir erklärt hat, dass ich die Outfits hinterher behalten darf.
Also, wie gesagt, eigentlich eine super Woche, wäre da nur nicht Manuels fiese Kochnummer von gestern Abend. Ich weiß, es ist gemein, so etwas auch nur zu denken, aber ich glaube, Manuel ist ziemlich eifersüchtig, weil Leonie und ich heute heiße Dates haben und er nicht, und hat deswegen absichtlich das Knoblauchessen gekocht. Normalerweise ist er nämlich der perfekte Date-Berater und passt höllisch auf, dass Leonie und ich uns nicht blamieren (siehe der Salat-Tipp). Außerdem nimmt ihn die Alex-Nummer doch mehr mit, als er zugeben will, vor allem seitdem ein Bekannter ihm erzählt hat, dass Alex einen neuen Freund habe. Aber mich oder vielmehr meinen Atem deswegen gleich mit Knoblauch zu vergiften ist auch nicht gerade die feine englische Art, nicht mal für einen Spanier wie Manuel.
Doch siehe da – anscheinend hatte er das nach der Mittagspause auch eingesehen. Da kam er nämlich hektisch mit einer Plastiktüte aus der Apotheke in die Redaktion zurück und brachte mir lustige grüne Tabletten mit, die angeblich sämtlichen Knoblauchatem auf der Stelle in einen zarten Hauch von Rosenduft umwandeln. Oder so ähnlich. Laut Leonie hat es auch geholfen, nur muss ich seitdem andauernd aufstoßen und habe einen Magen, der sich anfühlt, als hätte ich dreißig Zitronen auf einmal ausgelutscht. Aber egal. Jetzt ist gleich Showtime, und davon wird mich so ein bisschen Salzsäure im Magen ganz sicher nicht abhalten. Gut gedacht, doch natürlich befällt mich trotzdem die Nervosität.
» Chica , in diesem Kleid wirst du den Teppich rocken!«, ruft Manuel in diesem Moment und betritt mein Zimmer, wobei er Leonies neues DKNY -Kleid auf einem Bügel ehrfürchtig vor sich her trägt.
Es ist wirklich unglaublich lieb von Leonie, mir ihr neues Stardress auszuleihen, obwohl sie heute selbst ein großes Date hat – zwar bloß mit diesem schmierigen Bootstypen (in meiner Fantasie hat er zurückgeschleimte Haare und trägt Polohemden von La Martina), aber immerhin. Nur eine wirklich beste Freundin verleiht ihr teuerstes Kleid, bevor sie es selbst einmal getragen hat. Aber Leonie meint, dass ihr gutes Stück, falls ich morgen damit in der Zeitung abgebildet sein sollte, dadurch noch viel wertvoller würde und wir so am Ende alle was davon hätten. Ich hoffe nur, dass mir der Rock dieses Mal nicht wieder über dem Hintern klebt, wie das bei Leonies Outfits ja manchmal der Fall ist, zumindest wenn ich sie trage …
»Anna, Schätzchen, hör auf zu träumen und zieh endlich deinen Liebestöter an, es sind nur noch dreißig minutes to go ! Also, hopp, hopp, hopp!«, schreit Manuel in seinem Pseudo-Militärton und reißt mich aus meinen Gedanken.
» Arriva, arriva !« Mit Mordsgebrüll stürmt nun auch Leonie in mein Zimmer, wedelt mit einer Flasche Prosecco und dreht sich einmal um die eigene Achse.
Sie sieht einfach nur fantastisch aus! In dem silbernen, asymmetrischen Minikleid, das über und über mit Pailletten besetzt ist, und den passenden Pumps von Jimmy Choo (dank denen Leonie bis 2020 verschuldet sein dürfte) sieht sie einfach nur umwerfend aus. Selbst auf jeder Hollywood-Filmpremiere wäre sie der Star, da bin ich mir sicher. Umso mehr geht mir nun die Düse, denn momentan sehe ich mehr nach Frauenhaus als nach rotem Teppich aus. Ich habe mein neues Mega-Stretch-Bauchweg-Killer-Ungetüm an, dazu Manuels Lammfellhausschuhe und riesige Lockenwickler, die meinen Haaren angeblich ein geradezu bombastisches Volumen verleihen sollen, am Kopf kleben.
Nieeeeemals werde ich in dreißig Minuten filmpremierentauglich aussehen, da bin ich mir sicher! Doch ich habe meine Rechnung ohne Leonie und Manuel gemacht. Die zupfen nämlich plötzlich wie auf Kommando im Akkord an mir herum, nehmen abwechselnd einen Schluck aus der Pulle Prosecco und zupfen dann wieder an meinen Haaren, während sie parallel die sexy Wickler in Pastelltönen entfernen. Sie pudern hier und rücken dort zurecht, bis Leonie mir schließlich feierlich das DKNY -Kleid (knallpink, knalleng und knallsexy) über den Kopf zieht, Manuel mir abschließend durch eine Haarsträhne fegt und Leonie den letzten Tupfen Lipgloss aufträgt.
Dreißig Minuten
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