Maerchen aus Malula
Farag an. »Nun, geh deines Weges, guter Mann. Nimm das Geld und gib es für deine Kinder und deine Frau aus«, sprach er.
»Herr, ich kann nicht gut reden. Aber nimm fünfhundert Piaster von diesem Geld als Dank eines einfachen Mannes und Lohn für deine Bemühungen.«
Der Richter aber erwiderte: »Gott segne es dir! Du bist ein armer Mann, ich begehre keinen Lohn von dir.« Da nahm Farag das viele Geld, kaufte drei Lämmer, ein Pferd, ein hübsches Kleid für seine Frau und viele schöne Sachen für seine Kinder.
DER GEIZHALS
oder
WENN ZWIEBELN ENTEN HEISSEN
In der alten Stadt Damaskus lebte einst ein Händler, der war so geizig, daß er liebend gern mehr ein- als ausgeatmet hätte, wenn es ihm nur gelungen wäre. Er war einer der reichsten Händler der Stadt, doch er gab seinen Kindern und seiner Frau nichts anderes zu essen als Zwiebeln. Am Morgen frühstückten sie Zwiebeln, mittags aßen sie Zwiebeln, und zur Nacht gab es wieder Zwiebeln.
Seiner Frau aber rief er zu: »Frau, zum Frühstück bring eine Ente!« Und mittags: »Bring eine Gazelle!« Und abends: »Frau, heute abend wollen wir einen prächtigen Hammel essen!« Eine große Zwiebelnannte er einen großen Hammel, und eine kleinere Zwiebel nannte er eine Gazelle, und eine sehr kleine Zwiebel nannte er eine Ente.
Eines Tages fragte eine Nachbarin die Frau: »Sag mal, eßt ihr denn jeden Tag Hammel, Enten und Gazellen?«
»Ach, laß mich in Ruhe, Nachbarin!« antwortete die Frau und erzählte ihr traurig von ihren Blähungen. Die Nachbarin hörte aufmerksam zu, und als die Frau geendet hatte, sagte sie: »Hab keine Sorge, heute abend werde ich dir helfen.«
Mit diesen Worten verließ die Nachbarin sie, holte vier wegen ihrer Schlauheit bekannte Männer und besprach sich lange mit ihnen. Als es Abend geworden war, rief sie die Frau: »Komm, ich habe dir etwas zu sagen!«
»Hier«, sagte die Nachbarin, »nimm dieses Schlafmittel. Wenn du deinem Mann Kaffee zu trinken gibst, so tu es in den Kaffee.« Die Frau nahm das Schlafmittel an sich und ging nach Hause. Nach dem Abendessen sagte ihr Mann: »Bring mir eine Tasse Kaffee, Frau, damit ich den Hammel verdauen kann.« Sie brachte ihm den Kaffee, nachdem sie das Schlafmittel in die Tasse getan hatte. Da fiel der Händler in einen tiefen Schlaf. Sie aber rief voller Sorge die Nachbarin: »Er ist tot!«
»Fürchte dich nicht«, erwiderte diese. Dann kamen die Männer, welche die Nachbarin geholt hatte, packten den Händler und trugen ihn auf denFriedhof, wo sie ihn zwischen die Gräber legten. Sie zündeten ein Licht an und gaben ihm ein Gegenmittel ein. Der Händler kam langsam zu sich und hörte ein geheimnisvolles Flüstern.
»Rieche den Geruch jenes Toten in der Ecke, dann weißt du, was er zu Lebzeiten zu essen pflegte«, befahl einer.
»Meister aller Geister«, antwortete ein anderer, »dieser hat manchmal Zwiebeln gegessen.«
»So«, zürnte der erste, »dann prügele ihn ordentlich durch!« Da ergriff der andere ein Stück Holz und prügelte den Toten. Darauf sagte der Befehlshaber: »Nun, rieche an dem nächsten, siehe, was er zu essen pflegte.«
»Dieser aß Reis, Gemüse und selten Fleisch«, antwortete der zweite.
»So schlage diesen nicht«, befahl der erste.
Darauf kam der Riecher zum Händler. Er schnupperte an ihm und rief entsetzt: »Dieser aß am Morgen, Mittag und Abend nur Zwiebeln. Er hat seit Jahren kein Fleisch oder Gemüse gekostet.«
»So prügelt ihn alle drei«, befahl der Mann, »und schlagt ihn recht tüchtig.«
Die drei Männer schlugen auf den Geizhals ein, bis dieser verzweifelt schrie: »Ich bitte euch, ihr lieben Engel, ich werde keine Zwiebeln mehr essen.«
»Wirst du noch eine der verdammten Zwiebeln essen?« brüllte das Oberhaupt der Bande.
»Nein«, versprach der Händler schluchzend, »nie mehr werde ich welche anfassen.«
»Dann trink dieses Zaubermittel, und wehe dir, du ißt auch nur eine einzige Frucht der Tränen. Du wirst daran sterben und jeden Tag eine Tracht Prügel von meinen Engeln beziehen.«
Einer der Männer reichte dem erschrockenen Mann ein Glas Wasser, in dem das Schlafmittel aufgelöst war. Der Händler trank es und fiel wieder in einen tiefen Schlaf.
Die Männer trugen ihn nach Hause, legten ihn wieder dorthin, wo sie ihn abgeholt hatten, und verschwanden.
Als es Morgen geworden war, weckte ihn seine Frau.
»Wach auf, o mein Gebieter, ich habe deine Ente schon zubereitet«, rief sie mit lieblicher Stimme.
»O nein,
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