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Märchen aus 1001 Nacht

Märchen aus 1001 Nacht

Titel: Märchen aus 1001 Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mathias Lempertz GmbH
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kroch heraus aus dem Fell und wanderte, bis ich in den Palast kam. Siehe, da waren vierzig Mädchen, schön wie der Mond, an deren Anblick man sich nicht satt sehen konnte. Als sie mich erblickten, sprachen sie alle: “Herzlich willkommen, sei uns gegrüßt, o unser Herr! Einen ganzen Monat schon warteten wir deiner, Preis sei Allah, der uns einen sandte, unser wert, wie wir seiner wert sind!” Dann ließen sie mich auf einem hohen Diwan sitzen und sagten: “Heute bist du unser Herr und Gebieter, wir sind deine Dienerinnen und dir untertan; also befiehl uns nach deinem Gutdünken!” Ich aber staunte über sie. Sie brachten mir darauf Speise und ich aß mit ihnen; auch setzten sie mir Wein vor. Alle umstanden mich dann, um mir aufzuwarten. Zuletzt machten fünf sich daran, eine Matte auszubreiten; darauf legten sie ringsum Blumen und Früchte und Naschwerk vielerlei Art und dann brachten sie den Wein herbei. Nun setzten wir uns wieder zum Trinken; sie nahmen eine Laute und sangen Lieder zu ihr. Die Becher und Schalen kreisten bei uns und mich überkam eine solche Freude, dass sie mich alle Sorgen der Welt vergessen ließ. Und ich sprach: “Dies ist das wahre Leben!” Und ich blieb bei ihnen, bis die Schlafenszeit kam. Da sagten sie: “Nimm mit dir, welche von uns du wünschest, auf dass sie dein Lager teile!” So wählte ich eine von ihnen, die hatte ein schönes Antlitz und dunkle Augen, schwarz war ihr Haar, zierlich der Lippen Paar, zusammengewachsen die Brauen, alles an ihr war wunderbar anzuschauen, sie war einem frischen Zweig oder dem Stängel des Myrrhenkrauts gleich, sie berückte das Herz und nahm es gefangen, so wie einst Dichter von ihr sangen:
    Vergliche ich sie mit dem frischen Zweig, es wäre Torheit!
    Fern sei es, dass ich ihren Blick mit dem des Rehes vergleich!
    Woher hätte das zarte Reh ihre schlanken Glieder?
    Oder den Honigtrank ihrer Lippen, an Süße so reich?
    Oder ihr weites Auge, das tödliche Liebe entfachet
    Und das liebende Herz in Todesbande schlägt?
    Ich wandte mich ihr zu mit wilder, heidnischer Liebe;
    Kein Wunder ist’s, wenn in dem Kranken sich rasende Leidenschaft regt.
    Und ich wiederholte ihr die Worte des Dichters:
    Mein Auge soll immer nur auf deine Schönheit schauen;
    Kein Bild als deines allein soll in meinem Herzen schweben.
    Und alle meine Gedanken verehren nur dich, O Herrin;
    In Liebe zu dir will ich sterben und auferstehen zum Leben.
    So verbrachte ich denn jene Nacht bei ihr; und nie habe ich eine schönere erlebt denn diese. Als aber der Morgen kam, führten die Mädchen mich in das Bad, ließen mich baden und kleideten mich in die prächtigsten Gewänder. Sie trugen Speise und Trank für uns auf und wir aßen und tranken und die Becher kreisten bei uns bis zum Einbruch der Nacht. Dann wählte ich wieder eine unter ihnen, an Schönheit reich und mit Formen so weich, wie sie der Dichter beschrieb, als er sang:
    Ich sah auf ihrer Brust zwei Schreine, die waren versiegelt
    Mit Moschus, auf dass der Verliebte sie nicht berührt und verletzt.
    Sie behütet die beiden mit Pfeilen aus ihren Blicken;
    Sie trifft mit ihrem Pfeile den, der sich ihr widersetzt.
    Und auch mit ihr verbrachte ich die schönste Nacht bis zum Morgen; und, um mich kurz zu fassen, O meine Herrin, ich blieb bei ihnen im herrlichsten Leben ein ganzes Jahr lang. Aber zu Anfang des zweiten Jahres sprachen sie zu mir: “Ach, hätten wir dich nie kennen gelernt! Doch wenn du auf uns hörst, so kannst du dadurch gerettet werden”; und sie begannen zu weinen. Ich aber war erstaunt und fragte sie: “Was bedeutet dies?” Da antworteten sie: “Siehe, wir sind Töchter von Königen und wir sind seit Jahren hier vereint. Wir bleiben vierzig Tage fort und bleiben ein Jahr hier, essen und trinken, ergötzen und freuen uns; aber nun müssen wir fortgehen. Das ist unsere Gewohnheit. Nun fürchten wir, dass du, wenn wir fort sind, unserem Befehle zuwiderhandelst. Siehe da, wir übergeben dir die Schlüssel des Schlosses; in ihm sind vierzig Zimmer. du darfst diese neununddreißig Türen öffnen; aber hüte dich, die vierzigste Tür zu öffnen, sonst musst du uns verlassen.” Ich rief: “Ich werde sie nicht öffnen, wenn das die Trennung von euch bedeutet!” Darauf trat eine von ihnen zu mir, umarmte mich und weinte und sprach die

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