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Männerstation

Männerstation

Titel: Männerstation Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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mit ihrem Liebhaber wegziehen lassen …
    *
    Die Schwestern des Sonntagsdienstes hatten am Montag vormittag frei. Ihr Alltag begann erst wieder mit der ›Chefstunde‹, wie man den Fortbildungskursus nannte, den Prof. Morus jede Woche einmal abhielt, ohne dazu verpflichtet zu sein. Er tat es, weil er die Ausbildung einer Schwester nicht mit dem Examen als abgeschlossen betrachtete. »Auch wir Ärzte lernen nie aus!« sagte er. »Gerade in der Medizin dreht sich die Uhr schneller als woanders. Was gestern noch als ›großer Fall‹ galt, kann morgen schon eine alltägliche Routine geworden sein. Und wenn wir Ärzte noch täglich lernen müssen, um wieviel mehr dann eine Schwester, der wir unsere Kranken wochenlang anvertrauen!«
    Wegen dieser Stunden hatte er bereits Streit mit den Verwaltungsstellen bekommen. Im Dienstplan einer Schwester war so etwas nicht vorgesehen; nur die Lernschwestern und Schwesternhelferinnen hatten ihre Schulungen, sie bekamen deswegen auch weniger Gehalt und lebten zum größten Teil von ihrem Idealismus. Eine examinierte Schwester noch weiter fortzubilden, war deshalb ein Eingriff in die Lehrordnung, die schärfstens gerügt wurde. Prof. Morus kümmerte sich nicht um diese Verwaltungsdoktrinen; er hielt seine Kurse ab und war sichtlich stolz darauf, daß sein Krankenhaus von den Patienten gelobt wurde. Nicht gelobt wurde Morus von der Verwaltung, denn seine Materialabrechnungen und seine Materialanforderungen überstiegen weit die von der Verwaltungsdirektion festgesetzte Höchstgrenze.
    »Sterben ist billiger, natürlich!« hatte Morus einmal den Verwaltungsdirektor angeschrien, als man ihm die überhöhten Medikamentenrechnungen vorhielt. »Aber dann bitte ich mir aus, das Schild ›Krankenhaus‹ am Tor wegzunehmen und ein neues hinzuhängen: ›Städtisches Sterbehaus‹!«
    Von diesem Tage an verkehrten Chefarzt und Verwaltung nur noch schriftlich miteinander, und es war ein Kampf bis zum letzten Mulltupfer.
    Oberarzt Dozent Dr. Pflüger hatte seit einer halben Stunde vergeblich nach Beißelmann gesucht. Auf der Station war er nicht, sein Zimmer war leer, Dr. Bernfeld hatte ihn vor ein paar Minuten noch gesehen, Schwester Angela wußte gar nichts … sie hatte in der Kapelle gebetet. Unruhig lief Dr. Pflüger durch die Station III, fuhr zum OP und zum Labor, sah in das Magazin hinein und lief dann suchend durch den Garten. Dabei traf er auf Schwester Inge, die auf einer Bank inmitten einer Buschgruppe saß und wie die anderen Schwestern den Lehrstoff der vergangenen ›Chefstunde‹ repetierte. Sie hatte die Beine übereinandergeschlagen, der blauweißgestreifte Rock war etwas in die Höhe über die Schenkel gerutscht, und während sie las, wippte sie mit der Schuhspitze des gekreuzten Beines.
    Dr. Pflüger blieb stehen und legte den Kopf etwas schief. Er hatte bisher nie von Inge Parth mehr wahrgenommen, als daß sie eine Schwester war, ein kleines, gestärktes Häubchen trug, sich immer freundlich gab und nicht auffiel. Nun sah er, daß sie schlanke, schön geformte, lange Beine besaß, feste Schenkel, sanft gerundete Hüften und – durch eine weiße Schürze verborgen, aber dennoch sichtbar – volle, feste Brüste. Es war ein durchaus erfreulicher Anblick, den Dr. Pflüger nicht als Oberarzt, sondern als Mann in sich aufnahm.
    Er räusperte sich und lächelte eine Nuance mehr als verbindlich, als sie das Buch von den Augen nahm.
    »Darf man sich dazusetzen, Schwester Inge?« fragte er.
    »Aber bitte, Herr Dozent.« Inge Parth rückte von der Mitte der Bank zur Seite. Dr. Pflüger setzte sich und bedauerte, daß durch diesen Sitzwechsel der Blick auf die schönen Beine zerstört war.
    »Sie lernen fleißig?« Er sah zur Seite. Die Muskeln im menschlichen Körper, las er. Darunter die Detailzeichnung eines Armes mit den in verschiedenen Farben deutlich gemachten Muskelsträngen. »Soll ich Sie abhören? Deltamuskel, Bizeps, Langer Aufwärtsdreher … oder seien wir genauer: Muskulus coracobrachialis, Bizepsbauch, Muskulus brachialis, Muskulus brachioradialis … Aber da ist noch mehr in solch einem Arm: Muskulus deltoides, Muskulus triceps, Muskulus pronator …« Er lachte und wußte, daß dieses jungenhafte Lachen von jeher eine bestimmte, brückenschlagende Wirkung auslöste. »Sie sehen, ich kann's noch!«
    »Als Dozent …« Schwester Inge legte das Buch zur Seite, zwischen sich und Dr. Pflüger.
    »Ich wette, daß ich durchfalle, wenn mich der Chef nach allen Regeln der

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