Märchen aus 1001 Nacht
ich dich Sonne? Doch nein - die Sonne verliert ihre Strahlen.
Ach, meine Trauer um dich und ach, mein Schmerz ob der Zeit!
Dich kann mir keiner ersetzen! Wer wäre je deinesgleichen?
Dein Vater sehnt sich nach dir und doch, seit dich der Tod
Umfangen hat, kann ich dich, ach, nie und nimmer erreichen!
Das Auge der Neider istâs, das heut uns getroffen hat.
Die ernten, was sie gesät. Weh über die schändliche Tat!
Dann tat er einen einzigen Seufzer und seine Seele verlieà seinen Leib. Da schrien die Sklaven laut: âWeh, unser Herr!â und sie warfen sich Staub auf den Kopf und weinten noch lauter. Und Seite an Seite trugen sie ihren Herrn und seinen Sohn zum Schiff hinab. Darauf setzten sie Segel und schwanden mir aus den Augen. Ich aber stieg von dem Baum, ging durch die Falltür hinab und gedachte des Jünglings; ich sah, was noch von seinen Sachen dort war und sprach die Verse:
Ich sehe ihre Spuren und ich vergehe vor Sehnsucht;
An ihren verlassenen Stätten vergieÃe ich meine Zähren.
Und ich bitte den, der meinen Weggang von ihnen beschlossen,
Er möge eines Tages mir gnädig die Heimkehr gewähren.
Und dann, O Herrin, ging ich durch die Falltür hinaus; bei Tage streifte ich auf der Insel umher und bei Nacht kehrte ich in die unterirdische Halle zurück. So lebte ich einen Monat lang und sah oft auf die Seite der Insel hinaus, die gegen Westen lag. Denn dort pflegte an jedem Tage, der verging, das Meer trockener zu werden, bis des Wassers auf der Westseite ganz wenig wurde und die Strömung aufhörte. Und als der Monat vorüber war, war das Meer in jener Richtung ganz ausgetrocknet. Da freute ich mich und fühlte mich meiner Rettung sicher. So stand ich auf und durchschritt das flache Wasser, das noch blieb und kam zum Festland; dort aber traf ich auf groÃe Haufen losen Sandes, in den selbst ein Kamel bis an die Knie eingesunken wäre. Doch ich fasste mir Mut und watete durch den Sand und siehe, in der Ferne leuchtete mir mit blendendem Licht ein Feuer. Ich ging darauf zu, da ich hoffte, Hilfe zu finden und sprach diese Verse:
Vielleicht, dass das Geschick noch seinen Zügel wendet
Und doch noch Gutes bringet trotz der Zeiten Neid,
Mir meine Hoffnung fördert, meinen Wunsch erfüllet,
Und dass noch neue Freude sprieÃt aus altem Leid.
Nun ging ich weiter auf das Feuer zu und als ich nahe daran war, siehe, da war es ein Palast, dessen Tor aus Messing war; und wenn die Sonne darauf schien, leuchtete es weithin, sodass man es für ein Feuer halten konnte. Ich freute mich des Anblicks und setzte mich nieder, gegenüber dem Tor. Aber kaum hatte ich mich gesetzt, da traten zehn Jünglinge auf mich zu, in kostbare Gewänder gekleidet und bei ihnen war ein uralter Greis; doch die zehn Jünglinge waren alle auf dem linken Auge blind. Ich wunderte mich darüber, was es mit ihnen für eine Bewandtnis haben möchte und warum sie alle so gleichmäÃig blind waren. Als sie mich sahen, begrüÃten sie mich und fragten mich nach mir und meiner Geschichte; und ich erzählte ihnen alles, was mir widerfahren und welches Maà des Unglücks an mir vollendet war. Da staunten sie ob meiner Erzählung und führten mich in den Palast; dort sah ich rings um die Halle zehn Lager gereiht und ein jedes Lager hatte einen Teppich und eine Decke aus blauem Stoff. In der Mitte zwischen jenen Lagern stand ein kleineres Lager, auf dem wie bei den anderen alles blau war. Als wir eingetreten waren, nahm ein jeder der Jünglinge auf seinem Lager Platz und der Alte setzte sich auf das kleinere Lager in der Mitte und sagte zu mir: âO Jüngling, nimm Platz in diesem Palaste und frage nicht nach uns, noch nach unserer Einäugigkeit.â Dann stand der Alte auf und setzte vor jeden Jüngling ein wenig Speise in einer Schüssel und Trank in einem Becher und mir setzte er in gleicher Weise vor. Darauf lehnten sie sich zurück und fragten mich wieder nach meinen Abenteurern und nach allem, was mir widerfahren war; und ich erzählte ihnen bis weit in die Nacht hinein. Da sagten die Jünglinge: âAlter, willst du uns nicht bringen, was uns gebührt? Die Zeit ist da.â Er erwiderte: âHerzlich gern.â Dann stand er auf, trat in eine Kammer des Schlosses und verschwand; alsbald kam er zurück und trug auf dem Kopf zehn Platten, deren jede mit einem blauen Tuch bedeckt war. Einem jeden Jüngling setzte
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