Männertaxi: Eine turbulente Komödie (German Edition)
ich ja, aber dann habe ich noch einen wichtigen Termin reinbekommen«, ignoriert sie meinen Vorwurf. »Also habe ich ihn angerufen und gesagt, dass er bei dir klingeln soll. Scheint vom Telefon her ein eher biederer Typ zu sein. Also zumindest nicht so locker wie dein Sunnyboy von gestern Abend.«
»Na ja, Hauptsache, er hat nicht das gleiche Problem wie der kleine Sven vom großen Sven«, kontere ich lachend. Eigentlich sollte es witzig klingen, aber für einen Moment fühle ich, dass ich nicht besser bin als Svens Schulkameraden, und spüre den Hauch eines schlechten Gewissens.
»Was hast du denn auf einmal für wichtige Termine?«
»Ich muss bei einer Braut und ihren, jetzt halt dich fest, sechs Brautjungfern die Nägel machen. Deswegen kann ich auch nicht am Telefon live dabei sein.«
»Na super! Und wenn das jetzt irgendein Lustmörder ist?«
»Ist er nicht, dafür lege ich meine Hand ins Feuer. Und davon abgesehen: Schrei, wenn irgendetwas ist. Das werde ich schon hören, wenn wir beide die Fenster offen lassen.«
Ich überlege kurz, ob ich das Treffen lieber absagen soll. Andererseits: Sven war nun wirklich keine Gefahr. Warum sollte es also ausgerechnet ein Familienvater sein?
Wir verabschieden uns. Mein Blick fällt auf die Rose, die Sven mir gestern Abend mitgebracht hat. Entschlossen gehe ich zu meinem Spiegel, nehme die vertrockneten Tom-Rosen ab und stelle dafür die Vase davor. »Neue Rosen für eine neue Ära«, flüstere ich zufrieden. Dann springe ich unter die Dusche, zische an meiner Lieblingsbäckerei vorbei, hole mir mein Schokobrötchen ab und betrete um zehn Uhr richtig gutgelaunt das Snack & See . Wolf erwartet mich an der Tür. Nach guter Laune schaut er nicht gerade aus. Wobei … Ich weiß eigentlich gar nicht, wie er mit guter Laune aussieht.
»Isa! Schaust du bitte mal auf die Uhr?«, befiehlt er genervt.
Ich mache es. »Ja, und?« Was will der von mir?
»Es ist 10:03 Uhr! Dein Arbeitsbeginn ist 10:00 Uhr und keine Minute später!«
Ich halte ihm meine Uhr hin. »Meine Uhr scheint nachzugehen. Sorry.«
»Nix sorry!«
»Wolf, jetzt mach aber bitte mal halblang! Es sind drei Minuten! Drei! Hallo? Geht’s noch?«
»Wenn du jeden Tag drei Minuten zu spät kommst, so sind das in der Woche schon fünfzehn Minuten, und das wiederum macht in einem Monat eine ganze Stunde. Umgerechnet in Euro sind das genau zehn, die ich dir monatlich zu viel bezahle!«
Der hat doch ’nen Knall! »Und was ist mit den Minuten, die ich oft länger bleibe? Wenn ich die Abendkasse machen will zum Beispiel und du nicht pünktlich zur Übergabe hier bist?«
»Ich bin dein Chef! Ich darf das!«
Was für ein widerlicher Kotzbrocken! Ich nehme meine Tasche, verschwinde grummelnd hinter die Theke und bediene den ersten Kunden.
»Heute Abend machen wa ’ne Sause, Kleene«, grinst mich ein Typ mit grüngefärbten Haaren, geschätzten fünfundachtzig Gesichtspiercings und tätowierten Oberarmen an. Ich lächle skeptisch zurück und warte darauf, dass er mir die Marke des Films gibt, den er bei seiner Sause ansehen will.
»Und bitte noch zwei Sixpack Alt, Kleene!« Ich hole das Bier aus dem Kühlschrank, stelle es auf die Theke und halte die Hand für die Marke auf.
»Und noch ’ne Pulle Wodka, bitte. Wenn schon, denn schon, wa, Kleene?«
Ich würde ihm gerne ein paar Takte über Alkoholkonsum im Allgemeinen und die Bezeichnung »Kleene« im Speziellen erzählen, aber der Kunde ist bekanntlich König. »Das wird doch sicher ein netter Abend«, sage ich stattdessen.
»Da kannste von ausgehn. Meine Kumpels kommen alle, weil ich denen so von dem Film hier vorjeschwärmt habe, wa!« Er lacht, und dabei sehe ich, dass er fünf Goldzähne im Mund hat. Das passt natürlich irgendwie zu dem Edelmetall in seinem Gesicht, aber das macht es auch nicht besser. Sprachlos bin ich dann allerdings, als er mir endlich die Marke der DVD gibt und ich den Film aus dem Schrank ziehe.
Es ist Findet Nemo .
Ist nicht sein Ernst, oder?
Oder … Mist … habe ich die Marken diesmal wirklich falsch einsortiert? Ich werde leicht panisch und werfe Wolf einen Blick zu, der gerade zwei kleine Jungs anmotzt, die versucht haben, sich ins Kuschelzimmer zu schleichen. Hoffentlich kriegt der das jetzt nicht mit!
»Sie … Sie wollen schon Findet Nemo ausleihen, oder?«, frage ich leise.
»Klaro!« Der Typ kaut auf seinem Kaugummi, als sei es das erste Nahrungsmittel, welches er nach einem Jahr Hungersnot in den Mund bekommen
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