Märchen aus 1001 Nacht
war, begrüÃte er uns und wir standen vor ihm auf; schon wollte er Platz nehmen, da erblickte er einen Barbier unter uns und lehnte es nicht nur ab, sich zu setzen, sondern wollte auch wieder von uns fortgehen. Der Hausherr und wir hielten ihn jedoch davon ab, indem wir stark auf ihn einredeten und der Hausherr beschwor ihn und fragte: âWelchen Grund hast du, erst einzutreten und dann wieder fortzuwollen?â Darauf erwiderte er: âBei Allah, mein Herr, tritt mir nicht in den Weg, denn die Ursache hiervon ist jener Barbier, der dort sitzt.â Als der Gastgeber diese Worte vernahm, verwunderte er sich aufs ÃuÃerste und sagte: âWie kann dieser junge Mann aus Bagdad sich so über jenen Barbier aufregen?â, während wir uns zu ihm wendeten und sagten: âErzähl uns, weshalb du dich so sehr über den Barbier aufregst.â Infolgedessen erzählte der junge Mann: Ihr Leute, mit diesem Barbier hat sich ein wunderbarer Vorfall in meiner Heimatstadt Bagdad zugetragen, der auch die Ursache davon ist, dass ich hinke. Ich schwur deshalb, mich niemals mit ihm an demselben Ort zu setzen oder in derselben Stadt zu wohnen, verlieà Bagdad und lieà mich hier in dieser Stadt nieder, doch werde ich noch diese Nacht wieder fortziehen.
Da baten wir ihn: âBei Allah, erzähle uns dein Erlebnis mit ihmâ; der Barbier aber wechselte die Farbe und wurde gelb, als wir an den jungen Mann diese Frage richteten. Nun erzählte der junge Mann: Werte Gesellschaft, mein Vater gehörte zu den angesehensten Kaufleuten Bagdads, doch hatte ihm Allah, der Erhabene, auÃer mir keineweiteren Kinder geschenkt. Als ich groà geworden war und das volle Mannesalter erreicht hatte, schied mein Vater zur Barmherzigkeit Allahs, des Erhabenen, ab und hinterlieà mir Geld, Eunuchen und Sklaven. Darauf kleidete ich mich mit den schönsten Kleidern und aà die schönsten Speisen. Nun hatte Allah - Preis sei Ihm, dem Erhabenen! - mich zu einem Weiberfeinde gemacht, bis ich eines Tages in den Gassen Bagdads spazieren ging und plötzlich eine Schar Frauen mir in den Weg trat, sodass ich vor ihnen flüchtete und in eine Sackgasse lief. An ihrem Ende lieà ich mich auf eine Bank nieder und hatte noch nicht lange dort gesessen, als sich plötzlich mir gegenüber ein Fenster öffnete und aus ihm ein Mädchen wie der Vollmond herausschaute, wie ich in meinem Leben noch keines gesehen hatte. Nachdem sie ein Blumenbeet unter dem Fenster gegossen hatte, sah sie nach rechts und links, verschloss dann wieder das Fenster und entschwand meinen Blicken. Da stieg in meinem Herzen ein Feuer auf, meine Gedanken beschäftigten sich allein mit ihr und mein Weiberhass verkehrte sich so sehr in Liebe, dass ich an jenem Platz bis zum Abend dasaÃ, in meiner heiÃen Leidenschaft völlig der Welt entrückt, bis mit einem Male der Kadi der Stadt, mit Sklaven voran und Eunuchen im Gefolge, angeritten kam und vor dem Hause, aus welchem das Mädchen geschaut hatte, abstieg und hineinging, woraus ich erkannte, dass es ihr Vater war. Hierauf begab ich mich betrübt zu meiner Wohnung und warf mich bekümmert auf mein Lager. Meine Sklavinnen kamen und setzten sich rings um mich, ohne zu wissen, was mit mir vorgefallen war; ich teilte ihnen nichts mit, gab ihnen auch keine Antwort auf ihre Anreden und wurde so krank, dass die Leute mich besuchen kamen. Unter ihnen befand sich auch eine alte Frau, welcher bei meinem Anblick mein Zustand nicht verborgen blieb. Sich mir zu Häupten niederlassend, sagte sie schmeichelnd zu mir: âAch, mein Sohn, erzähle mir doch, was mit dir vorgegangen ist.â Da erzählte ich ihr meine Geschichte, worauf sie sagte: âMein Sohn, sie ist die Tochter des Kadis von Bagdad und ist wohl behütet; du sähest sie in ihrem Zimmer, unter welchem ihr Vater einen groÃen Saal hat. Doch ist sie allein und ich besuche sie häufig, sodass du nur durch mich zu ihr gelangen kannst. Nimm deine Kraft zusammen.â
So wappnete ich mich denn und stärkte mein Herz, als ich diese Worte von ihr vernahm und meine Angehörigen freuten sich an jenem Tage. Als ich am anderen Tage wieder Kraft in den Gliedern verspürte und völliger Gesundheit entgegensah, ging die Alte fort; doch kam sie bald darauf mit veränderten Mienen wieder und sagte: âAch, mein Sohn, frag nicht, wie es mir bei ihr ergangen ist. Als ich ihr das vortrug, sagte sie zu mir:
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