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Märchen aus 1001 Nacht

Märchen aus 1001 Nacht

Titel: Märchen aus 1001 Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mathias Lempertz GmbH
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sah, gefiel ihm keine Schrift so gut wie meine; und er sagte zu den versammelten Großen: “Geht zu dem Schreiber dieser Zeilen, kleidet ihn in ein Ehrengewand, setzet ihn auf eine Mauleselin, geleitet ihn mit einer Musickapelle hierher und führt ihn vor mich.” Als sie nun die Worte des Königs hörten, lächelten sie; aber der König wurde zornig über sie und rief: “Ihr Elenden! Ich spreche mit euch von einem Befehle und ihr lacht über mich.” “O König”, erwiderten sie, “unser Lachen hat einen Grund.” “Und was ist das für ein Grund?” fragte er; sie antworteten: “O König, du befiehlst uns, den vor dich zu führen, der diese Zeilen schrieb; nun ist aber der, der sie schrieb, ein Affe und kein menschliches Wesen; und er gehört dem Kapitän des Schiffes.” Da sprach er: “Ist das wahr, was ihr mir sagt?” Sie antworteten: “Ja, bei deiner Hoheit!” Und der König staunte über ihre Worte, schüttelte sich vor Vergnügen und sprach: “Ich möchte diesen Affen von dem Kapitän erwerben.” Dann schickte er seinen Boten auf das Schiff, mit der Mauleselin, dem Ehrengewand und der Musikkapelle; und er sagte: “Kleidet ihn trotzdem ein in dies Ehrengewand und setzet ihn auf das Maultier; holt ihn vom Schiffe ab und bringt ihn her!” So gingen sie zum Schiff und nahmen mich dem Kapitän, kleideten mich in das Ehrengewand und setzten mich auf das Maultier. Und das Volk war verblüfft und die Stadt war in Aufruhr um meinetwillen; denn alle wollten mich sehen. Als sie mich aber zum König brachten und er mich empfing, küsste ich dreimal den Boden vor ihm; dann hieß er mich sitzen und ich ließ mich nieder auf Knie und Schienbein; und das Volk, das anwesend war, staunte ob meiner Höflichkeit und am meisten von allen wunderte sich der König. Darauf befahl er dem Volk, sich zurückzuziehen; als sich alle zurückgezogen hatten und niemand mehr da war außer der Majestät des Königs, dem Eunuchen und einem kleinen weißen Sklaven, befahl er, den Tisch mit den Speisen herbeizutragen; darauf befand sich, was da hüpft und fliegt und beim Paaren in den Nestern liegt, Flughühner und Wachteln und alle anderen Arten von Vögeln. Nun winkte der König mir, mit ihm zu essen; so stand ich auf, küsste vor ihm den Boden, setzte mich und aß mit ihm. Und als man abtrug, wusch ich mir die Hände siebenmal, nahm die Tintenkapsel und das Schreibrohr und schrieb diese Verse:
    Kehr ein bei dem Geflügel an die Stätte der Pfannen
    Und klage, dass die Braten und Rebhühner zogen von dannen!
    Beweine die Töchter des Flughuhns, wie ich sie immer beweine,
    Mit den gebratenen Küken und dem Röstfleisch im Vereine!
    Wie traurig ist mein Herz doch über zwei Arten von Fischen,
    Die man auf Laiben von Brot in Stufen pflegt aufzutischen!
    Ach, wie reichlich war einst der Braten! O welches Vergnügen,
    Wenn das Fett einsank in den Essig aus den Krügen!
    Nie schüttelte mich der Hunger außer in einer Nacht,
    Die ich betend beim Brei im Lichte der Steine verbracht;
    Und ich dachte dabei an ein Essen mit seinem Duft,
    Der stieg von reichlich gedeckten Tischen aus in die Luft.
    O meine Seele, Geduld! Ein wunderlich Ding ist die Zeit:
    War sie uns einen Tag gram, am nächsten bringt sie uns Freud.
    Dann stand ich auf und setzte mich in ehrerbietiger Entfernung nieder; der König blickte auf das, was ich geschrieben hatte und als er es gelesen hatte, staunte er und rief: “O Wunder! Ein Affe, begabt mit solcher Beredsamkeit und Kunst des Schreibens! Bei Allah, dies ist das Größte aller Wunder!” Darauf brachte man dem König erlesenen Wein in gläserner Flasche und er trank; er reichte auch mir davon und ich küsste den Boden und trank und schrieb dann:
    Sie brannten mich mit Feuer, um mich zum Reden zu bringen;
    Doch fanden sie, dass ich im Leiden geduldig bin.
    Deshalb wurde ich auch von ihnen auf Händen getragen,
    Und ich nahm den Kuss von den Lippen der Schönen hin.
    Und weiter:
    Der Morgen rief der Nacht zu: Gib ihn mir zu trinken,
    Der den Weisen zum Toren macht, den klaren Wein!
    Beide sind so zart, so klar, dass ich nicht erkenne:
    Ist er’s im Glas, oder ist es das Glas in seinem Schein?
    Da las der König die Verse und sagte mit einem Seufzer: “Wäre diese feine Bildung in einem Menschen, so

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