Märchen aus 1001 Nacht
Ich hatte mich den Tag über vergnügt und begegnete des Abends beim Nachhausegehen diesem Buckligen, der angetrunken war und auf einem Tamburin spielte, wozu er lustig sang. Ich trat herzu, um meinen Spaà an ihm zu haben und nahm ihn dann mit mir nach Hause. Darauf kaufte ich Fische ein und wie wir uns gesetzt hatten und aÃen, nahm meine Frau ein groÃes Stück Fisch und stopfte es ihm in den Mund, worauf er auf der Stelle erstickte. Da nahmen wir ihn beide, meine Frau und ich und trugen ihn zum Haus des Juden. Als die Sklavin herunterkam und uns die Tür öffnete, sagte ich zu ihr: Melde deinem Herrn, dass an der Tür ein Weib und ein Mann mit einem Kranken stehen und sprich: âSieh ihn dir an und verschreib ihm eine Medizinâ und gab ihr einen Vierteldinar. Darauf stieg sie wieder zu ihrem Herrn hinauf, ich aber lehnte den Buckligen an die Treppe und ging mit meiner Frau meines Weges. Wie der Jude nun die Treppe hinunter stieg, stolperte er über ihn und meinte, er hätte seinen Tod verschuldet.â Dann fragte der Schneider noch den Juden: âIst es wahr?â und der Jude antwortete: âJa.â Darauf wendete sich der Schneider wieder zum Wali und sagte zu ihm: âLass den Juden los und hänge mich!â Als der Wali die Erzählung des Schneiders vernommen hatte, verwunderte er sich über diesen Fall mit dem Buckligen und sagte: âFürwahr, diese Geschichte sollte in die Bücher eingetragen werden.â Dann befahl er dem Henker: âLass den Juden los und hänge den Schneider, weil er eingestanden hat.â Der Henker führte den Schneider vor, legte ihm den Strick um den Hals und meinte: âSollen wir einen nach dem anderen unter den Galgen stellen und wieder zurückschieben und schlieÃlich keinen hängen?â Nun aber war der Bucklige der Hofnarr des Sultans, von dem sich dieser gar nicht trennen konnte, sodass der Sultan, als der Bucklige in der Trunkenheit die Nacht über und den folgenden Tag bis Mittag von ihm fortgeblieben war, einige der Anwesenden nach ihm fragte. Dieselben gaben ihm zur Antwort: âHerr, der Wali brachte ihn eben tot an und gab Befehl, seinen Mörder hängen zu lassen; wie er aber zum Richtplatz hinunterging, kam noch einer und dann ein dritter, die alle behaupteten, ihn allein umgebracht zu haben und alle dem Wali den Hergang der Sache angaben.â Infolgedessen rief der König den Dienst habenden Kämmerling und befahl ihm: âGeh zum Wali hinunter und bring alle zusammen her.â Als sich nun der Kämmerling nach unten begeben hatte und sah, wie der Henker gerade im Begriff stand, den Schneider aufzuhängen, rief er ihm zu: âHalt ein! â und teilte dem Wali mit, dass der Vorfall dem König zu Ohren gekommen sei; darauf begab er sich mit dem Wali, dem Buckligen, der getragen wurde, dem Schneider, dem Juden, dem Christen und dem Oberküchenmeister zusammen zum König.
Als der Wali vor dem König stand, küsste er die Erde vor ihm und erzählte ihm den ganzen Verlauf der Sache; der König aber verwunderte sich höchlichst über diese Geschichte, die ihn über die MaÃen seltsam dünkte. Aber er war über den Tod seines Narren sehr zornig und so sprach er zu den Gefangenen: âihr müsst alle zusammen gehängt werden! Aber euch soll die verdiente Strafe erlassen werden, wenn einer von euch eine Geschichte erzählen kann, die ebenso merkwürdig ist wie die des Buckligen!â Da drängten sich alle vor, zu erzählen und der König sagte zu dem Schneider: âErzähl du, Schneider, der du an dem ganzen Ãbel schuld bist! Und gefällt uns deine Geschichte, so sei auch die Schuld verziehen!â Darauf erzählte der Schneider:
Die Geschichte des Barbiers von Bagdad
Wisse, O König der Zeit, mein Erlebnis ist in der Tat wunderbar. Bevor ich mit dem Buckligen zusammentraf, war ich in der Morgenfrühe auf einem Gastmahl gewesen, das für einige meiner Freunde von den Zünften der Schneider, der Tuchhändler, der Schreiner und dergleichen veranstaltet war. Als die Sonne aufgegangen war, wurden uns die Speisen zum Essen vorgesetzt und nun trat plötzlich der Hausherr in Begleitung eines jungen und hübschen fremden Mannes zu uns herein. Der junge Mann war aus Bagdad, hatte die denkbar schönsten Kleider an und besaà die gröÃte Anmut, abgesehen davon, dass er hinkte. Wie er zu uns hereingetreten
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