Märchen aus 1001 Nacht
handeln, zu einem anderen Plan entscheiden, durch den ich einen von euch als den Gewinner erklären und ihm gemäà meinem verpfändeten Wort die Hand der Prinzessin schenken kann. Ich habe deshalb folgendes beschlossen: Ein jeder von euch soll, mit Bogen und Pfeilen bewehrt, sein Ross besteigen und zur Rennbahn reiten, wohin ich euch mit den Wesiren meines Reiches und den GroÃen des Königtums und Herren des Landes folgen will. Dort sollt ihr in meiner Gegenwart einer nach dem anderen mit aller Kraft einen Pfeil entsenden und wessen Pfeil am weitesten fliegt, der soll von mir als am würdigsten der Prinzessin Nur en-Nahar erklärt werden.â Die drei Prinzen, die sich der Entscheidung ihres Vaters nicht widersetzen und ihre Weisheit und Gerechtigkeit nicht in Frage stellen mochten, setzten sich demgemäà auf ihre Rosse und ein jeder ritt mit Bogen und Pfeilen auf den Plan. Nachdem der König die Geschenke im königlichen Schatz untergebracht hatte, machte er sich gleichfalls mit den Wesiren und Reichswürdenträgern auf und als alles bereit war, erprobte Prinz Husein, der älteste Sohn und Erbe, seine Kraft und Fertigkeit und schoss einen Pfeil weit über den Plan. Nach ihm nahm der Prinz Ah seinen Bogen zur Hand und entsandte in derselben Richtung einen Pfeil, der noch weiter als der erste flog; und zuletzt kam Prinz Achmed an die Reihe. Er zielte ebenfalls in derselben Richtung, doch wollte es das Geschick, dass, wiewohl die Ritter und Höflinge ihre Rosse anspornten, um zu sehen, wo sein Pfeil auf den Boden fiele, sie keine Spur von ihm gewahrten und keiner von ihnen wusste, ob er in die Tiefe der Erde gesunken oder hoch zu des Himmels Grenzen geflogen wäre. Ja, einige Ãbelgesinnte glaubten sogar, dass der Prinz Achmed überhaupt keinen Pfeil vom Bogen abgeschossen hätte. SchlieÃlich befahl der König, nicht länger nach dem Pfeil zu suchen und erklärte sich zugunsten des Prinzen Ah, ihm die Prinzessin Nur en-Nahar als Gattin zusprechend, da sein Pfeil weiter als der des Prinzen Husein geflogen wäre. Demzufolge wurden die Hochzeitsriten und Zeremonien in der üblichen Zeit nach dem Gesetz und Brauch des Landes mit auÃerordentlichem Pomp und Prunk gefeiert. Der Prinz Husein wollte jedoch wegen seiner Eifersucht und Enttäuschung am Hochzeitstag nicht teilnehmen, da er die Herrin Nur en-Nahar weit stärker als seine Brüder geliebt hatte; er legte sein peinliches Gewand ab und zog in Fakirskleidung fort, um als Einsiedler zu leben. Ebenso brannte auch Prinz Achmed vor Neid und weigerte sich, an der Hochzeit teilzunehmen; indessen zog er sich nicht wie Prinz Husein in eine Einsiedelei zurück, sondern verbrachte alle seine Tage damit, seinen Pfeil zu suchen.
Eines Morgens zog er wie gewöhnlich wieder allein aus und brach von der Stelle auf, von welcher sie ihre Pfeile geschossen hatten. Nachdem er den Platz, auf dem die Pfeile seiner Brüder Husein und Ah gefunden worden waren, erreicht hatte, schritt er in gerader Richtung weiter und lieà seine Blicke nach rechts und links über Berg und Tal schweifen, bis er nach drei Parasangen ihn plötzlich flach auf einem Felsen liegen sah. Er verwunderte sich höchlichst, dass der Pfeil so weit geflogen war und sein Staunen wuchs, als er an ihn herantrat und sah, dass er nicht im Boden steckte, sondern anscheinend abgeprallt und flach auf einen glatten Stein gefallen war. Er sprach bei sich: Sicherlich hat es hiermit irgendeine besondre Bewandtnis, denn wie könnte ein Pfeil so weit steigen und in so sonderbarer Weise liegen bleiben? Alsdann schritt er zwischen den scharfen Klippen und mächtigen Blöcken weiter, bis er plötzlich auf ein Loch im Boden stieÃ, das in einen unterirdischen Gang auslief. Nach einigen Schritten stieà er auf eine eiserne Tür, die er mit Leichtigkeit aufmachte, da sie keinen Bolzen hatte und mit dem Pfeil in der Hand eintretend, gelangte er auf einen sanft abfallenden Weg, auf dem er hinunter stieg. Anstatt aber, wie er es fürchtete, alles dunkel zu finden, entdeckte er in einiger Entfernung einen geräumigen Platz, eine Erweiterung der Höhle, die auf allen Seiten mit Lampen und Kandelabern erleuchtet war. Nachdem er etwa fünfzig Ellen näher gekommen war, fiel sein Blick auf einen groÃen und schönen Palast und mit einem Male kam aus seinem Innern zum Portikus ein hübsches, liebliches und reizendes Mädchen
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