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Märchen aus 1001 Nacht

Märchen aus 1001 Nacht

Titel: Märchen aus 1001 Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mathias Lempertz GmbH
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allgewaltigen Königs. Infolgedessen stieg ich ebenfalls mit den anderen ans Land und setzte mich an einen klaren Quell, der unter den Bäumen floss und aß daselbst, da ich etwas zum Essen mitgenommen hatte, von der Gabe, die Allah, der Erhabene, mir hatte zuteil werden lassen. Der Wind aber wehte dort so wohlig und lind und ich fühlte mich so leicht und froh, dass mich Schläfrigkeit überkam und ich in tiefen Schlaf versank. So genoss ich den wohligen Windhauch und den würzigen Duft; als ich mich jedoch wieder erhob, fand ich daselbst weder Menschen noch Dschinn, denn das Schiff war mit allen Passagieren fortgefahren, ohne dass sich irgendjemand von den Kaufleuten oder den Matrosen meiner erinnert hätte. In dieser Weise von ihnen auf der Insel zurückgelassen, wendete ich mich nach rechts und links; da ich jedoch außer mir selber kein menschliches Wesen wahrnahm, wurde ich von dem heftigsten Schmerz erfasst, dass mir beinahe vor Sorge und Trauer und Trübsal die Gallenblase geplatzt wäre, zumal ich weder etwas von irdischen Habseligkeiten noch Speise und Trank bei mir hatte. In meiner Verlassenheit sprach ich, in meiner Seele müde und am Leben verzweifelnd: “Nicht alleweil bleibt der Krug heil; bin ich auch das erste Mal mit dem Leben davongekommen, so steht es doch diesmal in weitem, weitem Felde, dass ich jemand finde, der mich in ein bewohntes Land bringt.” Hierauf fing ich an, mein Los zu beweinen und zu bejammern, bis ich in Wut geriet und mir Vorwürfe machte, dass ich mich wieder in die Plagen einer Reise eingelassen hatte, nachdem ich ruhig zu Hause und daheim gesessen hatte und mir’s bei feinen Speisen, feinen Weinen und feinen Kleidern hatte gut sein lassen. Ich bereute es bitterlich, dass ich wieder aufs Meer hinausgefahren war, nachdem ich so viele Drangsale auf meiner ersten Reise ausgekostet und das Verderben nahe vor Augen gehabt hatte und sprach: “Wir sind Allahs und zu Ihm kehren wir zurück!” und gebärdete mich wie ein Wahnsinniger. Hernach erhob ich mich, durchwanderte die Insel nach rechts und links, da ich nirgends ruhig zu sitzen vermochte und stieg schließlich auf einen hohen Baum, aus dessen Wipfel ich nach rechts und links Umschau hielt, doch gewahrte ich nichts als Himmel, Wasser, Bäume, Vögel, Inseln und Sandstriche. Als ich jedoch schärfer ausspähte, bemerkte ich auf der Insel einen großen, weißen Gegenstand in der Ferne; da stieg ich von dem Baum herunter und ging auf ihn zu, bis ich ihn erreicht hatte und siehe, da war es eine große, hoch in die Luft ragende weiße Kuppel von mächtigem Umfang. Nahe an sie herantretend, schritt ich rings um sie herum, doch fand ich weder eine Tür an ihr, noch hatte ich die Kraft und Gelenkigkeit, sie bei ihrer großen Glätte zu erklettern. Ich machte mir nun an der Stelle, an welcher ich stand, ein Zeichen und schritt rings um die Kuppel herum, um ihren Umfang zu messen, welcher fünfzig starke Schritte maß. Dann erwog ich hin und her, wie ich wohl hineinzukommen vermöchte - der Tag ging aber bereits auf die Neige und die Sonne näherte sich ihrem Untergang -, als mit einem Male die Sonne vor meinen Blicken verhüllt wurde und verschwand und die Luft sich verfinsterte. Erst glaubte ich, die Sonne wäre von einer Wolke bedeckt, da es jedoch gerade Sommerzeit war, verwunderte ich mich und hob meinen Blick, scharf ausschauend, gen Himmel, wo ich nun einen riesigen Vogel von gewaltigem Leibesumfang und weit klafternden Schwingen daherschweben sah, der in seinem Fluge das Sonnenlicht über der Insel verfinsterte. Ich verwunderte mich hierüber noch mehr und gedachte dabei einer Geschichte, welche ich vor langer Zeit einmal von Pilgern und Reisenden vernommen hatte: dass nämlich auf einer Insel ein riesiger Vogel, der Roch geheißen, lebte, der seine Jungen mit Elefanten atzen sollte; und ich erkannte nun, dass die Kuppel vor meinen Augen nichts anderes war als ein Rochei. Während ich mich noch über die Werke Allahs, des Erhabenen, verwunderte, ließ sich der Vogel auf die Kuppel nieder, breitete seine Schwingen zum Brüten darüber und schlief auf ihr ein, indem er dabei seine Füße nach hinten auf die Erde streckte - Preis Ihm, der nimmer schläft! Als ich dies gewahrte, erhob ich mich, löste den Turban von meinem Haupte, faltete ihn zusammen und drehte ihn, bis er einem Strick glich; dann gürtete ich ihn mir

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