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Männerstation

Männerstation

Titel: Männerstation Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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in Urlaub fahren.«
    Dr. Haller warf die Mappe mit einem Knall auf den Tisch. »Das ist eine Verschwörung!« rief er empört.
    »Meine Ärzte haben diese Ansicht freiwillig geäußert. Ich habe keinen Einfluß auf ihre Entscheidungen.«
    Dr. Berg kratzte sich den Kopf. Diese Komplikation war nicht vorgesehen. Die Konsequenzen aber lagen klar auf der Hand: wenn Prof. Morus ging, würden alle Ärzte mitgehen. Das Krankenhaus, von einem Tag auf den anderen aller Ärzte entblößt, mußte sofort schließen und notdürftig durch Stadtärzte versorgt werden. Vor allem würde es einen Skandal geben, der in die ganze Welt hinausging. Auch Ministerialdirektor Haller erkannte die Lage sofort und nahm eine erregte Wanderung durch das Chefzimmer auf.
    »So geht das nicht!« rief er anklagend. »Das sind ja anarchistische Zustände.«
    »Man kann es auch als demokratische Reaktion auf einen widerlichen Bürokratismus sehen.«
    »Sie können die Kranken nicht einfach liegenlassen!«
    »Was tun Sie, mein Herr?«
    »Ich bitte Sie!« Dr. Haller blieb ruckartig stehen. »Machen Sie nicht uns dafür verantwortlich, daß die politische Lage und die wirtschaftliche Situation vielen menschlich verständlichen Wünschen entgegenstehen.«
    »Und machen Sie die Kranken nicht dafür verantwortlich, daß sie ein Bett wollen, wenn sie krank sind, das notwendige Personal verlangen, um zu gesunden, und eine Umgebung wünschen, in der sie nicht den Eindruck haben, zu verfaulen, sondern zum Leben zurückgeführt zu werden!«
    »Sie übertreiben wieder einmal, Professor.«
    Dr. Haller stand steif mit durchgedrücktem Kreuz am Fenster. Er repräsentierte die staatliche Hoheit, die Unnahbarkeit des Staates. Daß ein kleiner Chirurgieprofessor es wagte, dagegen anzugehen, war nicht nur absurd, sondern in hohem Maße verwerflich.
    »Sie unterschreiben also nicht die Richtigstellung?« fragte er. Er wollte zu einem Abschluß kommen.
    »Nein!«
    »Dann wird diese Berichtigung ohne Ihre Unterschrift herauskommen.«
    »Ich werde mich von ihr distanzieren und – wenn nötig – mit anderem Material aufwarten! Ich habe genug hier, ich brauche nicht einmal ein Wort zu reden. Es genügt eine stumme Führung durch mein Krankenhaus und ein paar Interviews mit Patienten.«
    »Die Konsequenzen, Herr Professor …«
    »Donnerwetter!« Prof. Morus unterbrach Dr. Haller. »Machen Sie, was Sie wollen! Sagen Sie Ihrem Staatssekretär oder Minister oder wer sonst dafür verantwortlich ist, daß ich ihm nicht gönne, einmal als kleiner Kassenpatient dritter Klasse in einem solchen Haus wie diesem hier zu liegen! Leider wird er nie in diese Verlegenheit kommen, und das ist eigentlich schade, denn solange nicht auch der Herr Minister im Beisein von fünf anderen Patienten auf die Pfanne gehoben wird und unter den Blicken von zehn Augen scheißen muß, wird es nie besser werden! Das richten Sie bitte aus … weiter habe ich nichts mehr zu sagen!«
    Mit wütenden Schritten ging Prof. Morus zur Tür, riß sie auf und warf sie hinter sich knallend zu. Dr. Haller und Dr. Berg sahen sich einen Augenblick stumm an. Mit etwas bebenden Händen packte Dr. Haller seinen Schnellhefter wieder in die Aktentasche.
    »Ein unerhörtes Benehmen! Und solch ein Mensch ist Akademiker!«
    »Wenn man alles genau überdenkt …«, sagte Dr. Berg. Der Ministerialdirektor hob beide Hände.
    »Bitte! Nun fangen Sie nicht auch noch an! Man tut ja fast so, als sei ich der Verantwortliche! Ich bin auch nur ein kleiner Beamter, der weisungsgebunden ist! Ich tue meine Pflicht, weiter nichts!«
    »Und wer ist in Deutschland eigentlich verantwortlich?« Dr. Berg spürte eine wilde Lust, das zu sagen, was er bisher nur gedacht hatte. »Sollte man einmal zu mir sagen: Sie sind dafür verantwortlich, daß die Kranken in Badezimmern sterben und der Schwesternmangel so katastrophal ist, denn Sie sind ja der Verwaltungsdirektor – dann werde ich die Verantwortung auf Sie, Doktor Haller, abwälzen, denn von Ihnen bekomme ich meine Instruktionen! Was aber machen Sie? Sie verweisen auf den Minister, der Minister auf den Ministerpräsidenten, der Ministerpräsident auf die Regierung in Bonn und deren Politik. Wer aber macht die Politik? Der Bundeskanzler? Zur Verantwortung gezogen, wird es heißen: Der Bundestag hat die Politik gebilligt! Die Bundestagsabgeordneten werden sagen: Wir hatten die Order unserer Partei! Die Partei wird sagen: Uns hat das Volk gewählt, weil wir es richtig machen … mit anderen Worten:

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