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Märchen aus 1001 Nacht

Märchen aus 1001 Nacht

Titel: Märchen aus 1001 Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mathias Lempertz GmbH
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er eine Platte vor. Dann zündete er zehn Kerzen an und heftete an jede Platte eine Kerze. Darauf zog er die Decken weg und siehe, auf den Platten darunter war nichts als Asche, Kohlenstaub und Kesselruß. Nun schlugen all die Jünglinge ihre Ärmel bis zu den Ellenbogen auf und begannen zu weinen und zu klagen; und sie schwärzten sich die Gesichter, zerrissen ihre Kleider und schlugen sich die Stirn und die Brust und riefen dabei: “Wir saßen in unserer Fülle da, doch unser Fürwitz war uns zu nah!” Das taten sie beständig, bis der Morgen herannahte; dann aber stand der Alte auf und wärmte Wasser für sie; und sie wuschen sich die Gesichter und legten andere Kleider an. Als ich nun dies sah, O meine Herrin, verließ mich der Verstand, mein Sinn wurde verwirrt und mein Inneres war mir voll Gedanken, bis ich vergaß, was vorher geschehen war und nicht länger Schweigen bewahren konnte; ich musste reden und sie fragen und so sagte ich denn zu ihnen: “Was ist der Anlass hierzu, nachdem wir so froh gewesen und müde geworden sind? Ihr habt doch, gottlob! noch gesunden Verstand, aber so etwas tun nur Verrückte. Ich beschwöre euch bei allem, was euch das Liebste ist, erzählte mir eure Geschichte und sagt mir den Grund, weshalb ihr jeder ein Auge verloren habt und euch die Gesichter schwärzt mit Asche und Ruß?” Da wandten sie sich zu mir und sprachen: “O Jüngling, lass dich durch deine Jugend nicht betören, sondern lass ab vom Fragen!” Dann erhoben wir uns miteinander, der Alte aber brachte uns ein wenig zu essen. Nachdem wir gegessen hatten und das Geschirr abgetragen war, saßen sie beisammen und unterhielten sich bis zum Einbruch der Nacht. Da stand der Alte auf, zündete die Wachskerzen und Lampen an und setzte Speise und Trank vor uns hin. Und als wir damit fertig waren, saßen wir wieder beisammen, unterhielten uns und plauderten bis Mitternacht; da sprachen die Jünglinge zu dem Alten: “Bringe, was uns gebührt; denn die Stunde des Schlafes ist da!” Der Alte stand auf und brachte ihnen die Platten mit dem schwarzen Staub; und sie taten, wie sie in der vergangenen Nacht getan hatten. In dieser Weise blieb ich bei ihnen einen vollen Monat lang und jede Nacht schwärzten sie sich die Gesichter mit Asche und dann wuschen sie sich und wechselten ihre Kleider. Doch ich wunderte mich darüber immer mehr und die Versuchung trat immer stärker an mich heran, sodass ich mich selbst der Speise und des Trankes enthielt. Und ich sprach zu ihnen: “Ihr Jünglinge, macht doch meiner Unruhe ein Ende und sagt mir, weshalb ihr euch so die Gesichter schwärzt?” Doch sie erwiderten: “Es wäre besser, unser Geheimnis zu bewahren.” Aber ich war ratlos über ihr Tun und enthielt mich des Essens und Trinkens und zuletzt sagte ich zu ihnen: “Es hilft nichts, ihr müsst mir kundtun, was das alles bedeutet!” Sie antworteten: “Dies bringt Unheil über dich; denn du wirst werden wie wir.” Dennoch wiederholte ich: “Es hilft nichts; und wenn ihr nicht wollt, so lasst mich ziehen und zu meinem eigenen Volke zurückkehren, damit ich Ruhe habe vor dem Anblick dieser Dinge; denn das Sprichwort sagt: “Es ist wahrlich besser, wenn ich fern von euch bliebe, damit das Auge nicht schaue, das Herz sich nicht betrübe.” Da holten sie einen Widder, schlachteten ihn, häuteten ihn ab und sagten zu mir: “Nimm dies Messer und lege dich in dies Fell, so wollen wir dich einnähen; und alsbald wird ein Vogel kommen, geheißen der Vogel Roch, der wird dich hochheben und dich auf einem Berge niederlegen. Danach schneide das Fell auf und krieche heraus; der Vogel aber wird über dich erschrecken und davonfliegen und dich allein lassen. Dann wandere einen halben Tag lang, so wirst du vor dir einen Palast finden, der von wunderbarer Gestalt ist. Dort tritt ein und dein Wunsch ist erfüllt; denn dass wir in den Palast getreten sind, ist der Grund, weshalb wir uns die Gesichter schwärzen und unser eines Auge verloren haben. Wollten wir jetzt dir unsere Geschichte erzählen, so würde es zu lange dauern; denn einem jeden von uns ist bei dem Verlust seines linken Auges etwas Besonderes widerfahren.” Ich freute mich über ihre Worte und sie taten mit mir, was sie gesagt hatten; der Vogel trug mich davon und setzte sich mit mir auf einem Berge nieder. Ich aber

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