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Märchen aus 1001 Nacht

Märchen aus 1001 Nacht

Titel: Märchen aus 1001 Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mathias Lempertz GmbH
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die das Wasser gleich Perlen und Edelsteinen aus ihren Rachen spien; dazu flatterten Vögel ringsumher, welche durch ein hoch im Schloss ausgespanntes Netz am Fortfliegen gehindert waren. Über all dies verwundert, doch bekümmert, dass er niemand sah, der ihm über den See, die Fische, die Berge und das Schloss hätte Auskunft geben können, setzte er sich in der Tür, in Gedanken versunken, nieder, als er plötzlich ein Seufzen aus bekümmertem Herzen vernahm und dann eine Stimme ein Lied singen hörte, aus dem die Klage erscholl: “O Schicksal, du hast kein Erbarmen mit mir und verschonst mich nicht!”
    Als der Sultan diesen Klagegesang vernahm, sprang er auf und ging in der Richtung der Stimme vor; durch einen Vorhang trat er in einen Saal und erblickte hier auf einem Polster, das etwa eine Elle hoch sein mochte, einen jungen Mann von trefflichem Wuchs und schöner Stimme, mit glänzender Stirn und roten Wangen, auf denen ein Mal wie ein Ambraschild thronte. Der König freute sich, als er den jungen Mann sah, der in einem seidenen, goldgesäumten Kaftan dasaß, jedoch Spuren von Kummer im Antlitz trug und begrüßte ihn. Er erwiderte dem König den Gruß und sagte: “Mein Herr, entschuldige mich, dass ich nicht aufstehe.” Darauf fragte ihn der König: “O Jüngling, gib mir doch Auskunft über den See, die farbigen Fische, über dieses Schloss und warum du ganz allein hier bist und weinst.” Als der junge Mann diese Worte vernahm, flössen ihm die Tränen wieder die Wangen hinunter, dass der König, über sein bitterliches Weinen bestürzt, fragte: “Warum weinst du, Jüngling?” Er antwortete: “Soll ich nicht weinen, wenn ich mich in diesem Zustande befinde?” Dann streckte er seine Hand nach dem Saum seines Gewandes aus und hob es auf; da sah der König, dass die untere Hälfte seines Körpers Stein war. Der Jüngling erzählte nun.

Die Geschichte des versteinerten Prinzen
    Wisse, O König, mit diesen Fischen hat es eine seltsame Bewandtnis. Würde es mit Nadeln in die Augenwinkel geschrieben, es wäre eine Lehre für alle, die sich belehren lassen. So vernimm denn, mein Herr, dass mein Vater König in der Stadt, die hier stand, war und Machmud hieß, der Herr der schwarzen Inseln und der Herr jener vier Berge. Nachdem er siebzig Jahre regiert hatte, segnete er das Zeitliche, worauf ich an seiner statt Herrscher wurde und mich mit meiner Base verheiratete, welche mich so innig liebte, dass sie, wenn ich einmal fern von ihr war, weder aß noch trank, bis sie mich wieder sah. Fünf Jahre hatte sie so unter meiner Obhut verbracht, als sie eines Tages zum Bade ging, während ich dem Koch befahl, uns das Abendessen herzurichten und mich dann in dieses Schloss begab, um an meiner gewöhnlichen Ruhestätte zu schlafen. Ich befahl hier zwei Sklavinnen, mir das Gesicht zu fächeln, worauf sich die eine mir zu Häupten, die andere zu Füßen legte. In Unruhe jedoch über ihre Abwesenheit vermochte ich nicht einzuschlafen; mit geschlossenen Augen, aber wachem Geiste hörte ich nun, wie die Sklavin, die mir zu Häupten saß, die andere Sklavin zu meinen Füßen anredete und sprach: “Ach, Masude, unseres Herrn Jugend ist doch arm; wie leid er mir tut um unserer verworfenen, sündigen Herrin willen!” Darauf antwortete die andere: “Allah verfluche alle ehebrecherischen Weiber! Aber einer wie unser Herr mit solchen Eigenschaften passt nicht für diese Dirne, die jede Nacht fern von seinem Lager zubringt.” Nun sagte wieder die Sklavin, die mir zu Häupten saß: “Unser Herr ist doch sehr sorglos, dass er sie nicht zur Rede stellt”, worauf die andere erwiderte: “Wehe dir, weiß unser Herr denn, was sie treibt, oder verlässt sie ihn etwa mit seinem Willen? Im Gegenteil; sie vermischt den Trank, den er jede Nacht vor dem Schlafengehen zu sich nimmt, mit Bendsch, sodass er fest schläft und nicht weiß, was vorgeht, wohin sie geht und was sie treibt. Dann, nachdem sie ihm den Trank gereicht hat, legt sie ihre Kleider wieder an und geht aus. Erst in der Morgendämmerung kommt sie wieder und brennt ein Räucherwerk vor seiner Nase ab, dass er aus seinem Schlaf erwacht.
    Als ich dieses Zwiegespräch der beiden Sklavinnen hörte, wurde das Licht vor meinem Angesichte Finsternis und ich konnte kaum die Nacht erwarten. Als nun

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