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Märchen aus China - Vollständige Ausgabe mit Anmerkungen in der Übersetzung von Richard Wilhelm

Märchen aus China - Vollständige Ausgabe mit Anmerkungen in der Übersetzung von Richard Wilhelm

Titel: Märchen aus China - Vollständige Ausgabe mit Anmerkungen in der Übersetzung von Richard Wilhelm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Wilhelm
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einzulegen. Als der Diener von der großen Summe hörte, da lockte es ihn, so einen reichen Mann zum Schwiegersohn zu haben, und er gab ihm seine Tochter zur Frau. Schließlich hörte der Passwächter von der Sache und trat mit dem Knecht zusammen vor Laotse. Da sprach Laotse zu seinem Knecht: »Du Schalksknecht! Du wärest eigentlich schon lange tot. Ich habe dich gedingt, und da ich arm war und dir kein Geld geben konnte, habe ich dir einen Zauber des Lebens zu essen gegeben. Darum bist du noch heute am Leben. Ich sagte dir: ,Wenn du mir nachfolgst nach Westen ins Reich der seligen Ruhe, dann will ich dir deinen Lohn in gelbem Golde zahlen. Du aber hast nicht gewollt.« Damit klopfte er dem Knecht auf den Nacken. Da öffnete der den Mund und spie den Zauber des Lebens auf die Erde. Noch sah man darauf die Zeichen mit Zinnober geschrieben, wohlerhalten, wie neu. Der Knecht aber brach plötzlich zusammen und verwandelte sich in einen Haufen trockenen Gebeins. Der Passwächter warf sich zur Erde und legte Fürbitte für ihn ein. Er versprach, für Laotse den Knecht zu bezahlen, und bat, er solle ihn wieder lebendig machen. Da tat Laotse den Zauber unter die Knochen, und augenblicklich war der Knecht zum Leben erweckt. Der Passwächter entlohnte den Knecht und ließ ihn gehen. Dann verehrte er den Laotse als seinen Meister, und Laotse teilte ihm die Kunst des ewigen Lebens mit und hinterließ ihm seine Lehre in fünftausend Worten, die der Passwächter niederschrieb. Das Buch, das so entstand, ist das Buch »VOM SINN UND LEBEN«. Laotse verschwand darauf den Blicken der Menschen. Der Passwächter aber hat seine Lehre befolgt und wurde unter die Unsterblichen versetzt.

30. Der alte Mann
    Es war einmal ein Mann, der hieß Huang |An. Er musste wohl über achtzig Jahre alt sein, und doch hatte er das Aussehen eines Jünglings. Er nährte sich von Zinnober. Stets ging er nackt. Selbst im Winter zog er keine Kleider an. Er saß auf I einer Schildkröte, die war drei Fuß lang. Einst fragte ihn jemand: »Wie alt ist wohl diese Schildkröte?« Er erwiderte: »Als Fu Hi die Netze und Reusen erfand, da fing er diese Schildkröte und gab sie mir. Inzwischen hab’ ich ihren Deckel schon ganz platt gesessen. Dieses Tier fürchtet den Schein von Sonne und Mond; darum streckt es nur alle zweitausend Jahre einmal den Kopf heraus. Seit ich das Tier habe, hat es schon fünfmal den Kopf herausgestreckt.« Mit diesen Worten nahm er die Schildkröte auf den Rücken und ging hinweg. Es erhob sich aber die Sage, dieser Mann sei zehntausend Jahre alt.

31. Die acht Unsterblichen
    Es geht die Sage, dass im Himmel acht Unsterbliche wohnen. Der erste heißt Dschung Li Küan. Er lebte zur Zeit der Han-Dynastie und fand den großen Zauber des Goldzinnobers (Stein der Weisen). Er konnte Quecksilber schmelzen und Blei verbrennen und sie verwandeln in gelbes Gold und weißes Silber. Er konnte leibhaftig durch die Luft fliegen. Er ist das Haupt der acht Unsterblichen.
    Der zweite heißt Dschang Go. Er erlangte geheimen Sinn in uralten Zeiten. Es heißt, er sei eigentlich eine weiße Fledermaus gewesen, die sich in einen Menschen verwandelt habe. Im Beginn der Tang-Dynastie sah man in Tschang An einen weißbärtigen Greis mit einer Bambustrommel auf dem Rücken umgekehrt auf einem schwarzen Esel reiten. Er schlug die Trommel und sang. Er nannte sich selbst den alten Dschang Go. Eine andere Sage berichtet von ihm, dass er stets ein weißes Maultier bei sich gehabt, mit dem er tausend Meilen in einem Tage habe zurücklegen können. Wenn er an seinem Bestimmungsort angekommen war, faltete er es zusammen und steckte es in seinen Koffer. Wenn er es wieder brauchte, so spritzte er mit seinem Munde Wasser darauf, und das Tier erhielt wieder seine ursprüngliche Gestalt.
    Der dritte heißt Lü Yüan oder Lü Dung Bin (Lü = der Fels oder der Höhlengast). Er hieß eigentlich Li und gehörte zum Geschlecht der regierenden Tang-Dynastie. Als aber die Kaiserin Wu den Thron an sich riss und die Familie Li fast bis auf den letzten Mann ausrottete, da floh er mit seiner Frau ins tiefe Gebirge. Sie änderten ihren Namen in Lü, und weil sie in Felsenhöhlen versteckt wohnten, nannte er sich Fels oder Höhlengast. Er lebte von der Luft und aß kein Brot. Und mit der Zeit erlangte er geheimen Sinn. Doch war er dem Weine zugetan und liebte die Blumen. In Lo Yang, der Hauptstadt, blühten die Päonien besonders üppig. Da war eine Blumenfee, die verwandelte sich in ein

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