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Märchen aus China - Vollständige Ausgabe mit Anmerkungen in der Übersetzung von Richard Wilhelm

Märchen aus China - Vollständige Ausgabe mit Anmerkungen in der Übersetzung von Richard Wilhelm

Titel: Märchen aus China - Vollständige Ausgabe mit Anmerkungen in der Übersetzung von Richard Wilhelm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Wilhelm
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einzuüben und dann gemeinsam zur Königin-Mutter zu gehen.«
    Der Barfüßige glaubte seinen Worten und wandte seine Wolke um.
    Da verwandelte sich der Große Heilige in die Gestalt des Barfüßigen und fuhr nach dem Schloss der Königin-Mutter. Dort ließ er seine Wolke sinken und trat ganz unbekümmert ein. Das Mahl war schon bereitet, doch war noch keiner von den Göttern da. Plötzlich roch er den Duft des Weines und sah in einem Seitenraume an die hundert Fässer voll köstlichen Nektars stehen. Das Wasser lief ihm im Munde zusammen. Er riss sich einige Haare aus und verwandelte sie in Schlafwürmer. Die krochen den Schenken in die Nase, so dass sie alle in Schlaf verfielen. Dann ließ er sich’s Wohlsein an den köstlichen Speisen, öffnete die Fässer und trank, bis er sich einen großen Rausch angetrunken hatte. Da sprach er zu sich selbst: »Die Sache ist nicht recht geheuer. Ich will lieber heim und erst ein wenig schlafen.« Mit unsicheren Schritten stolperte er aus dem Garten. Richtig verfehlte er den Weg und kam aus Versehen in die Wohnung des Laotse. Da kam er wieder zu sich. Er brachte seine Kleider in Ordnung und ging hinein. Drin war niemand zu sehen; denn Laotse war eben beim Gott des Lichts und redete mit ihm, und alle seine Diener waren mit und hörten zu. Da er niemand fand, kam der Heilige in das innerste Gemach, wo Laotse das Lebenselixier zu brauen pflegte. Neben dem Ofen standen fünf Kürbisflaschen, die waren voll mit fertig bereiteten Pillen des Lebens. Der Heilige sprach: »Ich habe schon lang im Sinne gehabt, ein paar solcher Pillen zu bereiten. Nun trifft sich’s ganz gut, dass ich sie hier finde.« So schüttete er den Inhalt der Kürbisflaschen aus und aß die Lebenspillen alle auf. Da er nun genug gegessen und getrunken hatte, dachte er bei sich selbst: »Schlimm, schlimm! Was ich da angerichtet habe, läßt sich nicht wieder gut machen. Wenn sie mich kriegen, bin ich meines Lebens nicht mehr sicher. Ich will lieber wieder auf die Welt hinunter und König bleiben.« Damit machte er sich unsichtbar und ging zum westlichen Himmelstor hinaus und kam wieder auf den Berg der Blumen und Früchte zurück, wo er den Seinen, die ihn empfingen, seine Erlebnisse erzählte.
    Als er von dem Nektarwein im Pfirsichgarten sprach, da sagten seine Affen: »Wollt Ihr nicht noch einmal hin und ihnen noch ein paar Flaschen Wein stehlen, dass wir auch davon kosten und ewiges Leben erlangen?«
    Der Affenkönig war zufrieden, machte einen Purzelbaum, schlich sich unsichtbar in den Garten und griff noch vier Fässer auf. Zwei nahm er unter die Arme, zwei hielt er in Händen. Und spurlos verschwand er damit und brachte sie in seine Höhle, wo er sich’s mit seinen Affen wohl sein ließ.
    Unterdessen waren die sieben Feen, die der Heilige festgebannt, nach einem Tag und einer Nacht wieder frei geworden. Sie nahmen ihre Körbe zur Hand und erzählten der Königin-Mutter, was ihnen widerfahren. Auch die Schenke kamen herbei gelaufen und berichteten von der Verwüstung, die ein Unbekannter unter den Speisen und Getränken angerichtet. Die Königin-Mutter ging zum Herrn des Himmels, sich zu beklagen. Kurz darauf kam auch Laotse an, der von dem Diebstahl der Lebenspillen erzählte. Der barfüßige Gott kam herbei und berichtete, er sei vom himmelsgleichen Großen Heiligen betrogen worden, und aus dem Schloss des Großen Heiligen kamen die Diener gelaufen und sagten, der Heilige sei weg und nirgends zu finden. Da erschrak der Herr des Himmels und sprach: ,,Diese ganze Bescherung hat ohne Frage jener Teufelsaffe angerichtet.«
    Nun wurde das ganze Himmelsheer mit allen Sternengöttern, Zeitgöttern, Berggöttern aufgeboten, um den Affen zu fangen. Li Dsing hatte wieder den Oberbefehl. Er belagerte den ganzen Berg, spannte das Himmelsnetz und das Erdnetz aus, so dass niemand entrinnen konnte. Dann schickte er seine tapfersten Helden zum Kampfe vor. Mutig widerstand der Affe allen Angriffen vom frühen Morgen bis zum Sonnenuntergang. Aber alle seine Getreuen waren in Gefangenschaft geraten. Da ward es ihm zu bunt. Er riss sich ein Haar aus und verwandelte es in Tausende von Affenkönigen, die alle mit der goldbezwingten Eisenstange um sich schlugen. Das himmlische Heer ward besiegt, und der Affe zog sich in seine Höhle zurück zu ruhen.
    Nun war aber auch Guan Yin zum Pfirsichmahl in den Garten gekommen und erfuhr, was Sun Wu Kung getan. Als sie den Herrn des Himmels besuchte, da traf auch eben Li Dsing ein, der

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