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Maerchen aus Malula

Titel: Maerchen aus Malula Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rafik Schami
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Frau, willst du, daß ich noch einmal geschlagen werde?«
    »Wer hat dich denn so übel zugerichtet?« heuchelte die Frau.
    »Heute nacht kamen die Engel«, erwiderte er. »Sie holten mich zum Orte der Vernichtung, und da war einer, er war der Oberste, der haßte die Zwiebeln. Er ließ seine Engel auf alle Toten prügeln, die zu Lebzeiten Zwiebeln gegessen hatten. Oh, meine Knochen!«
    »Und was willst du jetzt machen, Mann?« fragte sie.
    »Heute werde ich ein Schaf kaufen.« Er beeilte sich, zum Tiermarkt zu kommen.
    Die Frau rannte zur Nachbarin, die dabei war, ihre Koffer zu packen, weil sie mit ihrem Mann fürmehrere Monate verreisen wollte. »Deiner Klugheit verdanken wir es, daß wir heute endlich Fleisch essen«, frohlockte sie und wünschte der guten Nachbarin Glück und Gesundheit für die Reise.
    Gegen Mittag kehrte der Mann zurück. Er trug einen Sack Kartoffeln auf der Schulter und zog ein junges Lamm hinter sich her. Seine Kinder freuten sich, doch alsbald sagte der geizige Händler: »Frau, das Lamm muß erst noch gefüttert werden, bis es ein Schaf ist. Bis dahin essen wir Kartoffeln.« So gab es nur noch Kartoffeln zu essen. Die Tage vergingen, und der Geizhals erfand wieder neue Namen für die Kartoffeln. Er wurde mit der Zeit sogar überglücklich, weil er Hunderte von Namen für die verschiedensten Kartoffelgerichte erfunden hatte. Er nannte den Kartoffelpuffer Schnitzel, die gekochten Kartoffeln Lammkeule und die gebratenen Erdäpfel sogar Fisch. Die Kinder bettelten bei den Nachbarn um Küchenabfälle, weil der Händler keinen Groschen für Futter ausgeben wollte. Mit der Zeit wuchs das Lamm zu einem großen und fetten Schaf heran, doch wenn die Kinder ihren Vater fragten: »Vater, wann schlachtest du das Schaf?«, so antwortete er: »Mit Weile.« Jeden Tag fragten sie ihn, und er antwortete immer: »Mit Weile.« Endlich riß der Frau die Geduld. »Jeden Tag sagst du den Kindern ›Mit Weile‹; bis wann dauert denn deine Weile?« schrie sie ihn an. Da lachte der Mann. »Dieses Schaf«, sagte er dann, »schlachte ich nicht eher, als es Pfeffer macht und Sesamöl läßt.«
    »Du machst dich lustig über mich!« erwiderte die Frau.
    »Ich schwöre bei meinem Augenlicht und allen Heiligen, sobald es Pfeffer macht und Sesamöl läßt, werde ich es schlachten.« Wenn das Schaf Wasser lassen wollte, so liefen die Kinder eiligst zu ihm und schauten zu, doch bald gaben sie die Hoffnung auf, weil das Tier weder Sesamöl gelassen noch Pfeffer gemacht hatte.
    Als die Nachbarin zurückkehrte und die Geschichte hörte, kochte sie vor Wut. »Geh zu einem Gewürzkrämer und kaufe Pfeffer und Sesamöl. Lege am Abend den Pfeffer in Wasser und steh am anderen Morgen früh auf, fülle die Pfefferkörner in eine Schale und das Sesamöl in eine Tasse, und ehe dein Mann aus dem Bett aufsteht, stellst du sie unter das Schaf. Dann rufst du deinen Mann. Wenn er danach das Schaf nicht schlachtet, lasse ich ihn noch mal abholen und durchkneten.«
    Die Nachbarin gab der Frau Geld, damit diese Sesamöl und Pfeffer kaufen konnte, weil so etwas im Haushalt des geizigen Händlers nie gesichtet worden war.
    Am anderen Morgen stand die Frau sehr früh auf und tat so, wie die Nachbarin ihr geraten hatte. Sie rief ihren Mann: »Steh auf, Mann, unser Schaf macht Pfeffer und läßt Sesamöl.« Der Händler traute seinen Augen nicht, doch als er den Pfeffer und das Sesamöl gekostet hatte, holte er den Metzger. Dieser schlachtete das Schaf, zog die Haut ab und zerteilte es.Darauf stellte sich der Händler vor seine Haustür und bot das zarte Fleisch für einen guten Preis an. Er war schon immer ein gerissener Verkäufer gewesen.
    Die Kinder sahen das Gedränge der gierigen Käufer und bettelten: »Laß uns doch etwas Fleisch, Vater.«
    »Jawohl, es wird genug übrigbleiben«, antwortete er, aber er ließ außer den vier Füßen nichts übrig.
    »Wo ist das Fleisch, das du den Kindern versprochen hast?« fragte ihn seine Frau zornig.
    »Eßt!« sagte er. »Ich habe die vier Füße zurückbehalten.«
    »Was sollen wir denn mit ihnen machen?« fragte sie verbittert.
    Da holte er einen starken Faden, band die vier Füße daran und hängte sie an die Decke. Dann befahl er ihr, Brot zu bringen, und sagte: »Wenn ihr nun essen wollt, tupft daran und denkt an das fette, zarte Schaf.«
    Traurig saßen die Kinder unter den Schafsfüßen und knabberten am trockenen Brot. Doch die Frau wartete, bis ihr Mann in sein Geschäft ging, nahm zwei der

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