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Männerstation

Männerstation

Titel: Männerstation Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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der resezierten Rippe aus Einkerben der schrägen Bauchmuskeln nach vorn im Sinne eines lumbalen Schrägschnittes … besondere Vorsicht dabei, daß der Peritonealsack nicht verletzt wird … Dann Vordringen gegen die Vorderfläche des Quadratus lumborum …
    »Schlafen Sie, Bernfeld?!« Die Stimme Prof. Morus' holte ihn zurück. Er schrak zusammen und spürte, wie Schwester Innozenzia ihm einen Wundhaken in die Hand drückte und gleich darauf eine Klemme. Morus hatte den ersten Schnitt bereits getan, blitzschnell, schneller als die Gedanken, die ihn durchrast hatten.
    Dr. Bernfeld beugte sich vor. Er schämte sich und biß die Lippen aufeinander. Von da ab lief alles wie gewohnt. Still, präzise, schnell, wie es die Art von Morus war.
    Einkerben der Muskeln. Vordringen zur hinteren Wundlefze … die Hinterseite der Nierenfettkapsel lag frei … Spaltung der Fettkapsel … stumpfes Lösen der Niere …
    Morus sah ihn wieder an. Er spürte es, obwohl er nicht aufblickte. Es kam jetzt der Teil der Operation, der feinstes Fingerspitzengefühl erforderte. Die sorgfältige Präparation des Nierenstiels und Harnleiters, die Unterbindung der einzelnen Gefäße, ein kräftiger Faden um die Arterie renalis, Unterbindung des Ureter als letzte Abschnürung und dann die Durchtrennung.
    Mit beiden Händen hob Dr. Bernfeld die Niere aus dem Wundbett. Sie war geschwollen, gelbrötlich gefärbt, mit ausgedehnten Nekrosen durchsetzt. Zum Nierenbecken hin zeigte sich eine fünfmarkstückgroße Geschwulst, die noch nicht in das Nierenbecken oder die Nierenvene eingebrochen war.
    Prof. Morus bemühte sich noch immer um die Stielversorgung. Durch den Druck des Tumors auf die Vena cava caudalis hatte eine starke Blutung eingesetzt. Der elektrische Absauger, den Dr. Pflüger in die Wunde hielt, schaffte es nicht, ein klares Bild zu schaffen und den Stiel zu versorgen. Morus mußte in einem Blutsee blind arbeiten.
    »Noch früh genug«, sagte Dr. Pflüger nach einem Blick auf die Niere. »Kein Durchbruch. Es dürfte kaum metastasiert sein.«
    »Eine Scheiße ist das!« keuchte Prof. Morus grob. »Die Blutung kommt nicht zum Stehen!«
    Zwei Schwestern rollten die Gestelle mit den Blutkonserven heran. Dr. Birkel bereitete die Transfusion vor. Der hohe Blutverlust mußte aufgefangen werden. Morus' Kopf stieß vor.
    »Nehmen Sie Ihren Mistsauger raus!« schnauzte er Dr. Pflüger an. »Kompressen rein … ich brauche nur zwei Sekunden ein klares Bild …«
    Dr. Bernfeld und Dr. Pflüger stopften die Wunde mit Kompressen voll. Sie sogen wie ein Schwamm das Blut auf. Der Stiel lag plötzlich frei zwischen den Fingern Prof. Morus'. Ebenso blitzschnell reichte ihm Schwester Innozenzia die Unterbindungsnadel, während Dr. Pflüger mit dem Bergmann-Schieber den Blutpunkt erfaßte und zudrückte. Das Anlegen der gutsitzenden Ligatur war danach eine einfache Tätigkeit, die Morus mit größter Fingerfertigkeit ausführte.
    »Herz?« fragte er, als er sich aufrichtete. Dr. Birkel las die Frage mehr von den Augen ab, als daß er sie verstanden hätte. Es war nur ein heiseres Keuchen gewesen.
    »Flatternd, aber es bessert sich durch die Transfusion.«
    »Atmung?«
    »Flach, aber aufkommend.«
    Prof. Morus trat zurück und nickte Dr. Bernfeld zu.
    »Machen Sie weiter.«
    Der junge Arzt trat wieder an den Tisch heran. Schwester Innozenzia reichte ihm Drain und Streifen, die in die Wunde eingelegt wurden. Dann begann Dr. Bernfeld, die Wunde locker zu vernähen. Auch Dr. Pflüger trat zurück und streifte sich Handschuhe, Kappe und Mundschutz ab. Prof. Morus wusch sich bereits.
    »Er hat sich tapfer gehalten, unser Kleiner, was?« sagte er leise, als Pflüger am Nebenbecken stand. »Wir sollten ihn im Auge behalten. Vielleicht schafft die junge Ärztegeneration das, was wir uns immer als Ziel gesetzt haben: den Menschen, der keine Angst mehr vor dem Krankenhaus hat!«
    *
    Im Chefzimmer warteten zwei Herren, als Prof. Morus nach der Operation zurückkehrte. Die Sekretärin kannte von ihnen nur Direktor Dr. Berg, der andere hatte sich als Dr. Haller vorgestellt.
    »Aha!« sagte Morus und steckte die Hände in die Kitteltaschen. »Ich möchte auf gar keinen Fall gestört werden.«
    Dr. Berg und Dr. Haller erhoben sich sofort, als Morus eintrat. Der Verwaltungsdirektor übernahm es, den fremden Besucher vorzustellen.
    »Herr Ministerialdirektor Dr. Haller hatte mich gebeten, eine Unterredung mit Ihnen zu vermitteln, Herr Professor. In Anbetracht der Lage

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