Maennerschlussverkauf - Roman
Teppich und Vanessa überlebt habe, stürme ich direkt los, um Tom und mir zwei Drinks zu holen. Glücklicherweise komme ich sofort dran und ergattere zwei der ersten Gläser.
Mit erhobenen Händen kehre ich triumphierend zu Tom zurück, und nun fängt endlich der entspannte Teil des Abends an. Wir trinken unseren Sekt und reden über alles Mögliche: über unsere Mütter (beide hochgradig gestört), unsere Lieblingsfilme (worüber redet man bei Filmpremieren denn sonst?) und unsere Lieblingsurlaubsziele (er Italien, ich überall dort, wo es warm ist und man shoppen kann, also auch Italien). Als Tom nach einiger Zeit noch mal an die Bar geht, um uns kostenlosen Sektnachschub zu besorgen, kommt er nicht nur mit zwei frischen Gläsern, sondern auch in platinblonder Begleitung zurück.
Die Dame stellt sich mir nicht vor, sondern redet einfach weiter wie eine batteriebetriebene Sprechpuppe auf Tom ein. Sie erzählt ihm irgendeinen Münchner-Promi-Insiderklatsch, den ich nicht verstehe. Also konzentriere ich mich lieber darauf, sie zu mustern. Eine Konkurrenz ist Blondie zumindest nicht, auch wenn sie ständig Toms Arm und seine Brust betatscht, als ob sie seine Angetraute oder Freundin wäre. Ihre geschätzten fünfzig Jahre und die zwanzig Kilo Übergewicht, die sie mit sich herumschleppt, machen allzu deutlich, dass sie keins von beidem ist, sondern nur eine Frau mit einem miesen Friseur, die ihre besten Jahre ganz offensichtlich hinter sich hat und das nicht wahrhaben will. Unter anderem gut zu erkennen an dem viel zu engen blauen Schlauchkleid, zu dem sie die gleichen Glitzerpumps von Jimmy Choo trägt wie Leonie, nur geschätzte vier Nummern größer. Bei diesem modischen Extremfall kann nicht mal mehr Spandex weiterhelfen, denke ich mir und fahre mit einem leisen Lächeln über meinen immer noch fabelhaft flachen Bauch, der sich inzwischen sogar erstaunlich gasfrei anfühlt. Was rausmusste, musste wohl einfach raus, schießt es mir durch den Kopf, auch wenn ich den Gedanken selbst eklig finde. Der arme Til Schweiger …
Mittlerweile hat Blondie tatsächlich eine klitzekleine Redepause machen müssen, um Luft zu holen (wie das in dem viel zu engen Schlauchkleid überhaupt möglich ist, fasziniert mich ja schon fast wieder), und Tom nutzt die Unterbrechung, um mich vorzustellen.
»Miranda, das ist Anna, unsere neue Starreporterin bei Flash! und meine wichtigste Unterstützung für die Fashion Week, auf der sie übrigens selbst laufen wird. Anna, das ist Miranda, die Inhaberin der Künstleragentur Starstyle, die unter anderem Ryan Reynolds in Deutschland vertritt. Wir freuen uns übrigens schon sehr auf den Film!«
Aha, Künstlermanagement, damit ist mir auch klar, warum Tom bei meiner Vorstellung so dick aufträgt. Wahrscheinlich sind für Miss Moppel-Miranda alle Frauen, die nicht wenigstens schon mal dem Stand der Supermodels angehörten, Untermenschen. So ist es anscheinend tatsächlich.
»Oh, trägt man dieses Jahr Zwergenlook?«, trällert die über die Unterbrechung ihres Monologs sichtlich verärgerte Miranda, lacht gellend über ihren eigenen Scherz und fährt gleich fort: »Ach, Tom-Baby, ich bin sowieso im Stress wie immer. Ich muss dringend weiter, viel Spaß beim Film dir und BUS-SI !«, flötet sie und verschwindet auf ihren Jimmy-Choo-Quadratlatschen.
»Tja, jetzt hast du auch unsere liebe Miranda kennengelernt – zauberhaft wie immer!«, lacht Tom und reicht mir mein volles Sektglas.
Eine Bekanntschaft, die meinetwegen nicht vertieft werden muss, aber den Kommentar spare ich mir lieber. Stattdessen reden Tom und ich weiter über Gott und die Welt, und als wir schließlich beim vierten Gratis-Sekt angekommen sind, werden wir höflich aufgefordert, uns langsam in den Kinosaal zu begeben. Am liebsten hätte ich gänzlich auf den doofen Film verzichtet und wäre für immer und ewig hier mit Tom stehen geblieben (vor allem weil die ganze Schickeria sich längst verzogen hat und es langsam herrlich ruhig wird). Aber als die Platzanweiser langsam nervös werden, geleitet mich Tom, indem er mir elegant den Arm um die Taille legt, in den Saal. Allerdings befürchte ich, er will bloß auf Nummer sicher gehen, dass ich nicht die dunklen Treppen hinunterpurzele, denn nach dem ganzen Sektgenuss bin ich zwar noch nicht so voll wie Nemo nach einer Nacht im Weinfass, aber ganz nüchtern bin ich auch nicht mehr.
Deswegen bin ich ziemlich froh, als wir auf den wunderbar weichen Sitzen Platz nehmen dürfen und
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