Märchen aus 1001 Nacht
jetzt keine langen Reden vor mir! Es ist mir ein leichtes, dich zu töten; doch ich gebe dir die Wahl.â Da sagte ich: âO Dämon, mir zu verzeihen würde dir besser anstehen; drum verzeih mir; wie der Beneidete dem Neider verzieh.â Er fragte: âWie war denn das?âÂ
Da begann ichÂ
Die Geschichte vom Neider und vom Beneideten
âMan erzählt, O Ifrit, dass in einer Stadt zwei Menschen lebten, die benachbarte Häuser mit einer gemeinsamen Mauer bewohnten; einer von den beiden beneidete den anderen und traf ihn mit bösem Blick und tat sein ÃuÃerstes, um ihm zu schaden. Immerdar beneidete er ihn und sein Neid nahm so zu, dass er wenig Speise nahm und der süÃe Schlaf kaum mehr zu ihm kam. Aber dem Beneideten wurde das Glück immer holder; und je mehr der andere ihm zu schaden strebte, umso mehr gewann er, wuchs und gedieh. Doch er erfuhr von der Bosheit seines Nachbarn gegen ihn und von seinem Streben, ihm Schaden zu tun; so ging er fort aus dessen Nähe und verlieà sein Land, indem er sprach: âBei Allah, ich muss seinetwegen der Welt entsagen!â Er lieà sich in einer anderen Stadt nieder und kaufte sich dort ein Stück Landes, auf dem ein alter Ziehbrunnen stand. Dann baute er sich ein Bethaus, kaufte sich alles Notwendige und widmete sich in seiner Klause nur dem Gebet und dem Dienste Allahs des Erhabenen. Bald kamen Fakire und Arme zu ihm aus allen Ländern; und sein Ruhm verbreitete sich in jenem Lande. Auch seinen früheren Nachbar, den Neider, erreichte die Nachricht, welches Glück ihm zuteil geworden und wie die GroÃen des Landes zu ihm wallfahrteten. So ging er hin und trat in das Kloster ein; jener, der Beneidete, empfing ihn mit Willkommensgruà und mit Freundlichkeit und erwies ihm alle Ehren. Da sprach der Neider: âIch habe dir ein Wort zu sagen und das ist der Grund meiner Reise hierher; denn ich möchte dir gute Nachricht bringen, also komm und geh mit mir in dein Kloster.â Der Beneidete nun nahm den Neider bei der Hand und sie gingen hinein in das Innerste des Klosters; aber der Neider sagte: âSage deinen Fakiren, dass sie sich in ihre Zellen zurückziehen; denn ich möchte nur im Geheimen mit dir sprechen, wo niemand uns hören kann.â Da sprach der Beneidete zu seinen Fakiren: âZieht euch in eure Zellen zurück!â Und als alle getan, was er ihnen befohlen hatte, ging er mit seinem Gaste noch ein wenig weiter, bis sie zu dem alten Brunnen kamen. Dort stieà der Neider den Beneideten, von niemandem gesehen, in den Brunnen hinab; dann ging er hinaus und zog seiner Wege und glaubte, er habe ihn getötet. Nun aber war der Brunnen bewohnt von guten Geistern; die lieÃen ihn ganz allmählich nieder gleiten und lagerten ihn auf dem Felsboden. Und die einen von ihnen fragten die anderen: âWisst ihr, wer er ist?â und die erwiderten: âNein.â Da sprach einer von ihnen: âDieser Mensch ist der Beneidete, der vor seinem Neider floh, sich in unserer Stadt ansiedelte und dies Kloster begründete; und er erfreute uns durch seine Litaneien und durch sein Vorlesen aus dem Koran. Aber der Neider machte sich auf den Weg zu ihm, bis er bei ihm war; da überlistete er ihn und warf ihn zu euch hinab. Doch sein Ruhm ist heute Abend zum Sultan dieser Stadt gedrungen, der beschlossen hat, ihn morgen um seiner Tochter willen zu besuchen.â âWas fehlt seiner Tochter denn?â fragte einer von ihnen und ein anderer versetzte: âSie ist besessen von einem Geist; denn der Dämon Maimün, der Sohn des Damdam, ist in sie verliebt. Wenn aber dieser Fromme das Mittel wüsste, so wäre es das Allerleichteste, sie zu befreien und zu heilen.â âWas ist das für ein Mittel?â fragte einer von ihnen und jener erwiderte: âDer schwarze Kater, der bei ihm in seinem Bethaus ist, hat am Ende seines Schwanzes einen weiÃen Fleck von der GröÃe eines Dirhems; daraus muss er sieben weiÃe Haare reiÃen und die muss er über der Kranken verbrennen. Dann wird der Marid von ihr weichen und nie wieder zu ihr zurückkehren; sie wird zur selbigen Zeit gesund werden.â Diese ganze Unterhaltung, O Dämon, wurde geführt, während der Beneidete zuhörte. Als es nun Morgen wurde und die Dämmerung emporstieg und heller wurde, da kamen die Fakire, um den Scheich zu suchen und trafen ihn, wie er aus dem Brunnen heraufstieg; und
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