Märchen, Der Falke unter dem Hut ab 9 Jahre
Nachricht vom Tod meines Sohnes Hussein gebracht. Weißt du nicht, daß ich dem Überbringer dieser Unglücksbotschaft siedendes Blei in die Gurgel gießen werde?“
Unerschrocken antwortete Ali: „Khan, ich habe nicht ein einziges Wort zu dir gesprochen. Wenn du über das, was dir die Töne gesagt haben, so erzürnt bist, nun, so bestrafe dieses Instrument, das ich gebaut und Dombra genannt habe.“ Darauf gab der Khan den Befehl, siedendes Blei in die kleine runde Öffnung, die unter den Saiten lag, zu gießen.
„Nie mehr soll es singen und klagen!“
Ali und die Diener verließen schweigend das Zelt.
So rettete der erfindungsreiche Hirte vielen Dienern das Leben. Die Kunde von dem wunderbaren Instrument, das ohne Worte singen und klagen konnte, lief durch alle Siedlungen der Steppenvölker. Ali mußte es noch oft bauen, und seitdem singen die Kasachen zur Begleitung der Dombra ihre herrlichen Lieder, am liebsten aber die Sage vom klugen Meister Ali.
Das Kind als Richter
Ein orientalisches Märchen
Unter der Regierung des Kalifen Harun al Raschid lebte in Bagdad im Hause seiner Vorväter ein Kaufmann namens Ali Chodschah. Er hatte weder Weib noch Kind und führte ein einfaches und zurückgezogenes Leben. Noch nie war er mit seinen Waren auf fremde Märkte gereist, doch auch in Bagdad hatte er es dank seines Fleißes und seiner Sparsamkeit zu bescheidenem Wohlstand gebracht. Eines Nachts erschien ihm im Traum ein ehrwürdiger Greis. Er stand neben seinem Lager und ermahnte ihn mit ernstem Gesicht, endlich die Pilgerfahrt nach Mekka zum Grabe des Propheten Mohammed anzutreten, sie sei in den heiligen Gesetzbüchern vorgeschrieben, es gäbe keinen Grund, sic noch länger hinauszuschieben. Auch in den beiden darauffolgenden Nächten erschien ihm der Greis, und Ali Chodschah erwachte jeden Morgen mit einem beklemmenden Gefühl.
So entschloß er sich, der Aufforderung nachzukommen und alles für die Pilgerfahrt vorzubereiten. In kürzester Zeit konnte er seine Waren sowie einige Wertgegenstände und alle bewegliche Habe verkaufen, dazu sein Haus und den Laden für die Dauer seiner Abwesenheit vermieten. Doch bevor er die Reise antrat, hatte er sich vorgenommen, einen Teil seines Geldes sicherzustellen, damit er bei seiner Rückkehr etwas zur Hand habe. Er nahm einen irdenen Krug, legte eintausend Goldstücke hinein und füllte ihn mit Sperlingsoliven auf. Sodann begab er sich zu seinem einzigen Freund, einem begüterten Kaufmann, dessen Lauterkeit er durch mehrere Jahre erprobt hatte, und bat ihn um die Gefälligkeit, den Olivenkrug, von dem er sich aus besonderen Gründen nicht habe trennen wollen, als anvertrautes Pfand bis zu seiner Rückkehr aufzubewahren. Der Kaufmann, der von der so eilig betriebenen Abreise des Freundes betroffen war, sagte voller Herzlichkeit: „Hier, nimm den Schlüssel zu meinem Warenlager und stelle den Krug dahin, wo es dir am zweckmäßigsten erscheint. Wenn du wiederkommst, sollst du ihn dir von dort holen. Beherberge keine Unruhe in deinem Herzen, denn es gelangt kein Fremder in meinen Speicher.“
Ali tat, wie der Kaufmann ihm geraten, und gab den Schlüsselbund mit herzlichen Dankesworten zurück.
Als die Karawane am nächsten Tag Bagdad verließ, ritt auch Ali Chodschah im Zuge der Kaufleute und Pilger auf seinem Kamel, das zugleich mit einem kleinen Ballen Handelsgut bepackt war. Sie erreichten unbehelligt die Heilige Stadt und verrichteten an dem berühmten Grabmal die vorgeschriebenen Gebete und Zeremonien.
Dem Kaufmann, der noch keine fremde Stadt gesehen hatte, gefiel das Leben und Treiben auf den Märkten und in den Basaren. So mietete er sich für kurze Zeit einen Laden und legte seine mitgebrachten Waren zum Verkauf aus, denn es waren Muselmänner aus allen Teilen der Welt zugegen. Kaum war er mit der Anordnung seiner Auslagen fertig, hörte er, wie zwei Männer unweit seines Standes miteinander redeten und auf ihn wiesen.
„Dieser Kaufmann führt außerordentlich seltene und kostbare Waren mit sich, wäre er in Kahira, wo man solche Dinge besser zu schätzen weiß, man würde ihm den vollen Preis dafür zahlen, der wohl dreimal so hoch liegt, als er ihn hier erhält.“
Kaum hatte Ali Chodschah den Namen der herrlichen Stadt vernommen, als ihn schon ein großes Verlangen erfaßte, dorthin zu reisen. So nahm er den Hinweis der beiden Unbekannten als einen Fingerzeig Allahs an, dankte ihm im stillen und verpackte sein Hab und Gut wieder.
Schon zwei Tage später
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