Märchen aus 1001 Nacht
durch eine Reihe von Gemächern, die alle voll von unbeschreiblichen Dingen waren, bis er ihn auch in den Marstall führte, in dem er Pferde fand, wie ihresgleichen bei keinem König in der ganzen Welt standen. Dann führte er ihn in eine Rüstkammer, die er ganz voll von Geschirr und kostbaren Sätteln fand, alles mit Perlen, kostbaren Edelsteinen und dergleichen verziert. Alles dies aber war das Werk einer Nacht. Aladin war erstaunt und betroffen über die Pracht dieses Reichtums, den kein König in der ganzen Welt besaÃ; und der Palast wimmelte von Eunuchen und Sklavinnen, die mit ihrer Anmut einen Gottesdiener hätten verstören können. Das wunderbarste im Serail war jedoch ein ihn überragender Kiosk mit vierundzwanzig Estraden, die alle aus Smaragden und Hyazinthen und anderen Edelsteinen erbaut waren.
Als sich Aladin das ganze Serail besehen hatte, freute er sich mächtig und war über die MaÃen fröhlich. Dann wendete er sich zum Sklaven und sprach zu ihm: âIch wünsche von dir nur noch ein einziges Ding, das fehlt, da ich vergaÃ, es dir zu nennen.â Der Sklave erwiderte: âHeische, mein Herr, was du begehrst.â Da sagte Aladin zu ihm: âIch wünsche von dir einen Teppich aus prächtigem Brokat, der ganz mit Gold durchwirkt sein und von meinem Serail zum Serail des Sultans reichen muss, damit die Herrin Bedr el-Budur, wenn sie hierher kommt, über ihn schreiten kann, ohne die bloÃe Erde zu berühren.â Da verschwand der Sklave auf einen Augenblick, worauf er wiederkehrte und sprach: âMein Herr, dein Wunsch ist besorgt.â Alsdann nahm er Aladin und zeigte ihm den Teppich, der einem den Verstand raubte; und er lag ausgebreitet da und reichte vom Serail des Sultans bis zu Aladins Serail. Hierauf lud der Sklave Aladin wieder auf und trug ihn in sein Haus. Als der Tag anbrach, erhob sich der Sultan von seinem Schlaf und öffnete das Fenster; als er aber hinausblickte und nun gegenüber von seinem Serail ein Gebäude sah, rieb er seine Augen und riss sie weit auf, genau zusehend. Da erblickte er einen prachtvollen, sinnbetörenden Palast und gewahrte einen Teppich, der von seinem Serail zu jenem reichte. Ebenso staunten die Türhüter und alle, die sich im Palast des Sultans befanden, über diese Sache. Mittlerweile trat der Wesir ein und gewahrte hierbei zu seiner Verwunderung ebenfalls den neu erbauten Palast. Als er dann beim Sultan eintrat, begannen beide, über diesen merkwürdigen Fall zu reden und verwunderten sich über den Anblick, der den Beschauer mit Staunen und das Herz mit Freude erfüllte. SchlieÃlich sagten sie: âFürwahr, solch einen Bau vermag kein König auszuführen.â Und der Sultan wendete sich zum Wesir und sprach zu ihm: âSiehst du nun, dass Aladin meine Tochter, die Herrin Bedr el-Budur, zur Frau verdient? Hast du diesen königlichen Bau und diese reiche Pracht betrachtet und in Augenschein genommen, die des Menschen Verstand nicht begreifen kann?â In seinem Neid auf Aladin versetzte der Wesir: âO König der Zeit, dieser Bau, dieses Gebäude und all diese Pracht kann nur durch Zauberei bewirkt sein, da kein Mensch in der Welt, mag er der gröÃte Herrscher oder der reichste Mann sein, imstande ist, in einer einzigen Nacht solch ein Gebäude zu fundamentieren und aufzuführen.â Der Sultan entgegnete jedoch: âMich nimmt es wunder an dir, dass du stets üble Meinung von Aladin hegst; doch glaube ich, dass dies von deinem Neid herrührt, du warst ja zugegen, als ich ihm auf seine Bitte um einen Bauplatz zu einem Serail für meine Tochter diesen Grund und Boden schenkte; und wer mir als Brautgabe für meine Tochter Juwelen schenken konnte, wie dergleichen kein König auch nur einen einzigen besitzt, der ist auch imstande, ein Serail wie dieses hier zu erbauen.â
Als der Wesir des Sultans Worte vernommen hatte und daraus ersah, dass der Sultan Aladin sehr gewogen war, wuchs sein Neid; da er jedoch nichts gegen ihn zu tun vermochte, schwieg er und war nicht imstande, dem Sultan eine Antwort zu erteilen. Was nun aber Aladin anlangt, so erhob er sich, als er sah, dass es lichter Tag war und dass der Zeitpunkt für ihn gekommen war, sich zum Palast zu begeben, wo die Emire, Wesire und GroÃen des Reiches insgesamt der Hochzeitsfeier wegen versammelt waren und rieb die Lampe, worauf der Sklave erschien und sprach:
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